Apg 10,1-8
Übersetzung
Apg 10,1-8:1 Ein Mann aber in Cäsarea namens Kornelius, ein Hauptmann von der sogenannten italischen Kohorte, 2 fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Haus, der dem Volk viele Almosen gab und beständig zu Gott betete, 3 sah in einer Erscheinung ungefähr um die neunte Stunde des Tages deutlich, wie ein Engel (des) Gottes zu ihm hereinkam und zu ihm sagte: "Kornelius!“ 4 Er aber starrte ihn an und sagte erschrocken: "Was ist, Herr?“ Er aber sagte zu ihm: "Deine Gebete und deine Almosen sind emporgestiegen zum Gedenken vor (dem) Gott. 5 Und nun sende Männer nach Joppe und lass einen gewissen Simon holen, der mit Beinamen Petrus heißt. 6 Dieser ist zu Gast bei einem Gerber Simon, der ein Haus am Meer hat.“ 7 Als der Engel, der mit ihm redete, weggegangen war, rief er zwei von den Haussklaven herbei sowie einen frommen Soldaten von denen, die ihm treu ergeben waren; 8 und als er ihnen alles erzählt hatte, sandte er sie nach Joppe.
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Beobachtungen: In 10,1 erfolgt ein Wechsel des Schauplatzes. Spielte 9,32-35 in Lydda und 9,36-43 in Joppe, so ist nun Cäsarea Schauplatz des Geschehens. Mit dem Wechsel des Schauplatzes beginnt eine neue Erzählung, und zwar die längste Einzelerzählung des Verfassers der Apg. Die Länge und die Detailfreude der Erzählung weisen auf die Bedeutung hin, die ihr der Verfasser der Apg beimisst.
Cäsarea − zur Unterscheidung mit dem Zusatz Maritima versehen − war ursprünglich eine phönizische Hafensiedlung namens Stratons Turm, in der nach der Einnahme durch den Hasmonäer Alexander Jannäus 96 v. Chr. eine große jüdische Gemeinde entstand. 66 v. Chr. eroberte der römische General Pompeius Stratons Turm, das daraufhin zunehmend heidnisch wurde. König Herodes ließ 22-10 v. Chr. die Stadt zu Ehren seines Adoptivvaters Kaiser (Caesar) Augustus als Cäsarea neu anlegen. Als Herodes 4 v. Chr. starb, wurde sein Reich unter seinen Söhnen aufgeteilt. Dabei erhielt Archelaos Samarien samt Cäsarea, außerdem die Gebiete Judäa und Idumäa. Nach der Amtsenthebung und Verbannung des Archelaos 6 n. Chr. wurde dessen Reich eine römische Provinz, der ein Prokurator vorstand. Dieser hatte seinen Amtssitz in Cäsarea.
Kornelius ist ein "hekatontarchês“, was genau übersetzt "Hundertschaftsführer“ (allgemeinere Übersetzung: Hauptmann) heißt. Der Begriff verweist auf die Untergliederung des römischen Heeres in Hundertschaften. Die militärische Grundeinheit war die Legion, die 3000-6000 Mann umfasste. Eine Legion war in zehn Kohorten und eine Kohorte wiederum in sechs Centurien, also Hundertschaften, untergliedert. Die Centurien wurden von den Centurionen (= Hundertschaftsführer) befehligt.
Wenn man dem Verfasser der Apg Glauben schenken darf, war die italische Kohorte zur Zeit des berichteten Geschehens in Cäsarea stationiert. Es gab zwei italische Kohorten, wobei der Name der vermutlich gemeinten zweiten "Cohors II Italica Civium Romanorum Voluntariorum quae est in Syria“ (vgl. ILS 9168; CIL 6,3528; 11,6117) war. Die Kohorte war eine Bogenschützen-Einheit, die vermutlich aus Freigelassenen, die das römische Bürgerrecht besaßen, bestand (vgl. ILS 9168). Die Bezeichnung "italische Kohorte“ weist auf eine Beziehung nach Westen, nach Italien, hin. Möglicherweise ist die Kohorte dort gebildet worden. Von 69 n. Chr. bis ins 2. Jh. hinein war die italische Kohorte in Cäsarea stationiert, davor in Syrien. Von welchem Jahr an die italische Kohorte in Syrien stationiert war, ist unbekannt. In Cäsarea dürften wohl während der Herrschaftszeit des Königs Agrippa I. 41-44 n. Chr. keine römischen Truppen stationiert gewesen sein. Daraus ist zu schließen, dass sich die geschilderten Ereignisse vor 41 n. Chr. oder nach 44 n. Chr. abgespielt haben müssen. Man kann aber auch annehmen, dass sich die Ereignisse zwar im Zeitraum 41-44 n. Chr. abgespielt haben, der Verfasser der Apg jedoch die Begebenheiten zu seinen Lebzeiten auf diese Jahre übertragen hat. Schließlich bleibt aber auch noch als Möglichkeit, dass der "Hundertschaftsführer“ in Cäsarea nicht im Dienst war, sondern bereits im Ruhestand. Gegen letztere Möglichkeit spricht jedoch, dass er im Ruhestand wohl kaum neben den beiden Haussklaven einen frommen Soldaten nach Joppe hätte entsenden können (vgl. V. 7).
Weiterführende Literatur: A. Barbi 1996, 277-295 untersucht, auf welchem Weg der Heide Kornelius in die Kirche aufgenommen und vollständig integriert wird. Dabei geht er auf die Person des Kornelius, auf die Überwindung der jüdischen Vorurteile bezüglich rein und unrein, die die Heidenmission ermöglicht, auf die Gleichstellung von Juden- und Heidenchristen sowie auf die Tischgemeinschaft von Juden- und Heidenchristen ein.
R. Pesch 1981, 105-122 geht von den Thesen F. Mußners in dessen Kommentar von 1974 aus, dass trotz der zahlreichen Unterschiede kein Grund zu der Annahme bestehe, Gal 2,1-10 und Apg 15 würden von zwei verschiedenen Ereignissen berichten, und dass vermutlich das "Aposteldekret“ erst einige Zeit nach dem "Apostelkonzil“ zustande gekommen und von Lukas in den Bericht über dasselbe hineingenommen worden sei. R. Pesch stellt nun die Frage, wie Lukas überhaupt dazu kommt, das "Aposteldekret“ in seinen Bericht über das "Apostelkonzil“ hineinzunehmen. Ergebnis: Lukas habe (aus Antiochenischer Tradition) neben dem Bericht über die dortige Gemeindegründung (Apg 11,19-26) einen Bericht über das Jerusalemer Abkommen (Apg 11,27-30; 12,25; 15,1-4.12b) und das Zustandekommen des Aposteldekrets (Apg 10,1-11,18; 15,5-12a.13-33) gekannt. Da ihm daran gelegen sei, die Heidenmission ganz in die Kontinuität der urchristlichen Gemeinde einzubetten und an Jerusalem zurückzubinden, lasse er sie im Werk des Petrus grundgelegt sein. Weil er die Eröffnung der beschneidungsfreien Heidenmission Petrus zuschreibe, dessen Initiative durch die Jerusalemer gebilligt werde, könne er die Berichte über das Jerusalemer Abkommen und die Lösung des Antiochenischen Konflikts zusammenziehen, wobei er freilich die mit dem Jerusalemer Abkommen zusammenfallende Kollekte der Antiochener ablöse und im (vielleicht ursprünglichen) Anschluss an die Erzählung von der Gründung der Gemeinde kurz erwähne; den knappen Bericht schachtele er um die Überlieferung von der Verfolgung durch Agrippa I.
Laut M. P. Speidel 1982/83, 233-240 sei unumstritten, dass von der Herrschaftszeit Herodes' d. Gr. bis zur Zerstörung des Jerusalemer Tempels 70 n. Chr. die militärischen Truppen Judäas aus einem Reiterregiment der Sebastener (ala I Sebastenorum) und aus fünf Kohorten Fußsoldaten bestanden hätten. Mindestens eine dieser Kohorten habe aus Sebastenern bestanden (cohors I Sebastenorum). In der Forschung gingen die Meinungen darüber auseinander, ob auch die restlichen vier Kohorten aus Sebastenern bestanden, die von Herodes d. Gr. übernommen worden waren, oder ob es sich um Truppen handelte, die die Römer nach Judäa gebracht hatten, als sie 6 n. Chr. ihre direkte Herrschaft über das Land errichteten. Sollte letztere Möglichkeit richtig sein, könnte die von Apg 10,1 vorausgesetzte Anwesenheit der italischen Kohorte der Realität entsprechen. Dabei müsse die italische Kohorte nicht in Cäsarea stationiert gewesen sein, denn Kornelius habe durchaus − getrennt von seiner Kohorte - zu einer Tätigkeit im Hauptquartier in Cäsarea abkommandiert gewesen sein können. Eine solche Trennung habe bei der in Apg 27,1 erwähnten augusteischen Kohorte vorgelegen. M. P. Speidel macht deutlich, dass auch in Klientelfürstentümern römische Truppen stationiert gewesen seien, denn Klientelfürstentümer seien als wesentliche Bestandteile des Römischen Reichs betrachtet worden. So seien römische Truppen wohl auch zur Zeit Agrippas I. im Land verblieben.
Gemäß I. Levinskaya 2004, 106-125 habe es zwei Auxiliarkohorten gegeben, in denen das Wort "Italica“ vorkam. Auch wenn durchgehend angenommen werde, dass in Apg 10,1 von der zweiten dieser beiden italischen Auxiliarkohorten die Rede sei, sei dies jedoch nicht sicher. Beide (Hilfs-)Kohorten könnten gleichermaßen gemeint sein. Wir hätten keine sichere Kenntnis davon, wo die erste italische Auxiliarkohorte vor dem 2. Jh. n. Chr. stationiert war. Außerdem weist I. Levinskaya darauf hin, dass es sich nicht um eine milliarische Kohorte gehandelt habe. Erstens hätten diese noch nicht in den 40er Jahren des ersten Jahrhunderts existiert, zweitens gebe es keinen Beleg dafür, dass die zweite italische Kohorte in späterer Zeit tausend Mann mehr als zuvor umfasste.
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Beobachtungen: Als "Hundertschaftsführer“ der römischen Armee dürfte Kornelius eine Heide gewesen sein. Nun wird er aber in V. 2 als "fromm“ und "gottesfürchtig“ bezeichnet. Fromm und gottesfürchtig könnte er im Rahmen seiner heidnischen Religion gewesen sein, denn es ist ja nicht gesagt, welchen Gott Kornelius fürchtete. Nun weist aber schon der Begriff "Gottesfürchtiger“, der gewöhnlich einen dem Judentum nahe stehenden Heiden bezeichnet, auf Nähe zum Judentum hin. Nähe zum Judentum geht auch aus der positiven Charakterisierung hervor, wonach Kornelius "dem Volk“ Almosen gab und er beständig zu Gott betete. Diese beiden Tätigkeiten wurden im Judentum sehr geschätzt. Das Volk, das die Almosen empfing, dürfte das Volk Israel gewesen sein.
Kornelius erscheint als Herr eines "Hauses“. "Haus“ ist gewöhnlich ein Begriff für die in einem Haus gemeinsam lebenden Personen, also den Hausherrn samt seiner Frau und Kinder, vielleicht weitere Verwandte und schließlich auch das Hilfspersonal, die Sklaven. Die religiöse Ausrichtung des gesamten "Hauses“ entspricht derjenigen des Hausherrn.
Weiterführende Literatur: A. T. Kraabel 1981, 113-126 setzt sich kritisch mit der Annahme auseinander, dass es sich bei den "Gottesfürchtigen“ um eine zahlenmäßig starke Gruppe Heiden gehandelt habe, die sich durch eine besondere Nähe zum Judentum auszeichnete. A. T. Kraabel untersucht Inschriften und Symbole, die in sechs Synagogen (Dura Europos, Sardis, Priene, Delos, Stobi, Ostia) der jüdischen Diaspora im Römischen Reich gefunden wurden. In den synagogalen Inschriften tauche keiner der Begriffe "phoboumenos“ ("fürchtend“) oder "sebomenos“ ("fromm seiend / fürchtend“) auf. Der Begriff "theosebês“ ("gottesfürchtig“) tauche zwar zehnmal auf, aber immer in Bezug auf Juden, insbesondere jüdische Stifter, nie aber im Hinblick auf dem Judentum nahestehende Heiden. Auch die Symbolik der Synagogen lasse nicht die Existenz einer solchen heidnischen Gruppe erkennen, sondern sei auf die jüdische Gemeinschaft ausgerichtet. Angesichts dieses Befundes wendet sich A. T. Kraabel dem literarischen Belegmaterial zu, wobei er davon ausgeht, dass unsere Kenntnis einer angeblich existierenden Gruppe heidnischer "Gottesfürchtiger“ insbesondere auf der Apg gründe, wobei auch isolierte Belege aus der klassisch-antiken Literatur und griechische und lateinische Inschriften herangezogen würden. Der Verfasser der Apg habe die "Gottesfürchtigen“ aber nur aus literarischen Gründen eingebaut. Sie erschienen immer nur dann, wenn sie einen bestimmten Zweck zu erfüllen hätten und verschwänden nach der Erfüllung dieses Zwecks wieder von der Bildfläche. Fazit: Es gebe keine überzeugenden Belege dafür, dass eine Gruppe Heiden, die dem Judentum nahe stand und als "Gottesfürchtige“ bezeichnet wurde, tatsächlich existierte. Vgl. R. MacLennan, A. T. Kraabel 1986, 46-53. J. G. Gager 1986, 91-99 stimmt A. T. Kraabel insofern zu, als Lukas von den "Gottesfürchtigen“ aufgrund eigener theologischer Aussageabsichten spreche. Insbesondere dienten sie als Rechtfertigung seiner Ansicht, dass die Heiden(christen) an die Stelle der Juden als von Gott erwähltes Volk getreten seien. Anders als A. T. Kraabel annehme, sei allerdings nicht die Gruppe der "Gottesfürchtigen“ an sich eine lukanische Erfindung, sondern die sofortige und völlige Aufgabe des Judentums zugunsten des Christentums. T. M. Finn 1985, 75-84 kann der These von A. T. Kraabel nicht folgen. Seiner Meinung nach sei das Schweigen der synagogalen Inschriften bezüglich der "Gottesfürchtigen“ keineswegs so ausgeprägt, wie von A. T. Kraabel angenommen. So erscheine in einer Inschrift der Synagoge in Aphrodisias (Provinz Asia) die Bezeichnung "theosebeis“ ("Gottesfürchtige“), wobei es sich allem Anschein nach um eine Gruppe handele, die von Proselyten und gebürtigen Juden unterschieden ist. Was den Bericht der Apg angehe, so seien Ende des 1. Jh.s n. Chr. die "Gottesfürchtigen“ − gleich ob sie real existierten oder nur eine Erfindung waren − eine Gruppe gewesen, deren Existenz glaubhaft schien. Die Dreiteilung Juden, Gottesfürchtige, Heiden sei letztendlich eine zu starke theologische Vereinfachung der komplexen sozialen Prozesse in den Missionsgebieten. Und schließlich bekräftige eine Lektüre der klassischen Schriftsteller Juvenal, Josephus und Philo die Annahme der Apg, dass es an verschiedenen Orten Heiden gab, die sich zum jüdischen Glauben und zur jüdischen Glaubenspraxis hingezogen fühlten, ohne gleich zum Judentum überzutreten. Ähnlich L. H. Feldman 1986, 58-63, der aus klassischer, talmudischer und christlicher Literatur sowie aus Inschriften und Papyri die Existenz einer Gruppe Heiden erschließt, die bestimmte jüdische Praktiken befolgte, ohne Juden geworden zu sein. Diese Gruppe sei insbesondere in Palästina und in Kleinasien (Asia Minor) vertreten gewesen. Auch P. R. Trebilco 1991, 145-166 untersucht die Existenz einer als "Gottesfürchtige“ bezeichneten Gruppe Heiden, die dem Judentum nahestand. Die von Josephus, Philo, Juvenal, Epiktet und der Apg genannten "Gottesfürchtigen“ fänden sich auch in Inschriften. Auch wenn "Gottesfürchtiger“ ("theosebês“) als Bezeichnung für fromme Juden vorkomme, gebe es auch Beispiele, in denen die Bezeichnung in enger Verbindung zur Synagoge stehende Heiden meint. Dies sei sicher bei der Aphrodisias-Inschrift der Fall, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei Inschriften aus Panticapäum und Tralles und wahrscheinlich auch bei Inschriften aus Sardis und Milet. Auch wenn es sich um eine an vielen Orten bekannte Personengruppe gehandelt habe, stamme die Mehrzahl der relevanten Inschriften aus Kleinasien (Asia Minor). Möglicherweise hätten dort die Synagogen und deren Gemeinden auf die Heiden eine besondere Anziehungskraft ausgeübt. Aus den Inschriften gehe hervor, dass zumindest in einigen Fällen Heiden, die regelmäßig an Versammlungen teilnahmen und bestimmte jüdische Praktiken befolgten, eine Form synagogaler Mitgliedschaft eröffnet wurde. Eine präzise, allgemeingültige Definition der "Gottesfürchtigen“ in Kleinasien lasse die Untersuchung jedoch nicht zu. Die Verbindung mit dem vielgestaltigen Judentum sei vermutlich von Ort zu Ort verschieden gewesen. Auch J. Murphy-O’Connor 1992, 418-424 ist der Ansicht, dass die Aphrodisias-Inschrift die Existenz von "Gottesfürchtigen“ im lukanischen Sinn bestätige, weist jedoch auf die Mehrdeutigkeit des Begriffs "theosebês“ hin.
Zu den Ausgrabungsergebnissen in Aphrodisias samt der in der Nähe des Aphrodisias-Museums gefundenen Inschrift siehe M. J. Mellinck 1977, 296.305-306. Eine Veröffentlichung und Kommentierung der Inschrift von Aphrodisias bieten J. Reynolds, R. F. Tannenbaum 1987 (griechischer Wortlaut samt deutscher Übersetzung siehe B. Wander 1998, 235-239). Sie fragen danach, was denn nun ein "theosebês“ ("Gottesfürchtiger“) sei: ein halb paganisierter Jude oder ein judaisierender Heide oder ein sehr frommer Jude oder ein sehr reicher und hochrangiger Heide? Ergebnis: Es sei jemand, der genügend angezogen wird von dem, was er vom Judentum gehört hat, und nun zur Synagoge kommt, um mehr zu lernen; der, nach einiger Zeit, als Ergebnis, gewillt sei, den jüdischen Lebensentwurf nachzuahmen, in welcher Art und Intensität er es wünscht (bis hin zur Mitgliedschaft in Gemeinschaftsverbindungen, in denen Gesetzesstudium und Gebet eingeschlossen ist); dem verschiedene Kurzformeln vorgetragen worden seien, wobei er aber keiner einzigen folgen müsse; der dem Monotheismus der Juden folge und seine angestammten Götter aufgebe, es aber trotzdem nicht müsse, und dem, ob er es tut oder nicht, eine Teilhabe an der Auferstehung für seine Mühe versprochen werde. Solche Menschen hätten einen bedeutenden Anteil aus der Bevölkerung in der jeweiligen Synagogengemeinde ausgemacht, wo wir einen quantitativen Nachweis ihrer Existenz haben. Ob dies allgemein und überall gültig war, sei aber schwer zu sagen. Vgl. R. F. Tannenbaum 1986, 54-57.
Ausführlich zu den epigraphischen und literarischen Belegen der "Gottesfürchtigen“ sowie zu den Gottesfürchtigen im Hinblick auf den Kult des Höchsten Gottes sowie zu den Gottesfürchtigen in Kleinasien siehe I. Levinskaya 1996, 51-126. I. Levinskaya legt dar, dass die Gottesfürchtigen zu den ersten Heiden gehört hätten, die den christlichen Glauben annahmen. Die Offenheit für den christlichen Glauben habe für die Juden ein ernsthaftes Problem dargestellt, denn die Beziehungen zu den Gottesfürchtigen, die oftmals der sozialen Oberschicht angehört hätten, hätten einen Beitrag zur gesellschaftlichen Stabilität geleistet. Als Antwort auf die christliche Mission hätten sich die Juden um eine Intensivierung der Beziehungen zu den Gottesfürchtigen bemüht. Die Apg lasse erkennen, dass die Gottesfürchtigen entweder das Rückgrat christlicher Gemeinden waren oder ein großes Hindernis für die Ausbreitung des Christentums darstellen konnten. Letzteres gehe insbesondere aus 13,50 hervor, wo davon die Rede ist, dass die Juden die angesehenen gottesfürchtigen Frauen und die Vornehmen der Stadt gegen die Christen aufhetzten.
M. Wilcox 1981, 102-122 stellt die Existenz einer Gruppe Heiden, die dem Judentum nahe stand, nicht infrage. Er geht vielmehr der Frage nach, wie die Tatsache zu bewerten ist, dass der Verfasser der Apg verschiedene Bezeichnungen für fromme bzw. gottesfürchtige Personen benutzt ("eulabês“ in Lk 2,25; Apg 2,5; 8,2; 22,12; "eusebês“ in Apg 10,2.7; "hoi phoboumenoi ton theon“ in Lk 1,50; Apg 10,2.22.35; 13,16.26; "hoi sebomenoi ton theon“ in Apg 13,43 [?]; 13,50 [?]; 16,14; 17,4 [?]; 17,14; 18,7 [vgl. 18,13]). Handelt es sich um "termini technici“ für verschiedene Personengruppen? Oder um verschiedene Bezeichnungen für ein und dieselbe Personengruppe? Oder sind die verschiedenen Bezeichnungen darauf zurückzuführen, dass sich der Verfasser der Apg bei der Abfassung seines Berichtes auf verschiedene Quellen stützte? M. Wilcox kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Bezeichnung "hoi phoboumenoi ton theon“ in der Apg auf besonders fromme Personen inmitten der jüdischen Gemeinde beziehe, seien es Juden oder Heiden, Proselyten oder "Sympathisanten“. Dementsprechend tauche die Bezeichnung nur in den Abschnitten auf, wo es zuvörderst um die Mission unter der Juden geht, also vor 13,45-46, wo sich der Beschluss des Paulus und Barnabas findet, sich den Heiden zuzuwenden. Kornelius sei also jemand, der sich eine den Juden entsprechende Frömmigkeit zu eigen gemacht hat. Die Bezeichnung "hoi sebomenoi ton theon“ dagegen werde nach 13,45-46 benutzt, also bei der Schilderung der Begebenheiten während der Heidenmission.
J. A. Overman 1988, 17-26 befasst sich mit zwei seiner Meinung nach in der Diskussion um die "Gottesfürchtigen“ vernachlässigten Aspekten: Zum einen geht er auf den Begriff "prosêlytos“ ein. Dieser habe zur Zeit der Evangelisten Matthäus und Lukas mindestens zwei Bedeutungen gehabt: Das Matthäusevangelium spiegele die eher technische Bedeutung, wie sie sich in späterer rabbinischer Literatur finde, wider, wonach es sich bei dem "prosêlytos“ um einen zum Judentum übergetretenen Heiden handele (= Proselyt). Das Lukasevangelium und die Apg folgten dagegen der Bedeutung, wie sie sich in der Septuaginta findet. Demnach handele es sich bei einem "prosêlytos“ um einen Nicht-Israeliten (Heiden), der dem Judentum zugetan ist und am Leben der jüdischen Gemeinde teilnimmt. Zum anderen befasst sich J. A. Overman mit der Formulierung "hoi phoboumenoi“ ("die Fürchtenden“). Eine solchermaßen benannte Gruppierung tauche an mindestens fünf Stellen der Septuaginta auf (2 Chr 5,6LXX; Ps 115,9-11LXX; 118,2-4LXX; 135,19-20LXX; Mal 3,16LXX). Lukas, der in der Septuaginta bewandert gewesen sei, habe möglicherweise die Formulierung "hoi phoboumenoi ton kyrion“ ("die den Herrn Fürchtenden“) auf eine von der Synagoge zwar unterschiedenen, aber mit dieser verbundenen Gruppe bezogen. Offensichtlich sei, dass Lukas von seiner Tradition einen Begriff übernommen hat, um in der Apg eine Gruppe Heiden zu benennen, die mit der Synagoge verbunden und dem Judentum zugetan ist. Vermutlich habe es tatsächlich eine solche Gruppe gegeben, womit sie nicht von Lukas erdacht worden sei.
Eine ausführliche Studie zum heidnischen Umfeld von Diasporasynagogen bietet B. Wander 1998, der insbesondere die Terminologie analysiert. "Gottesfürchtige“ seien eine terminologisch ermittelbare Gruppe innerhalb des Umfeldes der Diasporasynagogen, ohne dass sie in den anderen Bezeichnungen wie "Sympathisanten“ oder "Nachahmern“ oder "Proselyten“ aufgehen.
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Beobachtungen: Der Begriff "horama“ ("Erscheinung“; "horaô“ = "sehen“) meint hier tatsächlich eine Erscheinung, die gesehen wurde (= Vision).
Es wird nicht gesagt, ob der neunten Stunde des Tages eine besondere Bedeutung zukommt. Vermutlich ist hier aber der Hintergrund der Nennung der Uhrzeit, dass es sich bei der neunten Stunde um eine Gebetszeit handelte und dem Hauptmann somit die Erscheinung beim Gebet oder zumindest in nahem zeitlichem Zusammenhang mit dem Gebet zuteil wurde.
Bei den Juden beginnt der Wochentag nicht um Mitternacht, sondern mit dem Sonnenuntergang. Dieser Zeitpunkt ist auf 18 Uhr festgelegt. Der Wochentag ist grob in zwei Hälften aufgeteilt, und zwar in Nachtstunden und in Tagstunden. Die Nachtstunden umfassen die Zeit 18 − 6 Uhr. Die Tagstunden reichen von 6 − 18 Uhr. Die neunte (Tag-)Stunde ist die neunte Stunde nach Sonnenaufgang, also etwa 15 Uhr. Dies ist die Zeit des Nachmittagsgebetes.
Mit "Gott“ ist vermutlich der Gott Israels gemeint. Der Engel ist somit ein Engel des Gottes Israels.
Der Engel "kam herein“, was bedeutet, dass sich Kornelius in einem geschlossenen Raum aufgehalten haben muss. Vielleicht handelte es sich um einen Gebetsraum. Ob sich dieser in seinem eigenen Haus befand oder in einem anderen Gebäude, bleibt offen. Dass es sich um einen Raum im eigenen Haus handelte, wird erst in V. 30 gesagt.
Kornelius sah in der Erscheinung deutlich (phanerôs), also nicht verschwommen, im Dunklen oder in einem Traum. Das Gesehene ließ sich klar identifizieren und war nicht anzuzweifeln.
Weiterführende Literatur: R. D. Witherup 1993, 45-66 befasst sich mit "functional redundancy“ in der Kornelius-Erzählung (10,1-11,18). "Functional redundancy“ sei eine Erzähltechnik, die sich der Wiederholung und der Variation durch Hinzufügung, Kürzung, Änderung der Reihenfolge, grammatische Umwandlung und Ersetzung bediene. Auf diese Weise solle eine vollständige und eindeutige Erfassung der Aussage eines Textes bewirkt werden. So lasse sich die viermalige Erzählung der Vision des Kornelius (vgl. 10,1-8.22.30-33; 11,11-14) und die zweimalige Erzählung der Vision des Petrus (vgl. 10,9-16; 11,5-10) erklären.
J. H. Elliott 1991, 102-108 legt das, dass der Korneliuserzählung 10,1-11,18 eine Diskussion innerhalb der Jesusbewegung zugrunde liege, ob die Jesusbewegung an das Judentum gebunden bleiben soll und inwieweit jüdische Reinheitsgebote für das Verhalten aller Christen gelten sollen. Die Korneliuserzählung mache deutlich, dass auch Heiden in die Jesusbewegung aufgenommen werden sollten, für die die Reinheitsgebote nicht gelten. Lukas stelle dem Tempel samt seinen Satzungen und (Reinheits-)Geboten das Haus und die Gastfreundschaft gegenüber. In diesem häuslichen Rahmen würden die soziale Abgrenzung und die jüdischen Satzungen und Gebote überwunden und den Heiden das Evangelium, das Reich Gottes und die christliche Gemeinschaft eröffnet. Ähnlich D. J. Scholz 2002, 47-61, der eine Analyse erzählerischer Gesichtspunkte bietet.
C. A. Miller 2002, 302-317 merkt an, dass der Engel das Haus des Kornelius betreten habe, wie Kornelius später das Haus Gottes betreten sollte.
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Beobachtungen: Das Anstarren und Erschrecken sowie die Frage "Was ist, Herr?“ sind damit zu erklären, dass Kornelius auf den plötzlichen Besuch der ihm unbekannten Person, die ihn zudem noch direkt anredet, nicht vorbereitet ist. Kornelius scheint zu wissen oder zumindest zu ahnen, dass kein gewöhnlicher Mensch zu ihm hereingekommen ist.
Mit "Herr“ ("Kyrios“) wird gewöhnlich Gott oder Jesus Christus angeredet. Hier ist allerdings kaum davon auszugehen, dass Kornelius denkt, dass Jesus Christus oder gar Gott persönlich zu ihm hereingekommen ist. Ob er weiß, wer hereingekommen ist, ist unklar. Möglicherweise erkennt er die Person als Engel, sicher ist dies jedoch nicht. Auf jeden Fall scheint ihm die Person unbekannt zu sein und er ihr gegenüber Respekt zu zeigen. Wie einen gewöhnlichen Menschen behandelt er sie auf jeden Fall nicht. "Herr“ dürfte hier also die ehrfurchtsvolle Anrede eines höheren, unbekannten Wesens sein.
Das Verb "eipen“ ("er sprach“) bezieht sich in V. 4 jeweils auf die unmittelbar davor genannte Person. In ersterem Fall ist es Kornelius, der spricht, in letzterem der "Herr“, also der Engel.
Die Formulierung "emporgestiegen zum Gedenken vor (dem) Gott“ ist der Kultsprache entnommen. Wie der Rauch eines Brandopfers zu Gott emporsteigt, so sind auch die Gebete und die Almosen des Kornelius zu Gott emporgestiegen.
Mit dem Begriff "Gedenken“ ("mnêmosynon“) ist nicht in erster Linie die Erinnerung gemeint, sondern die Anerkennung, die mit der Wahrnehmung und Erinnerung verbunden ist. Von einer Belohnung ist nicht ausdrücklich die Rede, doch lässt sich eine solche aus dem Fortlauf der Erzählung schließen: die Taufe des Kornelius (vgl. 10,48), der somit in den Heilsbereich Christi hineintritt.
Weiterführende Literatur:
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Beobachtungen: Dass V. 5 eine Belohnung für die Gebete und Almosen des Kornelius einleiten könnte, lässt sich aus diesem Vers und aus den direkt folgenden Versen nicht erschließen. Kornelius weiß − ebenso wie die Leser der Erzählung − nicht, warum an ihn nun eine Aufforderung ergeht.
Die V. 5-6 setzen die Erzählung 9,36-43 voraus, wo Petrus die "Jüngerin“ Tabitha von den Toten auferweckt. Diese Totenauferweckung findet in Joppe, dem heutigen Jaffa, statt, wo sich Petrus weiterhin aufhält..
Die Zahl der Männer, die Kornelius nach Joppe senden soll, wird nicht genauer bestimmt. Es soll sich um eine Mehrzahl handeln, die genaue Zahl spielt keine Rolle. Warum eine Mehrzahl gefordert ist, bleibt offen.
Aus 9,36-43 - wie auch aus 9,32-35 − geht nicht hervor, dass "Petrus“ nur ein Beiname ist. Simon Petrus wird dort schlicht und einfach nur "Petrus“ genannt, als sei dies der eigentliche Name. Erst in 10,5 klärt der Verfasser der Apg darüber auf, wie es sich mit dem Namen des Apostels tatsächlich verhält. Er scheint also vorauszusetzen, dass die Empfänger der Apg wissen, wer mit "Petrus“ gemeint ist. Die genauere Erläuterung des Namens ist für Kornelius und die von ihm nach Joppe gesandten Männer bestimmt, die Simon Petrus nicht zu kennen scheinen und für das Auffinden dieses Mannes genauerer Informationen über dessen Namen und Aufenthaltsort benötigen.
Weiterführende Literatur:
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Beobachtungen: Der genannte Aufenthaltsort entspricht 9,43. Allerdings findet sich die Lokalisierung des Hauses des Gerbers Simon am Meer nur in 10,6. Sie mag dem einfacheren Auffinden des Gesuchten dienen, doch fällt auf, dass sie sehr allgemein ist. Wie viele Häuser sich in der Küstenstadt Joppe am Wasser befanden, ist fraglich. Wirklich hilfreich ist die Lokalisierung nur, wenn sich nur wenige Häuser am Meer befanden − oder gar nur das Haus des Simon allein.
Möglicherweise lässt sich die Lage des Hauses des Gerbers Simon am Meer damit erklären, dass die Gerber wegen ihres Umgangs mit Tierkadavern und Exkrementen und wegen des mit dem Gerben verbundenen Gestanks als unrein galten und somit am Rande der Stadt wohnen mussten. Für das Gerben und für den Abtransport der Fäkalien und der sonstigen stinkenden Abfälle benötigten die Gerber jede Menge Wasser. Selbstverständlich scheint die Lage am Meer aber nicht gewesen zu sein, denn sonst wäre die ausdrückliche Erwähnung der Lage überflüssig. Vielleicht hat der Verfasser der Apg die eigentlich nicht erforderliche Lagenotiz aber auch nur deshalb eingebaut, weil es sich um eine Überlieferung handelte, die er nicht auslassen wollte.
Eine von wenigen, minderwertigen Textzeugen gebotene Variante bietet den Zusatz "Dieser (= Simon Petrus) wird dir sagen, was du tun sollst“. Dieser Zusatz erinnert an 9,6, wo an den aufgrund der Christuserscheinung erblindeten Saulus die Aufforderung ergeht, sich in die Stadt Damaskus zu begeben. Und weiter heißt es dort: "…und es wird dir gesagt werden, was du tun sollst“.
Weiterführende Literatur: B. R. Gaventa 1986, 107-129 befasst sich mit 10,1-11,18. Sie bespricht die einzelnen Szenen und legt dar, auf welche Weise die Wiederholungen den dramatischen Effekt steigern. Sie zeigt, dass nicht nur Kornelius, sondern auch Petrus der Bekehrung bedürfe. Petrus müsse erkennen, dass er nicht das Recht hat zu bestimmen, was Gott rein gemacht hat und was nicht. Die Aufhebung von Speisegeboten und die Aufnahme von Heiden in die Kirche seien untrennbar miteinander verbunden. Konkret zu 10,6 merkt B. R. Gaventa an, dass das Haus Simons des Gerbers wohl nicht deshalb erwähnt werde, weil die Häuser der Gerber gewöhnlich am Meer lagen. Auf einen gewöhnlichen Sachverhalt bräuchte nicht eigens hingewiesen zu werden. Vielmehr sei die grundsätzliche Bedeutung von Häusern und Gastfreundschaft in 10,1-11,18 zu beachten. Lukas betone die Kontakte zwischen Kornelius und Petrus, und zwar insbesondere mit Blick auf die Gastfreundschaft. Daher werde in 10,6 das am Meer gelegene Haus der Gerbers Simon erwähnt.
A. E. Arterbury 2002, 53-72 zeigt anhand von griechischen Novellen, dass Apg 10,1-11,18 auf dem Hintergrund der besonderen Bedeutung der Gastfreundschaft in der Antike zu verstehen sei.
Beobachtungen: Bei den "oiketai“ handelt es sich ganz allgemein gesagt um Angehörige des "Hauses“ ("oikos“) des Kornelius. Sie sind dem Kornelius unterstellt; vermutlich handelt es sich um Haussklaven.
Alle zu Simon (Petrus) Gesandten waren fromm. Vom Kornelius treu ergebenen Soldaten wird dies ausdrücklich in V. 7 gesagt, hinsichtlich der beiden Haussklaven lässt sich die Frömmigkeit aus V. 2 entnehmen. Die Art der Frömmigkeit bleibt zwar offen, doch ist an eine an Maßstäben des Judentums ausgerichtete Verhaltensweise zu denken (vgl. V. 2). Die Gesandten sind aufgrund ihres Verhaltens also würdige Vertreter des Kornelius.
Der Aufforderung des Engels entsprechend entsandte Kornelius Männer nach Joppe. Auch die Dreizahl entspricht der Aufforderung, wonach es sich um eine Mehrzahl Männer handeln sollte.
Dass der Hauptmann Kornelius "einen frommen Soldaten von denen, die ihm treu ergeben waren“ entsenden konnte, lässt darauf schließen, dass Kornelius nicht im Ruhestand war. Der fromme Soldat war dem Kornelius auch weiterhin treu ergeben, wie sich dem Partizip Präsens entnehmen lässt. Ob der Soldat wie die Haussklaven zum "Haus“ des Kornelius gehörte oder "nur“ ein besonders treuer Soldat der Kornelius unterstellten Hundertschaft war, bleibt offen.
Kornelius hat den ausgewählten Gesandten wohl deshalb das Geschehene berichtet, damit sie über den Grund ihrer Entsendung Bescheid wussten.
Gemäß V. 3 hat sich die Erscheinung des Engels gegen 15 Uhr ereignet. Geht man davon aus, dass weder die Erscheinung noch das folgende Herbeirufen der ausgewählten Gesandten noch das Erzählen der Ereignisse stundenlang dauerte, dürften die Gesandten noch am späten Nachmittag Cäsarea verlassen haben. Am gleichen Tag konnten sie zu Fuß Joppe nicht erreichen, denn die Entfernung dorthin betrug etwa 50 Kilometer. Das bedeutet, dass die Gesandten Joppe nicht am selben Tag erreichen konnten und somit die Nacht hindurch wandern mussten − es sei denn, sie bewegten sich schneller auf Eseln, Pferden oder einem Wagen fort, wovon jedoch nicht die Rede und somit auch nicht auszugehen ist. Die Nacht war allerdings sicherlich trotz der angenehmen Kühle nicht die bevorzugte Reisezeit, denn in ihrer Dunkelheit war der Weg schwerer zu finden und außerdem drohten in ihr Gefahren wie wilde Tiere und Räuber. Dass die Gesandten übernachteten, ist nicht gesagt und schon deshalb unwahrscheinlich, weil sich die Übernachtung hätte vermeiden lassen, wenn die Gesandten erst am folgenden Morgen losmarschiert wären. Die 50 Kilometer Entfernung hätten sich bei einem frühzeitigen Start durchaus am folgenden Tag bis zum frühen Abend bewerkstelligen lassen, auch wenn es sich um einen sehr zügigen und anstrengenden Marsch gehandelt hätte. Dass die Gesandten tatsächlich erst am folgenden Morgen losmarschiert sind, lässt sich V. 8-9 aber nicht entnehmen. Der Verfasser der Apg scheint an einem Reisestart in den späten Nachmittagsstunden nichts Merkwürdiges zu finden. Entweder war ein Marsch in der Nacht tatsächlich möglich oder der Verfasser der Apg möchte die besondere Eile betonen, die zu einer solch ungewöhnlichen Reisezeit führte. In letzterem Fall würde das mit dem christlichen Glauben verbundene Heil als etwas besonders Dringliches erscheinen. Dass sich die Gesandten nicht viel Zeit ließen, lässt sich der Tatsache entnehmen, dass sie tatsächlich am nächsten Tag am Haus des Gerbers Simon ankamen (vgl. 10,17). Die Ankunft wohl bald nach der sechsten Stunde (= 12 Uhr) zeigt, dass die Gesandten wohl tatsächlich die Nacht hindurch marschiert sind.
Weiterführende Literatur: Zu den Parallelen zwischen der Apg und Homers Ilias siehe D. R. MacDonald 2003, der auf S. 19-65 auf die Parallelen zwischen Apg 10,1-11,18 und Ilias 2 zu sprechen kommt: Kornelius' Vision Apg 10,1-18 stelle eine Parallele zu Agamemnons Traum Ilias 2,16-47 dar, die Versammlung in Cäsarea Apg 10,23b-48 zur Versammlung der Ältesten Ilias 2,48-83, die Versammlung in Jerusalem Apg 11,1-18 zur Heeresversammlung Ilias 2,84-335. Die Vision des Petrus 10,9-16 stelle zwar eine Parallele zum Omen von Aulis Ilias 2,301-335 dar, jedoch werde dieses Omen erst neun Jahre nach seinem Eintreten in einem Rückblick des Odysseus erwähnt. Die beste Erklärung für die Parallelen sei Nachahmung. D. Zoroddu 2009, 563-603 knüpft an die Untersuchung von D. R. MacDonald an, geht jedoch über den Aspekt der Nachahmung hinaus, indem sie sich traditionsgeschichtlichen Aspekten widmet. Die Anspielungen auf Homers Ilias seien nicht nur als literarischer Kniff zu verstehen, sondern hätten auch theologische Bedeutung: Fortsetzung und Erfüllung.
Literaturübersicht
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