Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Apostelgeschichte (Apg 21,18-26,32)

Apg 25,1-5

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

Apg 25,1-5

 

 

Übersetzung

 

Apg 25,1-5:1 Als nun Festus die Provinz betreten hatte, ging er nach drei Tagen von Cäsarea nach Jerusalem hinauf. 2 Da wurden die Hohenpriester und die Vornehmsten der Juden bei ihm gegen (den) Paulus vorstellig und redeten ihm zu, 3 und sie baten es sich als eine Gunst gegen ihn aus, dass er ihn nach Jerusalem überstelle; denn sie wollten ihm einen Hinterhalt legen, um ihn unterwegs umzubringen. 4 (Der) Festus antwortete jedoch, (der) Paulus werde in Cäsarea in Haft behalten, er selbst aber wolle in Kürze abreisen. 5 "Dann“, sagte er, "sollen die Bevollmächtigten unter euch mit hinabgehen und gegen ihn Anklage erheben, wenn etwas Unrechtes an dem Mann ist.“

 

 

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V. 1

 

Beobachtungen: Als der Prokurator Felix (eigentlich: Marcus Antonius Felix) von Festus (eigentlich: Porcius Festus) abgelöst wurde (vgl. 24,27), wurde Paulus − vermutlich im Prätorium des Prokurators in Cäsarea - weiterhin in Gewahrsam gehalten. Der Prozess war vertagt worden und schließlich im Sande verlaufen. Mit dem Amtsantritt des Festus begann jedoch eine neue Zeitphase und der Prozess gegen Paulus konnte neu aufgerollt werden. Mit der Festlegung des Prozessortes befasst sich 25,1-5.

 

Das Betreten der Provinz steht hier vermutlich für den Amtsantritt. Sobald Festus die Provinz betreten hatte, konnte er die Amtsgeschäfte aufnehmen.

 

Unklar ist, welche Provinz gemeint ist. Als Nachfolger des Felix war Festus der Prokurator der Provinz Judäa. Auf ein Mindestmaß an Eigenständigkeit Judäas weist die Tatsache hin, dass der Amtssitz des Prokurators weiterhin Cäsarea war. Allerdings stand der Prokurator Festus vermutlich unter dem direkten Einfluss des Statthalters von Syrien (Sitz: Antiochia am Orontes) und war diesem unterstellt. So stellt sich die Frage, ob Judäa während der Amtszeit des Festus (59/60-61/62) tatsächlich eine selbstständige Provinz war oder nicht vielmehr ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter Teil der Provinz Syrien. Dann wäre der Begriff "Provinz“ im Sinne von "Judäa, Teil der Provinz Syrien“ zu verstehen. Erst seit dem Jüdischen Krieg (66-70) war Judäa mit Sicherheit eine selbstständige Provinz.

 

Fraglich ist, wie die Formulierung "nach drei Tagen“ zu verstehen ist. Ist der Tag, an dem der Prokurator (Porcius) Festus die Provinz betreten hatte, in den drei Tagen eingeschlossen oder nicht? Falls dies nicht der Fall ist, wäre Festus in der Provinz angekommen, hätte zwei Tage in Cäsarea verbracht und wäre am darauf folgenden Tag nach Jerusalem gereist. Andernfalls hätte Festus nur einen Tag nach dem Ankunftstag in Cäsarea verbrachte und wäre schon am folgenden Tag nach Cäsarea aufgebrochen. Letztere Zählung liegt auch Mk 8,31 zugrunde, wo die Auferstehung Jesu "nach drei Tagen“ angekündigt wird, wobei die Zeitangabe gemäß Lk 9,22 im Sinne von "am dritten Tag“ zu deuten ist. Wie auch immer: Es wird deutlich, dass es Festus nicht lange in Cäsarea hielt und er schon sehr bald eine erste Reise innerhalb seiner Provinz startete. Der Verfasser der Apg scheint den neuen Wind betonen zu wollen, der mit dem Amtsantritt des neuen Prokurators wehte. Außerdem wird deutlich, dass sich der neue Amtsinhaber in seinem Amt einarbeitete.

 

Das Verb "anabainô“ ("hinaufgehen“) lässt sich damit erklären, dass Jerusalem im judäischen Bergland und damit höher gelegen war als die Küstenstadt Cäsarea. Felix musste also von Cäsarea nach Jerusalem hinaufgehen. Darüber hinaus lässt das Verb möglicherweise die besondere religiöse Bedeutung der Stadt Jerusalem erkennen, die den Juden als erhaben galt.

 

Ein konkreter Grund für die Reise des Festus nach Jerusalem wird nicht genannt. Dass Festus sogleich nach Jerusalem reiste, dürfte aber damit zu erklären sein, dass Jerusalem die religiöse und kulturelle Hauptstadt Judäas war. Es handelte sich also wohl um einen Antrittsbesuch in dieser religiösen und kulturellen Hauptstadt. Dort standen wohl an vorderster Stelle Treffen mit den lokalen jüdischen Autoritäten auf dem Programm. Es ging vermutlich darum, Beziehungen zu knüpfen und den Rahmen der Herrschaft zu klären. So diente der Antrittsbesuch sicherlich der Stabilisierung der Provinzverwaltung, wobei auch die lokalen Autoritäten ihren Einfluss geltend machen und dem neuen Prokurator ihre Anliegen vorbringen konnten.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 2

 

Beobachtungen: Da es nur einen amtierenden Hohenpriester gab, erstaunt der Plural "die Hohenpriester“. Vermutlich sind in dem Plural neben dem einen amtierenden Hohenpriester auch Angehörige der hohepriesterlichen Familie und/oder aus dem Amt ausgeschiedene, aber weiterhin einflussreiche Hohepriester einbezogen. So war bei dem Amtsantritt des Festus der von König Herodes Agrippa II. eingesetzte Ismaël, der Sohn des Phabi, Hohepriester (vgl. Ios. Ant. 20,179.182). Diesen dürfte auch der Singular "der Hohepriester“ einer Textvariante meinen. Ismaëls Vorgänger, Hananias, blieb allerdings bis zum Beginn des Jüdischen Krieges 66 n. Chr. einflussreich (Ios. Ant. 20,205.209).

 

Mit den "prôtoi“ ("Erste/Vornehmste“) dürfte nicht ein bestimmtes Gremium gemeint sein, sondern vermutlich sind die einflussreichsten Personen Israels im Blick. Diese können ein Amt inne gehabt haben, müssen es jedoch nicht. Die "prôtoi“ werden vom hohepriesterlichen Kreis getrennt genannt, gehörten diesem somit wohl nicht an. Als Festus später dem König Agrippa II. den Fall des Paulus vortrug, sprach er nicht von den "Vornehmsten der Juden“, sondern von den "Ältesten der Juden“ (vgl. 25,15). Demnach hatten die Vornehmsten also das Ältestenamt inne. Allerdings bedeutet die Wortwahl nicht zwangsläufig, dass es sich bei den Vornehmsten tatsächlich um die Ältesten handelte, denn es ist nicht sicher, dass Festus über den tatsächlichen Sachverhalt informiert war. Allerdings ist durchaus wahrscheinlich, dass sich Festus zu Beginn des Gespräches mit den Hohenpriestern und den Vornehmsten bzw. Ältesten der Juden über deren Identität schlau gemacht hatte.

 

Das Verb "emphanizô“ kann "Anzeige erstatten“ oder "vorstellig werden“ bedeuten. Sicher ist, dass es sich nicht um eine mit einer Anklagerede verbundene Anzeige im engeren Sinn am Gerichtsort bzw. bei der Gerichtsverhandlung handelte. Will man von einer Anzeige sprechen, dann handelte es sich um eine dem Prokurator vorgetragene Klage über den Paulus. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass "emphanizô“ hier nicht "Anzeige erstatten“ bedeutet, sondern "vorstellig werden“, womit das persönliche Vorsprechen und das Drängen auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemeint sind (vgl. V. 3.5). Inwieweit bei einem Wechsel im Amt des Prokurators eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt werden musste, bleibt offen.

 

Das Imperfekt "parekaloun“ zeigt eine länger währende Handlung an, das über ein einfaches Bitten hinausgeht. Gemeint dürfte hier ein fortwährendes, nachdrückliches Zureden sein, dem die Übersetzung "sie redeten ihm zu“ am nächsten kommt.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 3

 

Beobachtungen: Aus V. 3 geht hervor, dass den "Hohenpriestern“ und den Vornehmsten der Juden daran gelegen war, dass der Ort des Prozesses von Cäsarea nach Jerusalem verlegt wurde. Aus diesem Grund wurden sie bei dem Prokurator Festus vorstellig. Es ging ihnen also um die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Paulus, wobei das Verfahren in Jerusalem statt in Cäsarea fortgesetzt werden sollte. Jerusalem war im Gegensatz zu Cäsarea Einflussgebiet der "Hohenpriester“ und der Vornehmsten der Juden und sie konnten bei einer Verlegung darauf hoffen, verstärkt Einfluss auf den Ausgang des Prozesses zu bekommen. Dabei bleibt offen, ob das Verfahren in der Hand des Prokurators bleiben sollte, oder ob die "Hohenpriester“ und die Juden forderten, dass das Verfahren von ihnen durchgeführt werden sollte.

 

Auf die Verlegung des Prozessortes hatten die "Hohenpriester“ und die Vornehmsten der Juden keinen Anspruch. Daher wird wohl auch betont, dass sie diese als eine "Gunst“ ("charis“) erbaten. Für den Fall, dass diese Gunst gewährt wurde, richtete sie sich gegen Paulus, der nun wieder in den Einfluss- und Zugriffsbereich der Hohenpriester und Vornehmsten der Juden kommen würde.

 

Wie auch immer die offizielle Begründung für eine Verlegung des Prozesses von Cäsarea nach Jerusalem war, den eigentlichen Grund, nämlich den geplanten Mordanschlag, verschwiegen die "Hohenpriester“ und Vornehmsten der Juden. Hätten sie diesen wahren Grund genannt, wäre die Zustimmung des Festus zu einer Verlegung des Prozessortes nach Jerusalem ausgeschlossen gewesen, denn Festus konnte auf keinen Fall die Ermordung eines in seinem Gewahrsam befindlichen Angeklagten zustimmen.

 

Einen Mordanschlag auf Paulus hatten die Juden schon einmal zuvor geplant (vgl. 23,12-15), was dem Tribun Claudius Lysias bekannt gemacht worden war (vgl. 23,16-22) und zur Überführung des Paulus von Jerusalem nach Cäsarea geführt hatte. Aus einem Begleitbrief an den Prokurator Felix hatte dieser den Grund für die Überführung erfahren (23,23-30). Nun war jedoch der Prokurator Felix aus seinem Amt ausgeschieden und die "Hohenpriester“ und die Vornehmsten der Juden scheinen darauf gesetzt zu haben, dass der neue Prokurator, Festus, nichts von dem ersten geplanten Mordanschlag wusste und zudem zu unerfahren war, die drohende Gefahr zu ahnen.

Im Unterschied zu dem ersten geplanten Mordanschlag ging die Initiative diesmal nicht von "mehr als vierzig“ nicht näher bestimmten Juden, sondern von führenden Juden aus, nämlich den "Hohepriestern“ und Vornehmsten. Auch innerhalb der jüdischen Führungskreise ging es zur Zeit der geschilderten Begebenheiten nicht zimperlich zu und die Gewaltanwendung scheint zur "Lösung“ von Konflikten als durchaus adäquates Mittel angesehen worden zu sein (vgl. Ios. Ant. 20,180-181).

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 4

 

Beobachtungen: Festus lehnte das Ansinnen der "Hohenpriester“ und der Vornehmsten der Juden ab, wobei der Grund für die Ablehnung nicht genannt wird. Dass er den geplanten Mordanschlag ahnte, ist nicht anzunehmen, denn dann wäre dies sicherlich erwähnt worden oder Festus hätte zumindest schroffer reagiert. Der Grund, der am nächsten liegt, ist die Bequemlichkeit. Für die Juden wäre ein Prozess in Jerusalem am bequemsten gewesen, für den Prokurator war jedoch ein Prozess in Cäsarea, seinem Amtssitz, am bequemsten. Er sah somit also wohl keine Veranlassung, den Prozessort zu verlegen. Mögliche, seitens der "Hohenpriester“ und Vornehmsten der Juden vorgeschobene Gründe für eine Verlegung werden Festus nicht überzeugt haben.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 5

 

Beobachtungen: Beim Übergang von V. 4 zu V. 5 ist der Wechsel von der indirekten zur direkten Rede, die eindeutig aus der Formulierung "unter euch“ hervorgeht, bemerkenswert. Dabei verursacht die Übersetzung der direkten Rede jedoch Schwierigkeiten. Wörtlich übersetzt lautet V. 5: "'Dann', sagte er, "können/sollen die Bevollmächtigten unter euch mit hinabgehen, und wenn etwas Unrechtes an dem Mann ist, sollen sie gegen ihn Anklage erheben.'“ Diese wörtliche Übersetzung lässt annehmen, dass die Bevollmächtigten erst in Cäsarea entscheiden, ob an dem Mann etwas Unrechtes ist. Tatsächlich ist aber nicht anzunehmen, dass die Bevollmächtigten nach Cäsarea reisen, ohne sich bereits sicher zu sein, dass an dem Mann etwas Unrechtes ist und sie deshalb gegen ihn Anklage erheben werden. Folglich dürfte sich "wenn etwas Unrechtes an dem Mann ist“ nicht nur auf "[sollen sie] gegen ihn Anklage erheben“ beziehen, sondern auch auf "Dann sollen die Bevollmächtigten unter euch mit hinabgehen…“. Die Aussage der direkten Rede ist also: "Wenn etwas Unrechtes an dem Mann ist, dann sollen die Bevollmächtigten unter euch mit hinabgehen und gegen ihn Anklage erheben.“ In der gewählten Übersetzung ("'Dann', sagte er, "sollen die Bevollmächtigten unter euch mit hinabgehen und gegen ihn Anklage erheben, wenn etwas Unrechtes an dem Mann ist.'“) bleibt zum einen die wörtliche, missverständliche Übersetzung ersichtlich, zum anderen wird aber auch eine Deutung im Sinne der tatsächlichen Aussage ermöglicht.

 

Der Begriff "dynatoi“ meint eigentlich die "Mächtigen“, wobei hier die "Bevollmächtigten“ gemeint sein dürften. Die Formulierung ist vermutlich gewählt, weil nicht jeder Jude der Gesandtschaft, die zum Prozess nach Cäsarea zu entsenden war, angehören konnte. Nur bestimmten Personen wurde die Teilnahme an dieser Gesandtschaft übertragen. Die Übertragung der Berechtigung auf bestimmte Personen, gleich wie sie erfolgte, stellte eine Bevollmächtigung dar.

 

So wie Felix von Cäsarea nach Jerusalem hinaufgehen musste, musste die Gesandtschaft mit Felix von Jerusalem nach Cäsarea hinabgehen. Wiederum macht die Wortwahl den Höhenunterschied und wohl auch die besondere Bedeutung von Jerusalem deutlich.

 

Die eigentliche Anklage erfolgte erst am Prozessort. Für diese musste eine jüdische Gesandtschaft, wie schon bei dem Prozess vor Felix, nach Cäsarea hinabgehen und dort vor Ort mittels einer Anklagerede die Anklagepunkte vorbringen. Eine solche Anklage samt Rede war während der Amtszeit des Felix bereits erfolgt, aber anscheinend fehlten Festus die notwendigen Informationen oder es war bei einem Wechsel des Amtsinhabers für die Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme eines Prozesses eine erneute Anklage erforderlich.

 

Das Adjektiv "atopos“ bedeutet eigentlich "ungewöhnlich“, "sonderbar“, "verwunderlich“ oder "ungehörig“. In V. 5 ist damit jedoch etwas gemeint, was eine Anklage vor dem Prokurator rechtfertigte, also ein rechtliches Vergehen, das in den Zuständigkeitsbereich des Prokurators fiel. Insofern ist hier die Übersetzung "Unrechtes“ passend.

 

Weiterführende Literatur:

 

 

Literaturübersicht

 

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