Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Erster Korintherbrief

Der erste Brief des Paulus an die Korinther

1 Kor 13,1-3

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

1 Kor 13,1-3

 

 

Übersetzung

 

1 Kor (12,31b)13,1-3: (31b Und ich zeige euch einen noch besseren Weg) 1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen rede, Liebe aber nicht habe, so bin ich ein tönendes Erz oder ein dröhnendes Becken. 2 Und wenn ich Prophetengabe habe und alle Geheimnisse und die ganze Erkenntnis weiß; und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetzen kann, Liebe aber nicht habe, so bin ich nichts. 3 Und wenn ich alle meine Habe [an die Armen] verteile, und wenn ich meinen Körper hingebe, damit ich verbrannt werde, Liebe aber nicht habe, so nützt es mir nichts.

 

 

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V. 31b

 

Beobachtungen: Die zweite Vershälfte von 12,31 ("Und ich zeige euch einen noch besseren Weg.“) kann sich zwar wie die erste Vershälfte auf 14,1ff. beziehen, doch ist wahrscheinlicher, dass sie eine Überleitung zur Thematisierung der Liebe in 1 Kor 13 darstellt. Der "bessere Weg“ ist demnach nicht die Ausübung der Gnadengaben an sich, sondern deren Ausübung mit Liebe.

 

Weiterführende Literatur: W. C. van Unnik 1993, 142-159 befasst sich mit der Bedeutung von V. 31. Dabei geht er davon aus, dass oftmals zu stark der konfrontative Charakter des Ersten Korintherbriefes betont werde. Tatsächlich gehe es Paulus aber nicht um eine Verringerung charismatischer Aktivität, sondern um den Gemeindeaufbau, zu dem die Aktivität beitragen solle. V. 31 sei in diesem Lichte wie folgt zu interpretieren: Die Formulierung "kath’ hyperbolên“ sei nicht als Adjektiv auf hodon ("Weg“) zu beziehen; vielmehr handele es sich um ein Adverb zu zêloute ("strebt“). Die Adressaten sollten also "in höchstem Maße“ nach den höheren Gnadengaben streben, nicht jedoch wolle Paulus einen "besseren Weg“ aufzeigen. Paulus gehe es darum, den Weg aufzuzeigen, auf dem das Streben nach den höheren Geistesgaben erfolgen soll: es solle in Liebe geschehen.

 

L. Thurén 2001, 97-113 geht der Frage nach, wie Paulus in seinen Briefen Pathos schafft, wobei er speziell auf 1 Kor 12,31b eingeht. Er untersucht die Gründe für die Übertreibungen und die mögliche Auswirkung auf Paulus’ theologische Gedanken. Dabei unterstreicht er den poetischen Charakter von 1 Kor 13, der theologische Ungereimtheiten in den Hintergrund treten lasse. 12,31 sei eine warnende Einleitung, die die Adressaten vor theologischen Missverständnissen bewahren will. Sie signalisiere, dass Paulus nicht seine gewöhnlich vertretene Theologie - z. B. hinsichtlich der Bedeutung des Glaubens - kompromittieren will, sondern dass es sich bei den folgenden Ausführungen zur Liebe um eine Übertreibung handelt.

 

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V. 1

 

Beobachtungen: Es ist anzunehmen, dass mit dem "besseren Weg“ gemeint ist, dass die Gnadengaben nicht nur als solche ausgeübt werden, sondern dass dies mit Liebe geschieht.

 

Paulus benutzt die Ich-Form. Da jedoch allgemeine Aussagen folgen, die auch andere Gläubige betreffen, ist zu vermuten, dass Paulus nicht nur von sich selbst spricht, sondern von allen Gläubigen.

Ein Gläubiger kann in Menschen- und Engelszungen reden. Was man sich dies genau vorzustellen hat, bleibt unklar. Zwar erfolgt jede sprachliche Äußerung mittels der Zunge, doch hat Paulus hier vermutlich konkret die Zungenrede im Blick. Diese Rede ist nicht für jeden Menschen verständlich, sondern nur für denjenigen, der die Gnadengabe besitzt, sie auszulegen. Wie das Reden in Engelszungen beschaffen ist, legt Paulus nicht weiter dar. In der Bibel sprechen Engel durchaus die menschliche Sprache (vgl. Jes 6,3; Lk 1-2 u. a.). Bei dem Reden in Engelszungen handelt es sich also vermutlich nicht um eine wie auch immer geartete Fremdsprache, sondern der Bezug zu den Engeln weist auf eine besondere Nähe zur himmlischen Welt samt ihren Geheimnissen hin. Da gemäß dem frühchristlichen Glauben das himmlische Reich Jesu Christi (und der Engel) unmittelbar bevorsteht, ist das "Reden in Engelszungen“ eine in höchstem Maße der Endzeit entsprechende Zungenrede.

 

Aber selbst solcherart vollkommene Zungenrede ist nur Getöse, wenn sie ohne Liebe erfolgt. Um das Getöse zu verdeutlichen, zieht Paulus einen Vergleich aus der Welt der Musik heran. Paulus nennt als Lärm verursachende Instrumente chalkos und kymbalon. Chalkos bezeichnet zunächst einmal nur das Material, aus dem das erstere Instrument erstellt ist. Dabei handelt es sich um Kupfer oder eine Kupferlegierung wie Bronze oder Messing. Aus diesem Material ist zu erschließen, um welches Instrument oder um welchen Klangkörper es sich handeln könnte. In Frage kommt ein Blasinstrument, ein Schlaginstrument oder ein Resonanzkörper. Die Nennung gemeinsam mit der Zymbel (kymbalon), einer Art Becken, lässt am ehesten einen Gong annehmen. Schlägt man gegen einen Gong, so kommt es zu einem tönenden Klang, der lange nachhallt. Schlägt man auf ein Becken, dann gibt es ein lautes Geschepper. Sowohl das Dröhnen des Gongs als auch das Scheppern des Beckens sind nicht wirklich schön und wohltuend, sondern in erster Linie laut, lange hallend und Aufmerksamkeit erregend. Ähnliches sagt Paulus von dem lieblosen Reden in Zungen: Es weckt Aufmerksamkeit und ist aufdringlich; dabei hat es jedoch nicht wirklich Wert, weil es hohl ist und am ehesten der Wichtigtuerei dient.

 

Weiterführende Literatur: J. G. Sigountos 1994, 246-260 geht der Frage nach, um welche Textgattung es sich bei 1 Kor 13 handelt. Ergebnis: Es handele sich um ein Enkomion/Encomium, eine Lobrede, wie sie von griechischen Rhetorikern benutzt worden sei, um Tugenden zu preisen. Ausführlich auf das Enkomion/Encomium geht O. Wischmeyer 1981, 195-198 ein, die auf den folgenden Seiten einen Überblick über verschiedene Thesen gibt, um welche Textgattung es sich handele (Auflistung: S. 205). O. Wischmeyer untersucht auf S. 205-223 selbst die Form von 1 Kor 13. Ergebnis: Der Form nach handele es sich bei dem Kapitel am ehesten um einen religiös-ethischen logos. Diese Charakteristik sei als literarhistorische Beschreibung im Umkreis spätjüdischer und nt. Literatur trotz ihrer Unschärfe erhellend. Diese Formbeschreibung gehe davon aus, dass es einerseits bei Paulus keine feste Formennomenklatur gibt, auf die er einfach zurückgreift, und dass wir in seinen Schriften nur eine einzige literarische Großform: den Brief, finden, dass aber andererseits seine Briefe ähnlich wie die Testamente, Lehrschriften, Apokalypsen etc. des Judentums Sammelbecken überlieferter, relativ fester Form-Inhalt-Komplexe sind.

J. F. M. Smit 1991, 193-216 geht der Gattungsfrage im Lichte antiker Rhetorik nach. Ergebnis: Der Stil, die Auswahl und Abfolge der erörterten Motive, die Mittel und die Zielsetzung der Strategie entsprächen eindeutig den Regeln, wie sich in Handbüchern im Hinblick auf das genus demonstrativum finden.

 

J. Lambrecht 1994, 79-103 befasst sich mit folgenden Fragen: a) In welchem Maße hat Paulus 1 Kor 13 und den gesamten Rahmen 12-14 nach einem rhetorischen Muster strukturiert? Inwieweit ist 13,12 eschatologisch zu interpretieren? Bezüglich letzterer Frage würden seitens der Ausleger drei verschiedene Thesen vertreten: a) 13,8-13 beziehe sich nicht auf die Parusie und endzeitliche Vollendung (gemäß J. Lambrecht Minderheitenmeinung); b) nicht nur V. 8-12, sondern auch V. 13 sei eschatologisch zu interpretieren; c) die in den V. 8-12 thematisierte Liebe sei zwar unvergänglich und damit eschatologisch zu interpretieren, nicht jedoch V.13, wo es bei der Trias Glaube, Hoffnung und Liebe um Realitäten des gegenwärtigen Lebens gehe (u. a. von J. Lambrecht befürwortete These). Neben diesen Fragen befasst sich J. Lambrecht mit verschiedenen weiteren Aspekten des Textes.

Eine detaillierte rhetorische und strukturelle Analyse von 1 Kor 13 bietet C. Focant 1996, 199-245, die sich dabei auch intensiv mit der Sekundärliteratur zur Frage, welche Funktion 1 Kor 13 im Rahmen der Kapitel 12-14 hat, auseinandersetzt. Auch C. R. Holladay 1990, 80-98 bietet eine rhetorische und strukturelle Analyse. Sie könne Form, Funktion und Inhalt von 1 Kor 13 erhellen.

 

Von der Beobachtung ausgehend, dass 1 Kor 13 den Gedankengang von 1 Kor 12-14 unterbricht, setzt sich W. O. Walker 1998, 484-499 mit der These auseinander, dass 1 Kor 12,31b-13,13 vermutlich eine nichtpaulinische Einfügung sei. Er diskutiert die einzelnen Argumente und kommt zu dem Ergebnis, dass diese These richtig sei. J. Corley 2004, 256-274 setzt sich kritisch mit der von W. O. Walker vorgebrachten Begründung auseinander. Weil der für sekundär gehaltene Abschnitt in den besonders alten und wichtigen Handschriften enthalten sei, lasse sich die These, wie W. O. Walker zugebe, textkritisch nicht begründen. Daher werde die Argumentation auf Beobachtungen zum Vokabular, Inhalt, zur Stellung, zur Form und zum Stil gegründet. Dabei würden jedoch drei entscheidende Aspekte übersehen, nämlich Anspielungen auf die Septuaginta, mögliche Einflüsse seitens der im Entstehen begriffenen Jesus-Tradition sowie eine Beeinflussung des Paulusbriefes durch den kulturellen Kontext. Eine gründliche Untersuchung dieser Aspekte lasse annehmen, dass Paulus tatsächlich Autor des für sekundär gehaltenen Textabschnittes ist, und erhelle darüber hinaus die paulinische Theologie.

 

Eine Exegese von 1 Kor 13 bietet O. Wischmeyer 1981, 39-162.

 

D. B. Martin 1991, 547-589 geht auf das Problem der Zungenrede unter dem soziologischen Aspekt von Statusfragen ein, wobei er den Begriff "Engelszungen“ auf die in 1 Kor 12-14 thematisierte Zungenrede bezieht.

 

Auf das Wortfeld der Liebe im paganen und biblischen Griechisch geht T. Söding 1992, 284-330 ein.

 

E. Cuvillier 2000, 349-362 geht davon aus, dass die Liebe gleichzeitig als Anfechtung des korinthischen Spiritualitätsverständnisses, neues Daseinsverständnis und eschatologischer Horizont des Lebens in Christus zu verstehen sei. In der paulinischen Vorstellung von der Liebe halle die Kreuzestheologie (vgl. 1 Kor 1,18-25) wider.

 

W. A. Grudem 1982, 177-179 vertritt die These, dass die Liebe bewirke, dass die Gnadengaben zum Nutzen anderer ausgeübt werden, wozu Verständlichkeit gehöre.

 

E. Stuart 1991, 264-266 greift die These von G. Shaw auf, dass das, was oftmals für eine Theologie der Liebe und Freiheit gehalten wird, in Wirklichkeit mit der Absicht geschrieben worden sei, die Leser dazu zu bringen, unterwürfig die Autorität des Schreibers zu akzeptieren. E. Stuart setzt an der Beobachtung an, dass G. Shaw sich neben Passagen des Markusevangeliums auch auf die paulinischen Briefe berufe, jedoch den Ersten Korintherbrief vernachlässige. Sie versucht zu zeigen, dass gerade 1 Kor 13 eine Passage mit höchst manipulativer Absicht sei: Ihre Botschaft sei, dass die Korinther nur durch Paulus die Liebe Gottes in Christus erfahren könnten, weil nur Paulus, jedoch kein anderer Lehrer, diese Liebe besitze. Kurz: Paulus sei die Liebe. Gegen diese These wendet sich C. J. Waters 1991, 75. Ihrer Meinung nach betone Paulus nicht seine eigene Autorität, sondern die Gleichheit der Missionare, seine grundlegende Schwachheit, die herausragende Stellung des Evangeliums und die herausragende Stellung Christi. Er müsse sich verteidigen, damit seine Lehre nicht untergraben wird.

 

W. W. Klein 1986, 286-289 wendet sich gegen die These, das sowohl der Begriff "chalkos“ als auch der Begriff "kymbalon“ ein metallenes Instrument meine. Zwar sei unter dem kymbalon tatsächlich ein beckenähnliches Instrument zu verstehen, doch bezeichne chalkos kein Musikinstrument. Vielmehr handele es sich wahrscheinlich um einen aus Bronze oder gebranntem Ton hergestellten Resonanzkörper, wie er zur Verbesserung der Akustik in Theatern benutzt worden sei. Ein Theater mit solchen Resonanzkörpern habe sich etwa hundert Jahre vor Paulus’ Wirken auch in Korinth befunden, sei dann jedoch von dem römischen Statthalter Lucius Mummius abgetragen und bei einer öffentlichen Versteigerung zwecks Erlangung von Geldern versteigert worden. Sofern es sich bei dem chalkos tatsächlich um einen Resonanzkörper handele, sei ausgesagt, dass Zungenrede ein reiner Widerhall und hohler Klang aus einem hohlen, leblosen Gefäß ist. J. Murphy-O’Connor 1983, 80-93 sieht diese These kritisch und hält das Argument, dass der römische Ingenieur Vitruv (1. Jh. v. Chr.) in seiner Schrift "De Architectura“ (5,5,1-8) auf die Existenz von solchen Resonanzkörpern im Theater von Korinth hinweise (dazu ausführlich W. Harris 1981, 1184-1185; W. Harris 1982, 38-42) und 1 Kor 13,1 entsprechend zu deuten sei, für nicht stichhaltig. Woher Vitruv von der Verwendungsweise der Resonanzkörper wusste, sei unklar. Außerdem hätten im Theater von Korinth 14000 Menschen Platz gefunden. Die Hintergrundgeräusche einer solchen Menschenmenge hätten den von den Resonanzkörpern benötigten Feinklang gestört. Die von Vitruv genannten Gefäße hätten eher eine rein dekorative Funktion gehabt, entweder an den Seiten der Bühne oder an den Eingängen.

Selbst wenn sich herausstelle, dass W. W. Klein Recht habe, sei laut T. K. Sanders 1990, 614-618 nicht das Problem gelöst, dass die Zymbel mit unerwünschtem Lärm in Verbindung gebracht wird. Im Gegensatz zu späteren Auslegern habe man in der Antike den Klang der Zymbel nicht als unangenehm empfunden; so hätten sie sowohl im religiösen als auch sozialen Leben eine bedeutende Rolle gespielt. Eine Lösung des Problems liefere die bisher vernachlässigte Beobachtung, dass die Konjunktion ê nicht nur mit "oder“ übersetzt werden könne, sondern auch mit "mehr als“. Die Konjunktion trenne das Rohmaterial chalkos von einem in antiken Ohren durchaus nicht schlecht klingenden fertigen Instrument, dem kymbalon. Folgende Wiedergabe von V. 1 lege sich nahe: "If I speak in the tongues of men and of angels, but do not have love, I am a dinging piece of bronze rather than a joyfully sounding cymbal.”

J. Verheyden 2009, 757-775 merkt an, dass "ê“ zwar in der griechischen Literatur als Kurzform von "mallon ê“ zu finden sei, eine solche Bedeutung in 1 Kor 13,1 jedoch sehr ungewöhnlich wäre. Die von T. K. Sanders herangezogenen weiteren ntl. Belege seien nicht wirklich überzeugend. Aber auch der These von W. W. Klein kann J. Verheyden nicht folgen. Zwar bezeichne chalkos in keinem Fall ein Musikinstrument, doch sei vermutlich auch nicht an einen Resonanzkörper zu denken. Erstens gehe es Paulus nicht um eine negative Bewertung des Inhaltes der Zungenrede, sondern er kritisiere nur, dass der Zungenrede keine Handlung, die Auslegung, folge. Außerdem würde Paulus bei der von W. W. Klein vertretenen These zwei verschiedene Bilder vermengen, denn erst würde er von einem Resonanzkörper, der einen bereits bestehenden Klang wiedergibt, sprechen, dann von einem Instrument, das einen Klang erzeugt. J. Verheyden bietet daher eine andere Deutung: Paulus wolle aussagen, dass der Klang des kymbalon nicht der eines bestimmten Musikinstrumentes sei, sondern dem eines beliebigen Messinggefäßes entspreche. Das kymbalon habe in orientalischen Kulten, speziell in demjenigen der Kybele und demjenigen der Isis, Verwendung gefunden. Paulus mache in 13,1 also deutlich, dass diejenigen, die in Zungen reden, jedoch die Liebe nicht haben, nicht besser als die enthusiastischen, lärmenden und geistlosen Anhänger eines beliebigen orientalischen Kultes seien und somit der Lächerlichkeit und Geringschätzung preisgegeben.

A. Portier-Young 2005, 99-105 meint, dass der Begriff "chalkos“ in enger Verbindung mit dem Begriff "kymbalon“, der eine Zymbel bezeichne, zu deuten sei. Die Zymbel sei im Gottesdienst kein Soloinstrument gewesen, sondern immer von anderen Instrumenten sowie von Gesang und Lobeshymnen begleitet worden. Dementsprechend hätten auch die Zungenredner ihre Soloauftritte aufgeben und ihre Begabungen in den Dienst des Gemeindeaufbaus stellen sollen.

 

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V. 2

 

Beobachtungen: Eigentlich ist es etwas Großartiges, wenn jemand Prophetengabe besitzt und somit als "Sprachrohr Gottes“ dienen kann, wenn jemand alle Erkenntnis hat und alle Geheimnisse - vermutlich des himmlischen Heilsplans - kennt. Auch ist hoch zu schätzen, wenn jemand einen Glauben besitzt, der Berge versetzen, d. h. das scheinbar Unmögliche wundersam möglich machen kann. Geschieht dies alles jedoch ohne Liebe, so kann sich der Gläubige seiner Fähigkeiten nicht mehr rühmen: Nicht nur die Fähigkeiten sind nichtig, sondern auch er selbst..

 

Weiterführende Literatur: Auf die Beziehungen zwischen 1 Kor 2,6-16 und 1 Kor 12-14 geht K. O. Sandnes 1991, 102-105 ein. Zu 13,2: Hier sei wie in 2,7 von "Geheimnissen“ die Rede.

 

T. Callan 1985, 125-140 befasst sich mit der Prophetie in der griechisch-römischen Religion und im Ersten Korintherbrief. Ergebnis: Paulus sei in einer ähnlichen Situation wie Philo von Alexandrien. Er werde mit einer Gemeinde konfrontiert, die nicht zwischen Zungenrede und Prophetie unterscheidet und davon ausgeht, dass Prophetie von Trance begleitet werde. Im Gegensatz dazu unterscheide Paulus beides sehr wohl. Er definiere Prophetie als etwas, was − anders als die Zungenrede - nicht von Trance begleitet wird. Er tue dies aufgrund seiner Treue zum AT und auch, weil es ihm erlaube, verstehbare inspirierte Rede zu fördern, die die Gemeinde erbaut.

 

C.-B. Amphoux 1996, 333-355 geht der Frage nach, ob die Erwähnung des Glaubens, der Berge versetzt, als freies Zitat aus einem Evangelium (vgl. Mk 11,23; Mt 17,20; 21,21; Lk 17,5-6) anzusehen ist. Folgende Möglichkeiten seien in Erwägung zu ziehen: a) Paulus liest und zitiert frei ein Evangelium; b) Paulus greift ein mündlich übermitteltes Jesuswort auf; c) Paulus bezieht sich auf eine vor den synoptischen Evangelien verfasste Evangelienquelle, mit der er sich kritisch auseinandersetzt. C.-B. Amphoux macht sich letztere These zu eigen.

F. Neirynck 1996, 150-156 diskutiert, inwiefern 1 Kor 13,2 auf der synoptischen Tradition basiert und inwiefern auf dem Thomasevangelium. Dabei steht er der Annahme einer Abhängigkeit vom Thomasevangelium kritisch gegenüber.

 

M. Philonenko 2004, 149-161 vertritt die Ansicht, dass Paulus in 1 Kor 13,2 polemisch auf den Habakukkommentar (7,4-5) der Qumrangemeinschaft anspiele. Für einige Briefadressaten sei die Anspielung offensichtlich gewesen, anderen habe Paulus sie mittels rhetorischer Kniffs verborgen.

 

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V. 3

 

Beobachtungen: Auch das Geben von Almosen an die Armen ist dem Gläubigen nichts nütze, wenn es ohne Liebe geschieht - selbst wenn er sämtliche Habe verschenkt. Genau genommen bedeutet das Verb "psômizein“ "jmdm zu essen geben“. Hier ist wohl gemeint, dass die ganze Habe zur Speisung Notleidender aufgewendet wird oder dass sie Brocken für Brocken weggegeben wird.

Ist sämtliche Habe verschenkt und ist auch das letzte Kleidungsstück weggegeben, so bleibt dem Christen nur noch der eigene Körper, den er hingeben kann. Eine solche Selbsthingabe wäre eigentlich die vollständige Nachfolge Christi, der sich ja am Kreuz für die Sünden der Menschen hingegeben hat. Paulus spricht jedoch nicht von der Selbsthingabe am Kreuz, sondern von der Selbsthingabe im Feuer. Spielt Paulus auf die drei jüdischen Männer im Feuerofen des babylonischen Königs Nebukadnezzar (vgl. Dan 3,19-20) an? Oder hat Paulus hier das at. Brandopfer im Blick, das ja eigentlich durch das letzte und endgültige Selbstopfer Jesu Christi aufgehoben worden ist?

 

In textkritischer Hinsicht ist umstritten, ob kauthêsômai (oder kauthêsomai; "[damit] ich verbrannt werde“) oder kauchêsômai ("[damit] ich Ruhm erlange“) ursprünglich ist. Die Tatsache, dass kauchêsômai von gewichtigen Textzeugen bezeugt wird, spricht für die Lesart kauchêsômai. Für diese spricht auch, dass in späterer Zeit angesichts der zunehmenden Christenverfolgungen samt -verbrennungen die Lesart kauchêsômai durch kauthêsômai ersetzt und statt des Selbstruhms die Hingabe zur Verbrennung angenommen worden sein könnte. Dagegen lässt sich argumentieren, dass kauthêsômai an das bei Paulus häufige kauchêsômai angepasst worden sein könnte. Außerdem spricht aus inhaltlicher Sicht für kauthêsômai, dass die Selbsthingabe gut zum Verschenken der Habe passt, und eher unwahrscheinlich ist, dass Paulus Selbstruhm als etwas Positives ansieht.

 

Das Verschenken der Habe kann aus Berechnung (Werkgerechtigkeit) oder aus Übersättigung erfolgen, die Selbsthingabe aus Überdruss oder blindem Glaubenseifer. Das dürfte der Grund dafür sein, weshalb das Verschenken der Habe und auch die radikalste Hingabe, die Selbsthingabe, ohne die Liebe dem Christen unnütz sind. Dies gilt auch für den noch so starken Glauben. Aber inwiefern könnte der Christ von der (Selbst-)Hingabe und dem Glauben, sofern beides in Liebe geschieht, einen Nutzen haben? Ist an einen irdischen Nutzen gedacht, wie Gesundheit, Wohlstand o. ä., oder an einen Nutzen am Ende der Tage, am Jüngsten Gericht, wenn die guten Werke nur bei ausreichender Liebe zählen?

 

Aus V. 1-3 wird nicht klar, was die Liebe ausmacht. Dies bleibt in den folgenden Versen zu klären.

 

Weiterführende Literatur: Eine textkritische Analyse von 1 Kor 13,3 gibt C. Perera 2005, 113-130, der zunächst die verschiedenen Varianten vorstellt und dann auf die verschiedenen textkritischen Argumente eingeht. Die Ursprünglichkeit der Varianten kauthê ("[damit] es verbrannt werde“) und kauthêsetai ("[damit] es verbrannt wird“) könne wegen der schlechten äußeren Bezeugung ausgeschlossen werden. Beide Varianten gingen wohl auf Schreibfehler zurück. Die Variante kauthêsômai ("[damit] ich verbrannt werde“) sei wohl auch nicht ursprünglich, denn sie könne eine theologisch motivierte Änderung sein und sei darüber hinaus syntaktisch problematisch. Die Variante kauthêsomai "[damit] ich verbrannt werde“) werde zwar oft auf dem Hintergrund des Martyriums verstanden, jedoch sprächen historische Fakten gegen eine solche Deutung. Auch sei wohl kein Bezug auf das Brandmarken von Sklaven gegeben. Und schließlich sprächen auch syntaktische Gesichtspunkte nicht für kauthêsomai. Es sei also davon auszugehen, dass die Lesart kauchêsômai ("[damit] ich Ruhm erlange“) ursprünglich ist. Sie füge sich in das ambivalente Verhältnis des Paulus dem Ruhm gegenüber ein. Paulus befürworte ausschließlich das Rühmen im "Herrn“, das auch in 13,3 im Blick sei.

Ähnlich J. H. Petzer 1989, 229-253, der darlegt, dass sowohl die Textzeugen als auch der Zusammenhang dafür sprächen, dass die Lesart kauchêsômai ursprünglich ist. Die Gegenargumente, auf die J. H. Petzer eingeht, seien im Wesentlichen nicht stichhaltig.

Auch J. F. M. Smit 1993, 255-256 hält die Lesart kauchêsômai für ursprünglich. Die beiden gewichtigsten Begründungen seien: a) diese Lesart finde sich in den ältesten und bedeutendsten Textzeugen; b) es handele sich um die schwierigere Lesart. J. F. M. Smit kommt auf S. 246-264 zu dem Ergebnis, dass 12,31 als ironische Einleitung zu verstehen sei, auf die ein Exkurs folge, der zum genus demonstrativum gehöre. Paulus gebe vor, dass er mit dem geistlichen Ehrgeiz der Korinther übereinstimmt, mache ihn jedoch durch die Übertreibung lächerlich. V. 3 sei ein ernüchternder Kommentar zum ersten Teil des Exkurses. Zu wenig werde bei der Deutung von 1 Kor 13 beachtet, dass der Brief laut vorgelesen wurde und damit nicht als reines Schriftstück anzusehen ist.

A. S. Malone 2009, 400-406 rekapituliert die bisherige Diskussion und kommt zu dem Schluss, dass sich seitens der Gunst der Ausleger die Waage von kauthêsômai zu kauchêsômai neige. Allerdings sei die Diskussion noch keineswegs an ihrem Ende angelangt, denn neuere philologische Studien belegten, dass die Lesart kauthêsômai grammatisch keineswegs so unzulässig ist, wie verschiedentlich angenommen.

 

Gemäß J. B. Bauer 2007, 149-151 belegten die drei Stellen Dan 3,28 (95); 2 Makk 7,37; 1 Kor 13,3 ein festes Syntagma. Im Rahmen von Beobachtungen zum Wortlaut von 1 Kor 13,3 in der altkirchlichen Überlieferung merkt er an, dass Tertullian, Afrahat, Methodius und Johannes von Damaskus in den kritischen Ausgaben immer noch für die Lesart kauthêsetai ("damit er verbrannt werde“) vereinnahmt würden. Die Korrektur sei fällig, ebenso ein erneutes Bedenken der Überlieferung.

 

 

Literaturübersicht

 

Amphoux, Christian-B.; «Toute la foi, jusqu’à déplacer les montagnes (1 Co 13,2): Une parole de Jésus citée par Paul?, in: A. Marchandour [ed.], L’Évangile exploré (LeDiv 166), FS S. Légasse, Paris 1996, 333-355

Bauer, Johannes B.; Corpus suum tradere (Dan 3,28 [95]; 2 Makk 7,37; 1 Kor 13,3), NT 49/2 (2007), 149-151

Callan, Terrance; Prophecy and Ecstasy in Greco-Roman Religion and in 1 Corinthians, NT 27 (1985), 125-140

Corley, Jeremy; The Pauline Authorship of 1 Corinthians 13, CBQ 66/2 (2004), 256-274

Cuvillier, Elian; Entre théologie de la Croix et éthique de l’excès: Une lecture de 1 Corinthiens 13, ETR 75/3 (2000), 349-362

Focant, Camille; 1 Corinthiens 13:analyse rhétorique et analyse de structures, in: R. Bieringer [ed.], The Corinthian Correspondence (BETL 125), Leuven 1996, 199-245

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Klein, William W.; Noisy Gong or Acoustic Vase? A Note on 1 Corinthians 13,1, NTS 32 (1986), 286-289

Lambrecht, Jan; The Most Eminent Way: A Study of 1 Cor 13, in: J. Lambrecht [ed.], Pauline Studies (BETL 115), Leuven 1994, 79-103 (= The Most Eminent Way: A Study of 1 Cor 13, in: T. Fornberg, D. Hellholm [ed.], Text and Contexts, FS L. Hartman, Oslo 1995, 275-304)

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Murphy-O’Connor, Jerome; Corinthian Bronze, RB 90 (1983), 80-93

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