Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Epheserbrief

Der Brief des Paulus an die Epheser

Eph 5,3-5

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

Eph 5,3-5



Übersetzung


Eph 5,3-5 :3 Unzucht und alle Unreinheit oder Habsucht soll bei euch noch nicht einmal genannt werden, wie es Heiligen geziemt, 4 auch nicht anzügliches und dummes Geschwätz oder Witze auf Kosten anderer, was sich [alles] nicht gehört, sondern vielmehr Danksagung. 5 Denn das sollt ihr wissen und einsehen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger - das ist ein Götzendiener - Erbteil hat am Reich (des) Christi und Gottes.



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V. 3


Beobachtungen: Die drei Begriffe „porneia“ („Unzucht“), „akatharsia“ („Unreinheit“) und "pleonexia" ("Habsucht") tauchen zusammen auch in Kol 3,5 auf. Diese Arten von Fehlverhalten finden sich schon in den allgemein für echt gehaltenen Paulusbriefen. So wird in 2 Kor 12,21 das frühere, heidnische Leben als von Unreinheit („akatharsia“), Unzucht („porneia“) und Ausschweifung („aselgeia“) geprägt dargestellt. Alle drei Begriffe tauchen in anderer Reihenfolge auch in Gal 5,19 auf und werden dort „Werke des Fleisches“ genannt. Unzucht („porneia“) und Unreinheit („akatharsia“) werden auch in Kol 3,5 und Eph 5,3 genannt, die Ausschweifung („aselgeia“) taucht dagegen in beiden Versen nicht auf. Stattdessen wird die Habsucht ("pleonexia"; 1 Thess 2,5; 2 Kor 9,5; Röm 1,29) erwähnt.


Das Substantiv „porneia“ („Unzucht“) ist vom Verb „pernêmi“ („verkaufen“) abgeleitet. Von daher ist zunächst die Prostitution gemeint, bei der es sich um käufliche körperliche Liebe handelt. In der Antike handelte es sich bei den Prostituierten häufig um Sklavinnen. Auch gab es im Zusammenhang mit heidnischen Fruchtbarkeitsriten kultische Prostitution. Darüber hinausgehend meint das Wort „porneia“ in der weiteren Bedeutung allgemein den illegitimen Geschlechtsverkehr, zu dem auch die Prostitution gehört. Illegitim ist jeder Geschlechtsverkehr mit einer Person, mit der keine feste partnerschaftliche Bindung, eine Ehe, besteht. Da das Christentum von der Einehe ausgeht, kann legitimer Geschlechtsverkehr während des Bestehens der Ehe auch nur mit dem einen Ehepartner oder der einen Ehepartnerin erfolgen. Im AT bezeichnet die Formulierung „sich eine Frau nehmen“ die Eheschließung, wobei der Mann als die aktive, treibende Kraft erscheint. Dieser ist somit auch „Herr“ über das Geschlechtsorgan der Frau, sodass bei Nachkommen klar ist, dass diese vom Ehemann stammen. Der Vater ist folglich nachweisbar. Da der Ehebruch („moicheia“) diese Ordnung zerstört, ist er im Hinblick auf den illegitimen Geschlechtsverkehr an erster Stelle zu nennen. Paulus führt ihn nicht gesondert auf, was bei einigen Textzeigen zu dessen Einfügung geführt hat. Welche weiteren Arten der Sexualität vom Apostel als illegitim angesehen werden, bleibt wegen der fehlenden Erklärung des Wortes „porneia“ offen. Dass sich Paulus bei seiner Deutung von Aussagen der hebräischen Bibel (= AT) leiten lässt, zeigt der in 1 Kor 5,1-5 thematisierte Fall von Unzucht. Demnach hat ein korinthisches Gemeindeglied die Frau seines Vaters genommen. Paulus ereifert sich darüber, wobei unklar bleibt, was der Grund für die Aufregung ist. Am ehesten ist anzunehmen, dass Paulus das Verbot in Lev 18,7-8; 20,11; Dtn 23,1; 27,20 im Hinterkopf hat. Da er aber die Notwendigkeit der Befolgung aller Satzungen und Gebote zur Erlangung des Heils verneint, ist fraglich, ob Paulus die Befolgung aller Bestimmungen fordert, die den legitimen bzw. illegitimen Geschlechtsverkehr betreffen. Im Rahmen der paulinischen Deutung dürfte sich auch der Verfasser des Eph bewegen.


Das Wort „akatharsia“ („Unreinheit“) ist eigentlich ein Begriff aus der Sprache des Kultes und meint die rituelle Unreinheit. Unreinheit steht im Widerspruch zur Heiligkeit Gottes, sodass sich reinigen muss, wer sich Gott nähern will. Im AT gelten v. a. götzendienerische Kulte und Praktiken als unrein, dann aber auch mit körperlichen Ausflüssen verbundene Vorgänge wie die Menstruation oder Geburt. Auch der Kontakt mit einem Leichnam verunreinigt, ebenso der Genuss sogenannter unreiner Tiere. Im AT findet sich auch ein ethisch-moralisches Verständnis der Reinheit, und zwar v. a. bei den Propheten, in den Psalmen und in der Weisheitsliteratur. Unrein ist demnach derjenige, dessen Leben nicht gottgefällig, sondern von Falschheit, Bosheit usw. geprägt ist. Im NT verliert das rituelle Reinheitsverständnis an Bedeutung. So macht Jesus deutlich, dass der Mensch nicht durch das unrein wird, was er isst, sondern durch das, was er denkt, fühlt und sagt (vgl. insbesondere Mk 7,14-23; Mt 15,11-20). Auch Paulus macht deutlich, dass nichts an sich selbst unrein ist (vgl. Röm 14,14; 1 Kor 8,7-8). Was der Verfasser des Eph in 5,3 unter „Unreinheit“ versteht, schreibt er nicht. Da Christen generell aufgrund des sündenvergebenden Kreuzestodes Christi von den Sünden befreit und damit gereinigt sind, ist allgemein an eine beeinträchtigte Beziehung zu Gott, an ein gottfernes Leben und fehlende Buße zu denken. Wer "unrein" ist, hat gegenüber Gott und Jesus Christus keine "reine Weste". Dass das Wort „akatharsia“ in Eph 5,3 in erster Linie die sexuelle Unreinheit - was man auch immer darunter verstehen mag - meint, kann man aus der Nachbarschaft zu „porneia“ schließen, doch ist dieser Schluss nicht zwingend, zumal ja umfassend von "aller Unreinheit" die Rede ist.


Die Habsucht ("pleonexia") taucht auch in den allgemein für echt gehaltenen Paulusbriefen als den Heiden zugeschriebenes Fehlverhalten auf, in Röm 1,29 direkt neben der Bosheit und der Schlechtigkeit. Aus 2 Kor 9,5 geht hervor, dass der Begriff "pleonexia" nicht nur die Gier, in den Besitz von materiellen Gütern zu kommen, meint, sondern auch das Bestreben, diese behalten zu wollen. Habgier enthält also auch den Aspekt des Geizes.


Der Verfasser des Eph sagt nicht nur, dass sich die Adressaten der Unzucht und aller Unreinheit oder Habsucht enthalten sollen, sondern er sagt, dass Unzucht und alle Unreinheit oder Habsucht bei den Adressaten noch nicht einmal genannt werden sollen. Damit macht er deutlich, dass bei den Adressaten die Laster nicht einmal im Ansatz vorkommen sollen. Wenn sie genannt werden, dann sind sie schon in den Köpfen und im Reden präsent und es besteht die Gefahr, dass sie auch getan werden.


Die Bezeichnung „Heilige“ bezieht sich auf alle Adressaten und darüber hinaus auf alle Christen. Es liegt also nicht das spätere Verständnis von Heiligen als besonders vorbildlich lebenden oder wundertätigen Christen zugrunde. Die Verwendung der Bezeichnung "Heilige" für alle Christen beinhaltet aber auch die Aufforderung zu einem entsprechenden Verhalten.


Weiterführende Literatur: Laut H. Merklein 1981, 194-210 sei Eph 4,1-5,20 als Rezeption von Kol 3,1-17 zu verstehen. Genauer sei diese Rezeption als Transformation zu beschreiben, die sich aus der Verschiebung der Antithetik "irdisch vs himmlisch = christlich" (Kol) zu "heidnisch vs christlich" (Eph) ergebe. Da die Antithetik "heidnisch vs. christlich" nicht nur die Paränese (Eph 4,1-5,20), sondern auch die theologischen Ausführungen (besonders Eph 2,11-22; aber auch Eph 3) des Epheserbriefes beherrsche, sei mit einer einheitlichen Pragmatik des ganzes Briefes zu rechnen. Die dazugehörige Kommunikationssituation lasse sich allerdings nur noch hypothetisch erheben. Manches spreche dafür, dass der Autor des Epheserbriefes sich an ein Heidenchristentum wendet, das aus dem "gesetzesfreien" paulinischen Evangelium falsche Folgerungen gezogen hatte. Die "Emanzipation" der heidenchristlichen Kirche vom Gesetz habe gedroht, die theologisch-heilsgeschichtliche Bindung der Kirche an Israel in Vergessenheit geraten zu lassen, und habe auf sittlichem Gebiet die Gefahr des Rückfalls in heidnisches Leben mit sich gebracht. Von daher erkläre sich sowohl die theologische als auch die paränetische Intention des Epheserbriefes und lasse ihn als einen textpragmatisch einheitlichen Text erscheinen.


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V. 4


Beobachtungen: Bemerkenswert ist, dass V. 4 drei Laster nennt, deren Bezeichnungen im NT nur hier auftauchen: "aischrotês", "môrologia" und "eutrapelia". Alle drei Begriffe benennen Laster des Redens, nachdem V. 3 drei Laster des Tuns genannt hatte.


Der griechische Begriff "aischrotês" bedeutet "Hässlichkeit" oder "Unanständigkeit". Da die beiden folgenden Begriffe bestimmte Arten des Redens bezeichnen, dürfte hier "aischrotês" ebenfalls eine Art der Rede bezeichnen. Vermutlich ist an "unanständige Rede" gedacht.

Die allgemeine, nicht nur auf die Rede bezogene Bedeutung findet aber noch in einer Variante ihren Widerhall, die vor dem folgenden Begriff "môrologia" nicht "kai" ("und") liest, sondern "ê" ("oder") und so die Begriffe "aischrotês" und "môrologia" nicht mehr in einem Atemzug liest. Demnach braucht "aischrotês" nicht wie "môrologia" (und "eutrapelia") als eine bestimmte Art von Rede verstanden zu werden.


Die Bedeutung des Substantivs "môrologia", der sich ansonsten weder im NT noch in der Septuaginta (LXX) findet, lässt sich vom Adjektiv "môros" her erschließen, das "töricht", "dumm" oder "gottlos" bedeutet. Somit handelt es sich vermutlich um "dumme/törichte Rede" oder "gottlose Rede". Es kann also ein Gerede gemeint sein, das einfach nur dummes Geschwätz ist, sei es aus Unwissenheit, Trunkenheit oder Albernheit heraus. Mit Blick auf gottlose Rede kann aber auch ein Gerede gemeint sein, das aus rein menschlichen Gedanken besteht und den göttlichen Heilsplan samt Christus außer acht lässt.


"Eutrapelia" ist eigentlich ein Begriff, der im klassischen Griechenland gewöhnlich positiv verstanden wurde, und zwar im Sinne einer Rede, die witzig, geistreich, schlagfertig und/oder treffend ist. Das Erschließen der Bedeutung des Begriffs in Eph 5,4 wird dadurch erschwert, dass er nicht nur im NT einmalig ist, sondern auch in der Septuaginta fehlt. Es ist davon auszugehen, dass auch in 5,4 eine witzige, geistreiche, schlagfertige und/oder treffende Rede gemeint ist, jedoch eine negative Bedeutung vorliegt. So kann ein Humor auf Kosten anderer im Blick sein. Diese negative Bedeutung findet sich schon im antiken Griechenland, wenn es auch nicht die gewöhnliche ist.

Es erstaunt, dass der Begriff "eutrapelia" nicht mit "kai" ("und"), sondern mit "ê" ("oder") an die vorhergehende "môrologia" angeschlossen wird, handelt es sich doch in beiden Fällen um eine bestimmte Art von Rede. Dieser verwunderliche Sachverhalt mag damit erklärt werden, dass der Verfasser des Eph deutlich machen will, dass es sich um zwei gänzlich unterschiedliche Arten von Rede handelt: "môrologia" ist dummes Geschwätz, "eutrapelia" dagegen ist witzig-pointierte Rede. Verwunderung geht auch aus der Variante hervor, die vor "eutrapelia" nicht "ê" ("oder"), sondern "kai" bietet, und so "eutrapelia" dichter an die beiden vorhergehenden Begriffe anbindet. Die Variante betont also stärker, dass es sich jeweils um Rede handelt.


Bei dem Personalpronomen "ha" ("was") handelt es sich um ein Neutrum, und zwar im Plural. Folglich kann es sich nicht nur auf das unmittelbar vorhergehende Substantiv "eutrapelia" ("Witze auf Kosten anderer") beziehen, das feminin und dazu noch ein Singular ist, sondern muss sich auf alle drei vorhergehenden Substantive beziehen.


Die "Danksagung" dürfte sich auf die Selbsthingabe Christi als Liebeshandlung und die daraus resultierende Sündenvergebung beziehen. Es dürfte nicht nur an einen Dank im engeren Sinne gedacht sein, sondern auch ganz grundsätzlich an eine Art des Redens, die auf dem Glauben an das Heilsgeschehen und der Liebe gründet, die der Eintracht in der Kirche und dem Gemeindeaufbau dient und Verletzungen anderer Gemeindeglieder vermeidet. Nur in diesem weiten Sinne verstanden stellt die "Danksagung" das Gegenteil von allen drei vorher genannten Arten des Redens dar, die gegen christliche Verhaltensmaßstäbe verstoßen oder töricht sind oder kränken und Zwietracht befördern.


Weiterführende Literatur: P. W. van der Horst 1978, 163-177 merkt an, dass gewöhnlich der Begriff "eutrapelia" als „Witz“ oder „Schlagfertigkeit“ verstanden werde. Dabei beziehe man sich im Wesentlichen auf zwei Aristoteles-Stellen. Offen bleibe aber, warum „Witz“ oder „Schlagfertigkeit“ für Christen verboten sein soll, warum in Eph 5,4 ein meist positiv verstandener Begriff negativ gedeutet wird. Diese Unklarheit veranlasst ihn dazu, die Vorkommen des Begriffs "eutrapelia" in der antiken Literatur aufzuführen. Eine Analyse dieser Vorkommen zeige, dass "eutrapelia" keineswegs in erster Linie positiv verstanden worden ist. Positive und negative Bewertungen hätten nebeneinander bestanden. Erst seit Aristoteles habe die positive Bewertung ein Übergewicht bekommen. So könne "eutrapelia" auch albernes Gerede oder das inhumane oder abschätzige Scherzen meinen. Einen offensichtlichen Beleg dafür, dass schmutzige, obszöne Scherze im Blick sein könnten, gebe es nicht. Welche der negativen Bedeutungen in V. 4 vorliegt, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es lasse sich allerdings festhalten, dass sich V. 4 nicht gegen Humor oder witzige Schlagfertigkeit in der Kirche wendet.


Von seiner These ausgehend, dass Eph 4,9-10 vom Herabsteigen Christi in die Unterwelt handele und der Text mit Blick auf das Plutonium (= Pluto-Tempel) in Hierapolis (das heutige Pamukkale) verfasst worden sei, bezieht L. J. Kreitzer 1998, 51-77 5,4 auf die derbe Rede und die obszönen Gesten des Demeter-Kultes. Auch "das, was heimlich getan wird" (V. 12) sei mit Blick auf den Demeter-Kult, ein Fruchtbarkeitskult mit obszönen Handlungen, zu verstehen. Teil des Demeter-Kultes seien die Thesmophorien gewesen, die auch die Opferung von Schweinen umfasst hätten. Der altgriechische Begriff "choiros" bezeichne gewöhnlich das Schwein, darüber hinaus aber auch die weibliche Scham (insbesondere die vom Schamhaar befreite). Die Verbindung von derber Rede und obszönen Gesten bzw. Handlungen werde besonders deutlich, wenn man sich vorstellt, dass die leitende Priesterin Frauen, die zur Opferung von Schweinen bereitstanden, aufgefordert haben könnte: "Zeigt/Bringt eure Schweine/Scham!". Vgl. L. J. Kreitzer 2007, 73-92, der die altgriechischen Begriffe "aischrotês", "môrologia" und "eutrapelia" als "Obszönität", "albernes Gerede" und "derbe Witze" deutet.


C. G.Müller 2002, 164-189 befasst sich mit atl. und ntl. Mahnungen zur Zügelung der Zunge. Eph 5,4 sei eine konsequente Absage an Zügellosigkeit und Zweideutigkeit.


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V. 5


Beobachtungen: Bezieht sich "das ist ein Götzendiener" auf alle drei, also auf den Unzüchtigen, den Unreinen und den Habsüchtigen gleichermaßen oder bezieht es sich nur auf den Habsüchtigen? Das Relativpronomen "ho" ("das") ist ein Neutrum, und zwar im Singular. Der Begriff "pleonektês" ("Habsüchtiger") ist zwar auch ein Singular, allerdings maskulin. So scheint ein Bezug nur auf den Habsüchtigen zunächst einmal nicht infrage zu kommen. Es legt sich vielmehr nahe, dass sich das Relativpronomen auf die Gesamtheit aller drei Personen bezieht und deswegen - auch wenn es sich in allen drei Fällen um ein Maskulinum handelt - ein Neutrum gewählt wurde. Und obwohl die drei Personen eine Mehrzahl bilden, kann ein Relativpronomen im Singular gewählt worden sein, weil die drei Personen als eine Gesamtheit verstanden wurden. Allerdings ist diese Deutung nicht zwingend, denn im Koine-Griechisch kann die Formulierung "ho estin" ("das ist") ohne Rücksicht auf das Geschlecht eine Sache oder einen Menschen mit einer anderen Sache bzw. einem anderen Menschen identifizieren. Insofern kann sich das neutrale Relativpronomen durchaus nur auf "pleonektês" beziehen. Ein Bezug nur auf "pleonektês" legt ein Blick auf Kol 3,5 nahe, wo die Habsucht als Götzendienst bezeichnet wird. Dass der Verfasser des Kolosserbriefes die Habgier als Götzendienst ansieht, mag damit zu erklären sein, dass der Geist auf das Irdisch-Materielle gerichtet ist und nicht auf Gott. Gemäß dem Motto, dass der Mensch nicht zugleich Gott und dem Mammon dienen kann, handelt es sich bei der Habgier um einen Dienst am Mammon und nicht an Gott. Weil die Ausrichtung am Irdisch-Materiellen gemäß dem Verfasser des Kol typisch für die Heiden ist, die heidnische Götter ("Götzen") verehren, ist auch der Dienst am Mammon ein Götzendienst.

Die Verwendung eines maskulinen Relativpronomens hat schon unter den frühen Christen Verwirrung ausgelöst, wie eine Variante beweist, die das neutrale Relativpronomen durch ein maskulines ersetzt.


Der altgriechische Begriff "klêronomia" kann sowohl das Erbe an sich als auch - wie in Eph 5,5 - den Anteil am Erbe bezeichnen. Dem "Erbe" liegt wohl die atl. Vorstellung zugrunde, dass den verschiedenen Stämmen des Gottesvolkes Israel ein Anteil am gelobten Land (Israel) zustehe. Bei der Landnahme wurde dementsprechend der jeweilige Anteil am Land zugeteilt. Im Eph findet sich eine spiritualisierte Form dieser Vorstellung: Die Christen als (neues) Gottesvolk erhalten keinen Anteil am irdischen gelobten Land, sondern am Reich Gottes, am Heil. Ein unzüchtiger, unreiner oder habgieriger Christ verhält sich jedoch so, wie es Christen unwürdig ist. Der Glaube an Christus und an das Heilsgeschehen und die Taufe stellen noch längst keinen Freifahrtschein zum Heil dar, sondern müssen sich im Handeln (und auch im Reden) widerspiegeln. Andernfalls gefährdet der Christ sein Heil. Dabei ist das Heil als bereits gegenwärtig, in seiner Fülle aber als noch ausstehend gedacht.


Die Formulierung "Reich (des) Gottes" taucht im NT häufig auf, etwas seltener, aber trotzdem noch zahlreich ist auch die Formulierung "Reich (des) Christi". Die Formulierung "Reich (des) Christi und Gottes" ist im NT jedoch einmalig. Ein Artikel findet sich nur vor "Christus" was nahe legt, dass Christus und Gott identisch sind. Allerdings kann "Gott/Gottes" mit oder ohne Artikel stehen, ebenso "Christus/Christi". Steht vor "Gott/Gottes" ein Artikel, dann ist unmissverständlich angezeigt, dass der einzige heilvolle Gott, nämlich der Gott Israels und Vater Christi, gemeint ist. Steht vor "Christus/Christi" ein Artikel, dann ist unmissverständlich angezeigt, dass es sich um einen Titel handelt. Statt in Eph 5,5 Christus und Gott in eins zu setzen, ist wohl eher angebracht, hier den Artikel als eine Verdeutlichung zu lesen, dass "Christus/Christi" ein Titel ist. Dass vor Gott kein Artikel steht, ist nicht ungewöhnlich. Es fällt auf, dass "(des) Christi" voransteht. Das ist wohl mit der besonderen Bedeutung Christi für das Heil des Menschen zu erklären. Dass Gott dann in einem Atemzug mit Christus genannt wird, dürfte ein Hinweis auf die äußerst enge Beziehung zwischen Gott Vater und seinem Sohn Christus sein.

Das "Reich (des) Christi und Gottes" ist eine Bezeichnung für die Herrschaft und den Herrschaftsbereich Christi und Gottes und auch für das Heil. Die Christen sind - christliches Handeln (und Reden) vorausgesetzt - letztendlich für ein dauerhaftes Verweilen in diesem Herrschaftsbereich und für das Heil bestimmt.


Weiterführende Literatur: S. E. Porter 1990, 270-276 befasst sich mit der chiastischen Struktur von V. 3-5 und speziell der Bedeutung der Formulierung „iste ginôskontes“. Diese habe keinen semitischen Hintergrund und das Partizip „ginôskontes“ („erkennend“) habe auch nicht einfach nur das Vollverb verstärkende Funktion. Vielmehr liege eine üblicher adverbialer Gebrauch eines Partizips mit folgendem „hoti“-Satz vor. „Touto“ („das“) beziehe sich – anders als oftmals angenommen – vermutlich nicht auf die in V. 5 folgende Aussage, sondern auf das in V. 3-4 Vorhergehende, „was sich nicht gehört“. „Iste“ sei wohl ein Indikativ, auch wenn die chiastische Struktur einen Imperativ nicht ausschließe. Als Übersetzung sei also besser „ihr wisst“ als „ihr sollt wissen“ zu wählen. Die V. 3-5 bildeten eine klare chiastische Struktur, wobei die beiden Wissen ausdrückenden Verben „iste“ und „ginôskontes“ die zentralen Elemente (C und C1) der Konstruktion seien.



Literaturübersicht


Kreitzer, Larry J.; "Crude Language" and "Shameful Things Done in Secret" (Ephesians 5.4,12): Allusions to the Cult of Demeter/Cybele in Hierapolis?, JSNT 71 (1998), 51-77

Kreitzer, Larry J.; Hierapolis in the Heavens: Studies in the Letter to the Ephesians (LNTS 368), London 2007

Merklein, Helmut; Eph 4,1-5,20 als Rezeption von Kol 3,1-17 (zugleich ein Beitrag zur Pragmatik des Epheserbriefes), in: P.-G. Müller, W. Stenger [Hrsg.], Kontinuität und Einheit, FS F. Mußner, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1981, 194-210

Müller, Christoph Gregor; Wider die Geschwätzigkeit, BZ 46/2 (2002), 164-189

Porter, Stanley E.; Iste ginôskontes in Ephesians 5,5: Does Chiasm Solve a Problem?, ZNW 81/3-4 (1990), 270-276

van der Horst, Pieter W.; Is Wittiness Un-Christian? A Note on eutrapelia in v 4, in: T. Baarda, A. F. J. Klijn, W. C. van Unnik [eds.], Miscellanea Neotestamentica (NTSup 48), Leiden 1978, 163-177

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