Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Zweiter Thessalonicherbrief

Der zweite Brief des Paulus an die Thessalonicher

2 Thess 2,3-12

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

2 Thess 2,3-12



Übersetzung


2 Thess 2,3- 12 :3 Dass keiner euch auf irgendeine Weise täusche! Denn wenn nicht zuerst der Abfall kommt und der Mensch der Gesetzlosigkeit offenbart wird, der Sohn des Verderbens, 4 der sich widersetzt und sich über alles erhöht, was Gott oder Heiligtum genannt wird, sodass er sich in den Tempel (des) Gottes setzt und sich selbst als Gott ausgibt - 5 Erinnert ihr euch nicht, dass ich euch das [schon] gesagt habe, als ich noch bei euch war? 6 Und nun - ihr kennt das Aufhaltende, damit er [erst] zu seiner Zeit offenbart wird. 7 Freilich ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit bereits wirksam, nur muss erst der Aufhaltende aus [der] Mitte entfernt werden. 8 (Und) Dann [erst] wird der Gesetzlose offenbart werden. Ihn wird der Herr Jesus mit dem Hauch seines Mundes töten und durch die Erscheinung seiner Wiederkunft vernichten, 9 [ihn], dessen Ankunft entsprechend der Wirkkraft des Satans geschieht in aller Kraft und lügnerischen Zeichen und Wundern 10 und in aller Verführung zur Ungerechtigkeit für die Verlorenen, weil sie die Liebe der Wahrheit nicht angenommen haben, damit sie gerettet würden. 11 Und deshalb sendet ihnen (der) Gott eine Wirkkraft des Irrtums, sodass sie der Lüge glauben, 12 damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Gefallen an der Ungerechtigkeit gefunden haben.



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V. 3


Beobachtungen: Die Adressaten sollen sich von niemandem täuschen lassen. Aus V. 3 für sich genommen geht nicht hervor, worauf sich die Täuschung bezieht. Der Zusammenhang (insbesondere V. 1-2) lässt aber erkennen, dass es um die fälschliche Annahme geht, dass der "Tag des Herrn" schon da sei.


Worum handelt es sich bei dem "Abfall" ("apostasia"). Grundsätzlich kann zunächst einmal festgehalten werden, dass es sich um einen Abfall religiöser Art handeln dürfte, und zwar um den Abfall von einem Glauben bzw. einer Glaubensgemeinschaft. Es kann sich also um den Abfall vom Heidentum, Judentum oder Christentum handeln. Die V. 3-4 sind aus christlicher Sicht geschrieben und beschreiben ein negatives Geschehen. Folglich kann nicht der Abfall vom Heidentum gemeint sein, denn der wäre aus christlicher Sicht ja positiv. Auch der Abfall vom Judentum ist vermutlich nicht im Blick, denn eine solch offensichtlich negative Bewertung dürfte nur erfolgen, wenn Jesus Christus und der Glaube an diesen betroffen sind. Das ist bei einem Abfall vom Judentum nicht der Fall. Insofern haben wir davon auszugehen, dass der Abfall vom Christentum im Blick ist. Ein solcher Abfall könnte durch die Verfolgungen und Bedrängnisse bewirkt sein, denen sich die Christen ausgesetzt sahen. In diesen Verfolgungen und Bedrängnissen zeigen sich die Adressaten aber derzeit (noch) standhaft (vgl. 1,4). Aber warum erwägt der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess überhaupt einen Abfall? Hatte er eine göttliche Eingebung, in der ihm dieser von Gott vorhergesagt wurde? Oder hat er eine entsprechende Passage des AT im Blick? Betrifft dieser Abfall auch die bisher noch so standhaften Thessalonicher Christen? Oder betrifft er nur die Christen anderer Orte? Sofern Letzteres der Fall ist: Ist der Abfall bei den Christen außerhalb von Thessalonich schon zu beobachten? Von diesen wird ja nicht ausdrücklich gesagt, dass sie in Verfolgungen und Bedrängnissen standhaft sind.


Wer ist der "Mensch der Gesetzlosigkeit"? Zunächst einmal kann man feststellen, dass es ein "Mensch" ist. Aber ist damit ein ganz gewöhnlicher Mensch gemeint, gleich welches Amt er auf Erden inne hat? Die Tatsache, dass Jesus Christus insbesondere in den Evangelien als "Menschensohn" bezeichnet und eben nicht nur als gewöhnlicher Mensch angesehen, sondern mit Leiden, Sterben und Auferstehung sowie mit der Wiederkunft in Verbindung gebracht wird (vgl. u. a. Mk 8,31; 9,31; 10,33-34; Mk 13,26-27 und Parallelen), lässt eine allzu schnelle Festlegung auf einen gewöhnlichen Menschen nicht angeraten sein. "Mensch der Gesetzlosigkeit" kann einen gewöhnlichen Menschen meinen, aber auch einen Menschen, der in irgendeiner Form auch überirdisch ist. "Mensch der Gesetzlosigkeit" kann ebenfalls ein Titel sein, für welches Wesen auch immer. Und schließlich kann "Mensch" auch in bewusster Abgrenzung zu "Gott" gewählt worden sein. Wenn wir es tatsächlich mit einem gewöhnlichen Menschen zu tun haben, dann muss dieser auf Erden eine besondere Funktion erfüllen oder ein besonderes Amt innehaben, denn sonst wäre er nicht erwähnenswert. Und er muss in dieser Funktion oder in diesem Amt im Hinblick auf die Christen von besonderer Relevanz sein. Da wäre an erster Stelle an den Kaiser oder an den Statthalter einer römischen Provinz, insbesondere an den der Provinz Makedonien (Macedonia) zu denken, zu der Thessalonich gehört.

Der "Mensch" ist von Gesetzlosigkeit geprägt. Doch welche Gesetzlosigkeit ist gemeint? Es gibt ja verschiedene Arten Gesetze: das Naturgesetz, Gesetze eines Staates, göttliches Gesetz, das jüdische Religionsgesetz und das Gesetz Christi. Auch bezüglich des "Gesetzes" ist wieder ein spezifisch christlicher Bezug anzunehmen. Wenn die Gesetzlosigkeit aus christlicher Sicht negativ ist, dann muss das Gesetz positiv sein. Das Naturgesetz hat keine besondere christliche Relevanz, selbst wenn es nicht gegen das Christentum verstößt. Insofern dürfte es nicht im Blick sein. Auch die Gesetze eines Staates - am ehesten des Römischen Reiches - dürften nicht gemeint sein, denn aus christlicher Sicht sind sie nicht unbedingt positiv. Wenn die Christen verfolgt und bedrängt werden, dann können die staatlichen Gesetze dazu beitragen. Mindestens versagen sie in ihrer Schutzfunktion. Das göttliche Gesetz kommt dagegen durchaus infrage, allerdings nicht als Gesetz eines heidnischen Gottes oder des Gottes Israels ohne Bezug zu Jesus Christus. Es muss ein Bezug zu Jesus Christus vorliegen; vielleicht ist auch an das Gesetz Christi gedacht. Dabei wäre "Gesetz" wohl in groben Zügen so zu verstehen, dass es eine Bindung an christlichen Glauben, christliches Reden und christliches Verhalten aussagt. Wenn das Gesetz Gottes (mit Bezug zu Jesus Christus) gemeint ist, dann könnte der göttliche Heilsplan als Richtschnur für Glauben, Reden und Verhalten im Blick sein. Der "Mensch der Gesetzlosigkeit" denkt, redet und handelt also ohne Bindung an den göttlichen Heilsplan. Und/Oder er hat für den christlichen Glauben, für christliches Reden und für christliches Handeln nichts übrig. Jesus Christus ist ihm keine Richtschnur.

Für die Deutung ist nach sprachlichen Parallelen im AT zu suchen. So findet sich in Ps 88,23LXX die Formulierung "Sohn/Kind der Ungesetzlichkeit" ("hyios anomias") und in Jes 57,3LXX die Formulierung "ungesetzliche Söhne/Kinder" ("hyioi anomoi"). In beiden Fällen geht es um Menschen, die dem göttlichen Heilsplan gegenüber feindlich eingestellt sind bzw. sich nicht an das jüdische Religionsgesetz halten. In Ps 88,23LXX ist ein Mensch gemeint, der dem von Gott auserwählten davidischen Königshaus feindlich gegenüber steht, in Jes 57,3LXX sind Menschen gemeint, die Götzendienst und Hurerei treiben. Im AT geht es zwar um den Messias, aber Jesus Christus wird nicht erwähnt. Insofern ist Gott hier nur auf sein Volk Israel bezogen, nicht auf Jesus Christus. Mit Blick auf Ps 88,23LXX und Jes 57,3LXX wäre der "Mensch der Gesetzlosigkeit" in 2 Thess 2,3 also als ein dem göttlichen Heilsplan entgegengesetzter "Mensch" zu verstehen, und damit verbunden - wegen der Fixierung des NT auf Jesus Christus - als ein "Mensch", der christlichen Glauben sowie christliches Denken und Handeln ablehnt.


Eine große Zahl Textzeugen liest "Mensch der Sünde" ("anthrôpos tês hamartias") statt "Mensch der Gesetzlosigkeit" ("anthrôpos tês anomias"). Ist daraus zu schließen, dass diese Lesart die ursprüngliche ist? Drei Argumente sprechen dagegen: Erstens ist auch die Bezeugung von "Mensch der Gesetzlosigkeit" nicht zu verachten, zweitens tauchen die Stichwörter "Gesetzlosigkeit" ("anomia") und "gesetzlos" ("anomos") auch in V. 7-8 auf und drittens lässt sich die Lesart "Mensch der Sünde" als Anpassung an paulinischen Sprachgebrauch erklären. "Sünde" ist bei Paulus (v. a. im Römerbrief) ein zentraler Begriff.


Das Offenbarung kann sich auf den Leib beziehen, der verborgen war und nun zum Vorschein kommt, oder auf das Wesen oder bestimmte Absichten. So kann der "Mensch der Gesetzlosigkeit" zunächst nicht "gesetzlos" erschienen sein, aber offenbar werden, dass er "gesetzlos" ist und entsprechende Absichten hat. Auf eine historische Person wie den Kaiser oder einen Statthalter bezogen, kann das heißen, dass dieser zunächst die Christen hat gewähren lassen, plötzlich aber christenfeindliche Maßnahmen ergreift.


Der "Sohn des Verderbens" ist kein leiblicher Sohn des Verderbens, sondern er gehört dem Verderben dem Geiste nach an und bewirkt Verderben. Er stammt also vom Verderben im übertragenen Sinne ab. Das Verderben kann er grundsätzlich, also gegenüber der ganzen Welt und auch den Juden und/oder Heiden bewirken. Aufgrund des spezifisch christlichen Blickwinkels des 2 Thess dürfte aber in erster Linie oder ausschließlich das Verderben gemeint sein, das er den Christen bringt. Ebenso ist möglich, dass dem "Sohn des Verderbens" selbst Verderben zukommt, er dem Verderben geweiht ist. Diese Bedeutung dürfte aber in V. 3 nur zweitrangig sein, denn bei der parallelen Formulierung "Mensch der Ungesetzlichkeit" ist nicht daran gedacht, dass dem "Menschen" Ungesetzlichkeit zukommt, er der Ungesetzlichkeit geweiht ist. Der Aspekt, dass der "Sohn des Verderbens" dem Verderben geweiht ist, tritt erst in V. 7-8 in den Vordergrund.

"Hyios" kann sowohl mit "Sohn" als auch mit "Kind" übersetzt werden. Weil aber in erster Linie Männer politische Ämter innehatten, ist wahrscheinlich, dass ein Mann und nicht eine Frau gemeint ist. Insofern ist die Übersetzung "Sohn" zu wählen.


Weiterführende Literatur: E. Cuvillier 2011, 51-54 geht im Hinblick auf 1 Thess 4,13-18 und 2 Thess 2,1-12 folgenden Fragen nach: Warum benutzen diese beiden Texte apokalyptische Sprache? Welche Bedeutung kommt diesem Gebrauch im historischen Kontext und im Rahmen der Überzeugungen der Empfänger und der Autoren der Briefe zu? Welche Relevanz haben die beiden Texte für uns heute? Ergebnis: Beide Texte stellten die apokalyptische Sprache in den Dienst der Pastoral. Unterschiede resultierten zum einen aus der jeweiligen Situation: im einen Fall sei das Hoffnungslosigkeit, im anderen überzogener Enthusiasmus. Zum anderen seien sie aber wohl auch durch verschiedene Sichtweisen bedingt, die die Gemeinde von sich hatte. Im Gegensatz zu 1 Thess sei die Empfängergemeinde von 2 Thess einer sektiererischen Logik verfallen.


D. A. Dean 2011, 196-216 vertritt folgende These: Paulus habe in Thessalonich die Abfolge der endzeitlichen Ereignisse gelehrt, noch bevor er den 1 Thess und 2 Thess verfasst habe. Insofern setze er in diesen beiden Briefen deren Kenntnis voraus. Eine falsche, angeblich von Paulus stammende oder verbreitete Darstellung der endzeitlichen Ereignisse habe die Thessalonicher verleitet zu glauben, dass der Tag des „Herrn“ bereits angebrochen sei. Die Thessalonicher hätten die Lehre des Paulus also nicht missverstanden oder schlecht gelernt, sondern durchaus richtig verstanden, seien jedoch von der falschen Darstellung verwirrt worden. Sie hätten nun Widersprüche zwischen ihren Erwartungen, Erfahrungen und der aktuell kursierenden Darstellung empfunden, allerdings letztere auch nicht als gänzlich unplausibel abtun können. Paulus mache in 2 Thess deutlich, dass die aktuell kursierende Darstellung falsch sei und lege dar, wie es sich in Wahrheit mit der Abfolge der endzeitlichen Geschehnisse verhält. D. A. Dean befasst sich mit den verschiedenen Lehren bezüglich des Zeitpunktes der Entrückung in der Abfolge der endzeitlichen Ereignisse. Seiner Meinung nach sei nur die Lehre von der geheimen Entrückung (= pretribulational rapture; demnach kehre Jesus Christus zweimal zurück: zunächst geheim und unangekündigt, wobei er alle Christen – die lebenden und die schon gestorbenen - in den Himmel bringe, und dann, nach der Zeit der großen Bedrängnis, in Macht und Herrlichkeit, um das Böse zu vernichten und sein Reich zu errichten) mit der Schilderung 2 Thess 2 vereinbar.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt P. D. Feinberg 1995, 297-311: Es gebe in 2 Thess 2,1-12 keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Lehre von der geheimen Entrückung ausgeschlossen oder auch nur unwahrscheinlich ist.

C. A. Blaising 2012, 259-270 legt dar, dass Paulus in seinen Briefen an die Thessalonicher (1 Thess 4,13-5,11; 2 Thess 2,1-12) die Entrückung auf den „Tag des Herrn“ bezogen habe. In Abhängigkeit von dem Verhältnis des „Tages des Herrn“ zur Bedrängnis könne – im Gegensatz zur Meinung der Vertreter der Lehre von der geheimen Entrückung - der Zeitpunkt der Entrückung in Bezug auf die Bedrängnis erschlossen werden.


M.-I. Seewann 2013 greift die inhaltliche Deutung von 2 Thess 2,1-12 neu auf. Ergebnis: Es gehe nicht um Eschatologie im üblichen Sinne, sondern der Text antworte auf ein aktuelles Problem in der Gemeinde. Die übliche Deutung setze voraus, dass die Gemeinde das Problem der Naherwartung beschäftige. Zu vermuten sei aber entgegen dieser Deutung eher, dass in der Gemeinde ein Pseudoprophet aufgetreten ist, der seine Prophetien und Ansprüche durch angebliche Geistmanifestationen als echt und vom „Herrn“ kommend („Tag des Herrn“) zu erweisen suche. Paulus sehe die Gefahr und fordere die Gemeinde auf, einen geistlichen Unterscheidungsvorgang entschieden zu wagen. Und in diese Situation hinein gebe der Verfasser des 2 Thess den Gemeindegliedern Kriterien zur Unterscheidung der Geister an die Hand und hoffe, dass sie die Situation klar erkennen und entsprechend handeln.


Laut L. J. Lietaert Peerbolte 1996, 63-95 bewiesen 2 Thess 2,3-12 und Justins Dialog mit Tryphon 32 und 110, dass zu Beginn des 2 Jh.s n. Chr. eine den eschatologischen Widersacher, „Mensch der Ungerechtigkeit“ genannt, betreffende Tradition existierte. Diese Tradition habe auf der Deutung der Prophezeiungen (mindestens) von Dan 7 und 11 basiert, wo es um das Kommen eines eschatologischen Tyrannen gehe. Ihre Terminologie sei vermutlich von der Tradition des eschatologischen Höhepunktes der Ungerechtigkeit entnommen, wie er in 2 Thess 2 und in Mt 24 zu finden sei. Auch wenn es keinen zwingenden Anhaltspunkt in Form jüdischer Parallelen gebe, sei doch in hohem Maße wahrscheinlich, dass die Tradition des Menschen der Ungerechtigkeit eine jüdische Tradition war. Für die Terminologie könne diese Annahme jedoch nicht wirklich schlüssig geltend gemacht werden.


Laut A. Johnson 2014, 125-143 sei der „Mensch der Gesetzlosigkeit“ von der Kirche als „Antichrist“ aufgefasst worden, der Teil einer Anti-Christologie sei. Er geht dieser Auffassung im kanonischen Kontext nach und kommt von daher zu dem Ergebnis, dass die Charakterisierung als Antichrist durchaus gerechtfertigt sei. Der „Mensch der Gesetzlosigkeit“ sei zudem gegen den Menschen, gegen Gott und gegen die Heiligkeit gerichtet.

W. C. Weinrich 1985, 135-147 befasst sich mit den Vorstellungen vom Antichristen in der frühen Kirche. Er legt dar, dass Selbsterhöhung zu einem gleichsam göttlichen Status und die Einrichtung eines falschen Kultus traditionelle Elemente der Darstellung des Antichristen gewesen seien. Als Zeugnisse dieser Vorstellung seien 2 Thess 2,4 und Dan 11,36-38 herangezogen worden, in der Darstellung des Papstes als Antichrist seitens der Reformatoren auch Mt 7,15. Bemerkenswert sei, dass nirgends in den Konfessionen die johanneischen Briefe herangezogen würden, obwohl nur dort im NT der Begriff „Antichrist“ verwendet werde (vgl. 1 Joh 2,18.22; 4,3; 2 Joh 7). Nahezu übereinstimmend hätten die Kirchenväter angenommen, dass der endzeitliche Antichrist ein Mensch sein werde. Während der Antichrist von der Erde kommen werde, sei es als Tyrann oder Pseudo-Messias, werde Christus mit Herrlichkeit und seinen Engeln vom Himmel kommen. Für diese Vorstellung sei wohl die Formulierung „Mensch der Ungerechtigkeit“ in 2 Thess 2,3 maßgeblich gewesen.

Gemäß T. L. Wilkinson 1982, 124-149 sei der „Mensch der Gesetzlosigkeit“ als ein Individuum zu verstehen, das in der Endzeit unmittelbar vor der Wiederkunft Jesu Christi erscheint. Seine Bedeutung liege darin, dass er Gegner von Jesus Christus sei und für sich selbst gegen Christus einen Glaubensanspruch erhebe. Es scheine so, als werde er wie ein Falschprophet dargestellt, allerdings gehe er über eine solche Kategorie vollständig hinaus, indem er sich als selbst als Gott ausgibt. Es seien zwar keine offensichtlichen militärisch-politischen Merkmale des „Menschen der Gesetzlosigkeit“ auszumachen, allerdings könnten diese auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Gegenwärtig sei er noch nicht existent, doch werde er mit der gegenwärtigen Ordnung des Bösen verbunden, in der er in die satanische Aktivität zwecks Verhinderung des göttlichen Plans mittels eines entgegengesetzten Plans verwickelt sei.


Laut F. Spadafora 1985, 261-274 vermittle Paulus den Thessalonichern, die gewalttätiger Verfolgung seitens der Juden ausgesetzt gewesen seien (vgl. 1 Thess 2,14-16), die Prophezeiung Jesu bezüglich der bevorstehenden Zerstörung Jerusalems (vgl. Mt 24). Dieser prophetische Ansatz sei der eschatologischen Deutung vorzuziehen, wonach sich Paulus auf das Weltende beziehe. Das Aufhaltende und der Widersacher seien die erlittenen Verfolgungen und Versuchungen.


C. A. Pate 1993 geht davon aus, dass allen paulinischen Schlüsseltexten zum Leiden das Muster der Herstellung von Adams Herrlichkeit durch gerechtes Leiden zugrunde liege. Auf S. 291-312 befasst er sich mit 2 Thess 2,1-12: In diesem Text bringe Paulus die Leserschaft mit der dunklen Seite des Urzeit-Endzeit-Schemas in Beziehung, wonach der Antichrist, die eschatologische Personifizierung der Schlange im Garten Eden, sich der Wiederherstellung von Adams Herrschaft und Glanz durch Christus entgegenzustellen versuche. Das Volk Gottes werde an Christi, des wahren Adams, Herrschaft und Glanz Anteil haben, weil es für ihn gelitten habe.


R. L. Thomas 1980, 45-53 befasst sich mit der Frage der „analogy of faith“, der grundsätzlichen Einheitlichkeit der Lehre in den biblischen Schriften. Diese sei lange als hermeneutische Leitlinie angesehen worden, habe aber zu unrechtmäßigen exegetischen Schlussfolgerungen geführt, insbesondere im Hinblick auf die biblischen Abschnitte, die die Eschatologie zum Thema haben. Eine strenge Anwendung des grammatisch-historischen Ansatzes der Exegese vermöge einen solchen Missbrauch zu vermeiden. Erst nachdem diese Anwendung erfolgt ist, solle „analogy of faith“ in den Fokus rücken. Dieser Ansatz wird von R. L. Thomas anhand von 2 Thess 2,3 beispielhaft zur Anwendung gebracht.


J. A. D. Weima 2006, 67-88 legt dar, dass viele Prediger eine Scheu davor hätten, apokalyptische Texte wie 2 Thess 2,1-17 zu verkündigen. Diese Scheu solle überwunden werden. In 2 Thess 2,1-17 seien zwar viele Punkte diskussionswürdig und offen für verschiedene Deutungen, jedoch sei die entscheidende Absicht des Abschnittes ziemlich klar zu erfassen: Er wolle seine Leser trösten (siehe v. a. V. 13-14). Die Christen seien von Gott erwählt. Diese Botschaft sollten Prediger ihrer Gemeinde klar und deutlich vermitteln.


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V. 4


Beobachtungen: "Ho antikeimenos" kann als substantiviertes Partizip verstanden und mit "der Widersacher" übersetzt werden. Allerdings wird mittels "kai" ein weiteres Partizip angeschlossen: "hyperairomenos" ("sich überhöhend / sich erhebend"), das genau genommen ebenfalls substantiviert übersetzt werden müsste, und zwar "Hochstapler" oder "Rebell". Der Anfang von V. 4 wäre dann mit "der Widersacher und Hochstapler/Rebell" zu übersetzen. Das zweite Partizip kann auch als Relativsatz angeschlossen werden, womit die Übersetzung "der Widersacher, der sich überhöht / sich erhebt" wäre. Diese Übersetzung gibt die Konjunktion "kai" ("und") jedoch nicht präzise wieder. Präziser ist die Übersetzung "der sich widersetzt und sich über ... erhöht".


Die Formulierung "[ho] hyperairomenos epi panta ..." kann auf zweierlei Weise übersetzt werden, und zwar mit "[der] sich über alles erhöht " oder "[der] sich gegen alles erhebt ...". Der "Sohn des Verderbens" widersetzt sich also und überhöht sich über alles oder widersetzt sich und erhebt sich gegen alles.


"Alles" wird genauer definiert: alles, was Gott oder Heiligtum genannt wird / heißt. "Theos" bedeutet "Gott". Es findet sich kein bestimmter Artikel, weshalb sich nicht sagen lässt, welcher Gott gemeint ist. Ein konkreter Bezug auf "den Gott", also den Gott Israels, scheint nicht vorzuliegen. Genau genommen ist auch kein Gott gemeint, sondern etwas, das "Gott" genannt wird. Es handelt sich um eine Bezeichnung für ein Wesen oder einen Gegenstand, das bzw. der als "Gott" bezeichnet und vermutlich als solcher verehrt wird. Der Begriff "sebasma" meint einen Gegenstand der Verehrung und ist am besten mit "Heiligtum" oder "Heiliges" zu übersetzen. Im NT taucht der Begriff ansonsten nur in Apg 17,23 auf, und zwar als Plural. Dort meint er die Heiligtümer der Athener, unter denen sich auch ein Altar befindet. Dieser Altar ist einem "unbekannten Gott" geweiht. Damit meinen die Athener vermutlich einen Gott, den sie bisher noch nicht kennen, der aber ebenfalls verehrenswert sein könnte. Paulus deutet diesen Gott als den Gott Israels, den Gott der Juden und Christen. Aus Apg 17,23 geht also unzweifelhaft hervor, dass ein heidnisches Heiligtum gemeint sein kann, ebenso aber auch ein jüdisches oder christliches. "Sebasma" ist damit weder ein von vornherein positiv noch ein von vornherein negativ zu deutender Begriff. Gleiches dürfte für den Begriff "theos" gelten.

Der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" überhöht sich nicht über "Gott" und über "Heiligtümer" und er erhebt sich auch nicht gegen "Gott" und "Heiligtümer", sondern er erhöht sich über alles, was "Gott" oder "Heiligtum" genannt wird bzw. er erhebt sich gegen alles, was "Gott" oder "Heiligtum" genannt wird. "Genannt wird" ("legomenon") ist hier wohl nicht im Sinne "angeblich" zu verstehen, also nicht so, dass nur heidnische Götter und Heiligtümer gemeint sind, die aus christlicher Sicht gar keine (richtigen) Götter und Heiligtümer sind, sondern nur für solche gehalten werden. Vielmehr dürfte es sich um eine Formulierung handeln, die sich grundsätzlich auf Verehrung bezieht. Somit ist wohl ausgesagt, dass sich der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" über alles erhöht, was verehrt wird bzw. sich gegen alles erhebt, was verehrt wird. Er selbst ist nur "Mensch", aber kein "Gott". Außerdem ist ihm kein Heiligtum geweiht. Aber er reißt ein Heiligtum an sich und gibt sich selbst als Gott aus. Er wird also nicht verehrt, sondern fordert die Verehrung ein.


Aus der Missachtung jeglicher religiöser Verehrung resultiert, dass sich der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" in den Tempel des Gottes setzt und sich selbst als Gott ausgibt. Aber was für ein "Tempel (des) Gottes" ist gemeint? Zunächst einmal ist festzustellen, dass der Tempel zu dem gehört, was als "Heiligtum" bezeichnet wird. Gegenüber diesem Tempel zeigt der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" keine Achtung, sondern er setzt sich in das Tempelinnere (der verwendete Begriff "naos" bezeichnet speziell das Tempelinnere, wogegen der Begriff "hieron" die Gesamtheit des Tempels meinen würde), und zwar genau dorthin, wo in den heidnischen Tempeln das Götterbild stand. So reißt er den Tempel an sich und fordert in ihm Verehrung für sich selbst ein - zum Schaden desjenigen Gottes, dem der Tempel eigentlich geweiht ist. Bei diesem Gott handelt es sich um "den Gott", also um einen bestimmten Gott. Das legt nahe, dass der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess davon ausgeht, dass die Adressaten wissen, welcher Gott gemeint ist. Vermutlich ist der Gott Israels gemeint, der Gott der Christen. Dies legt der spezifisch christliche Inhalt des 2 Thess nahe, ebenso die Tatsache, dass die Adressaten Christen sind. Aber was für ein christlicher Tempel sollte gemeint sein? Ist der Tempel in Jerusalem gemeint, der geschändet wird? Auch wenn dieser Tempel der bekannteste der jüdisch-christlichen Welt ist, so ist er doch eher für die Juden als für die Christen von Bedeutung. Aber was für ein Tempel könnte für die Christen von besonderer Bedeutung sein? Ist überhaupt ein ganz konkreter irdischer Tempel im Blick oder ist nicht das Setzen in "den Tempel (des) Gottes" vielmehr ein Bild für die Anmaßung des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohnes des Verderbens", für sich selbst Verehrung einzufordern und sich als Gott auszugeben? Und es ist auch möglich, dass der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess an die christliche Gemeinde als Tempel Gottes denkt, wobei jeder Christ ein Baustein dessen sein könnte oder auch einen Tempel Gottes für sich selbst bilden (vgl. 1 Kor 6,19, wo auch der Begriff "naos" verwendet wird), in dem Gott wohnt. Dann wäre die Gefahr für die Gemeinde unmittelbar gedacht, denn der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" würde die christliche Gemeinde sozusagen von innen heraus zersetzen. Er würde von den Christen Verehrung einfordern und den Gott Israels verdrängen. Dies kann in den christlichen Gemeinden Spannungen und in den einzelnen Christen Loyalitätskonflikte dem Gott Israels gegenüber verursachen und schließlich zum Abfall vom christlichen Glauben führen. Schlimmstenfalls lösen sich ganze Gemeinden auf. Aber sollte der Verfasser (oder: die Verfasser) der Gemeinde tatsächlich vor Augen stellen, dass ihre Gemeinde mit dem Zerfall rechnen muss? Wenn er dies tut, dann hat er wohl nicht in erster Linie die Gefährdung der Gemeinde in Thessalonich im Blick, denn er lobt ja deren Standhaftigkeit und Glaubenstreue der Adressaten (vgl. 1,4). Aber ganz sicher, dass sie bis zum Ende standhaft und glaubenstreu bleiben, ist er sich nicht (vgl. 1,11-12). Insofern könnte 2,3-4 dazu dienen, den Adressaten einzuschärfen, dass sie in ihrer Standhaftigkeit und Glaubenstreue nicht nachlassen sollen. Und diesbezüglich bittet er ja Gott um Beistand (vgl. 1,11-12).

Bei der Deutung kann abermals der Blick in das AT helfen. So findet sich in Dan 11,36-37LXX eine inhaltliche und sprachliche Parallele. Dort geht es um den König Antiochus IV., dass er nach seinem Gutdünken handeln und sich überheben und die Götter geringachten wird, auch die Götter seiner Vorfahren. Gegen den "Gott der Götter" wird er unerhörte Reden schwingen. Nur den "Gott der Burgen" wird er verehren. Angesichts dieses Verhaltens hat Antiochus IV. gemäß Dan 11,40-45LXX den Untergang zu erwarten. Zusätzlich zu dieser Prophezeiung ist in Dan 9,26-27LXX auch von der Zerstörung der Stadt (Jerusalem) samt dem Tempel und von dem Ende des Opferkultes die Rede. All dieses Geschehen läutet die Endzeit ein: Mit dem Untergang Antiochus' IV. wird sich die Not Israels zu einer Heilszeit wandeln. Die Aussagen des Danielbuches beruhen auf historischen Begebenheiten: Tatsächlich hat Antiochus IV. sich selbst überhöht, wie schon sein Beiname "Epiphanes" (griech.: der Erschienene [Gott]) erkennen lässt. 169 v. Chr. hat er den Jerusalemer Tempel geplündert und das Allerheiligste betreten - aus Sicht der Juden ein unerhörtes Sakrileg. Außerdem hat er den JHWH-Kult verboten und 167 v. Chr. aus dem JHWH-Tempel einen Zeus-Tempel gemacht. Infolge dieser Geschehnisse kam es zum Aufstand der Juden, zum Makkabäer-Aufstand. Nach dem Tod des Antiochus IV. im Jahr 164 v. Chr. eroberte Judas Makkabäus Jerusalem zurück und weihte den geschändeten Tempel feierlich wieder ein.

Auf dem Hintergrund dieser historischen Ereignisse und der genannten Prophezeiungen des Danielbuches gelesen, ergibt sich bezüglich 2 Thess 2,4 folgende Auslegung: Der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" überhöht sich selbst. Er schätzt nicht nur den Gott der Juden und Christen gering, sondern auch die Götter der Heiden. Ebenso schätzt er nicht nur den jüdischen und christlichen Kult gering, sondern auch die heidnischen Kulte. Er schändet den Jerusalemer Tempel, jedoch ist diese Schändung nicht nur für das Judentum eine Bedrohung, sondern auch für das Christentum. Die endzeitlichen Ereignisse werden auf die christliche Gemeinschaft, die ebenfalls einen Tempel darstellt, hin gedeutet. Der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" bedroht mit seiner Selbstüberhöhung und seiner Gegnerschaft dem christlichen Glauben und Gottesdienst gegenüber auch die christlichen Gemeinschaften. Die Adressaten des 2 Thess sind bisher standhaft und glaubenstreu. Allerdings ist erforderlich, dass sie - mit Gottes Hilfe - über die endzeitlichen Ereignisse hinweg bis zum "Tag des Herrn" standhaft und glaubenstreu bleiben. Die christliche Gemeinschaft muss - wie auch jeder einzelne Christ - bis zum "Kommen des Herrn" ein Tempel des Gottes Israels bleiben und darf sich nicht von dem "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" vereinnahmen lassen. Wenn die Adressaten standhaft und glaubenstreu bleiben, haben sie mit dem "Kommen des Herrn" "Ruhe" und Verherrlichung zu erwarten (vgl. 2 Thess 1,7.12).


Einige Textzeugen fügen "wie Gott" ("hôs theon") vor oder nach "sich setzt" ("kathisai") ein. Diese beiden Lesarten sind aber schlechter bezeugt als die Auslassung und lassen sich als verdeutlichende Hinzufügung erklären: Der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" setzt sich wie Gott - und eben nicht wie ein Mensch oder Engel oder anderes Wesen - in den Tempel (des) Gottes und gibt sich als Gott aus.


Weiterführende Literatur: I. Jones 2000, 235-255 untermauert die von W. Horbury 1998 vorgebrachte Annahme, dass die Texte Jes 9,5(6); 66,7; PsSal 17; 4 Esr 13 in Verbindung mit der traditionellen Exegese von Jes 11,4 die Passagen 2 Thess 1,7-8 und 2 Thess 2 beeinflusst hätten.


H. K. LaRondelle 1989, 345-354 sieht in 2 Thess 2 eine fortwährende Wirkmacht der apokalyptischen Prophezeiungen des atl. Buches Daniel. Zu V. 4: Paulus übertrage die Selbstüberhöhung der Könige von Tyrus und Babylon (Ez 28,2; Jes 14,13-14; vgl. die Selbstüberhöhung des Antiochus’ IV. Epiphanes gemäß Dan 11,36) typologisch auf den eschatologischen Antichrist (2 Thess 2,4). Dieser werde schließlich nach dem Vorbild Jes 11,4 durch das glanzvolle Erscheinen des königlichen Messias vernichtet. Zu den prophetischen Grundzügen von 2 Thess 2 siehe auch H. K. LaRondelle 1983, 61-69.


Laut M. Karrer 2003, 171-188 habe die Caligula-Erfahrung zu einem Schub apokalyptischer Entwicklung mit verschiedenen Strängen zur synoptischen Apokalypse (Mk 13) und dem Zweiten Thessalonicherbrief im frühen Christentum geführt. Dessen Autor beschäftige dabei eine notwendige Verzögerung des Endes. Im Widerspruch gegen eine forcierte Nah- oder Gegenwartserwartung integriere er die Impulse der Caligula-Erinnerung mit Traditionen der Schriften Israels (besonders Ez 28,2-10LXX und Dan 11,36-37[LXX/Θ]) und forme in 2,3-4 die eigentümliche Erwartung eines Widersachers Gottes, der sich über alles erhebt und als Gott selbst zu beweisen sucht.


Gemäß G. H. van Kooten 2005, 177-215 hätten das 5. Buch des Sibyllinischen Orakels (Sib 5) und der Zweite Thessalonicherbrief Ähnlichkeit. Beide verstünden Nero Rediturus als eine historische Persönlichkeit, deren Rückkehr aus dem Osten sie erwarteten. Auch wenn die ägyptischen Autoren von Sib 5 in erster Linie an Ägypten interessiert seien und mit der Rückkehr Neros nach Ägypten rechneten, hätten sie doch auch ein Auge auf den Folgen seiner Rückkehr für die restliche Welt. Lese man 2 Thess mit Blick auf Sib 5 und die griechisch-römischen Berichte über Nero neu, dann scheine in der christlichen Gemeinschaft von Thessalonich angesichts der erwarteten Rückkehr Neros über Makedonien in den Westen die Überzeugung aufgekommen zu sein, dass das Weltende begonnen hat. Der Autor des 2 Thess biete jedoch eine andere Sicht der Dinge: Er nehme - zumindest für die unmittelbar bevorstehende Zukunft – an, dass Galba Nero von der Rückkehr aus seiner östlichen Residenz in Jerusalem, auf die er sich gerade nach allgemeiner Auffassung hinbewege, abhalte. Die Nero prophezeite Königsherrschaft über Jerusalem (vgl. Suetons Kaiserbiographien, Nero 40,2) bilde den Hintergrund von V. 3-4.


Mit der Wirkungsgeschichte von 2 Thess 2,1-10a befasst sich W. Trilling 1980, 251-271. Er beginnt mit einigen hermeneutischen und auslegungsgeschichtlichen Beobachtungen, wendet sich dann der Anschauung vom Papstantichrist bei Martin Luther zu und schließt einige aktuelle Überlegungen an. Laut Martin Luther sei der Antichrist nicht der End- und Erzfeind Gottes und der Kirche Christi, der sich als säkularer Weltherrscher erhebt, sondern er habe sich bereits in der Kirche eingenistet und treibe dort sein verderbliches Wesen. Diese kirchenkritische Aussage habe ihre Vorläufer und auch ihre folgenreiche Nachgeschichte.


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V. 5


Beobachtungen: Nachdem der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess in V. 3-4 auf den "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" eingegangen ist und man sich fragt, was dieser denn sonst noch so machen oder was Gott für eine Reaktion zeigen wird, bricht er den Satz abrupt ab und geht plötzlich auf den (Paulus zugeschriebenen) Erstaufenthalt in Thessalonich ein. Hat der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess den Faden verloren? Wahrscheinlicher ist, dass wir es mit einem rhetorischen Kunstgriff, einem Anakoluth, zu tun haben. Beim Anakoluth (an-akolouthon = nicht folgerichtig) wird eine begonnene Satzkonstruktion nicht richtig fortgesetzt, weil die Gedanken mitten im Satz eine andere Richtung nehmen. Es findet sich also ein Bruch im Satz, der aber keinen grammatischen Fehler darstellt, sondern überraschen soll. Dass der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess im Verlauf der folgenden Verse nicht völlig vergessen hat, wie er den in V. 3 begonnenen Gedankengang weiterführen wollte, geht aus V. 7 und V. 8 hervor, wo er den Faden wieder aufnimmt.


Erstmals benutzt der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess die Ich-Form. Können wir daraus schließen, dass Paulus (oder: "Paulus") der eigentliche Verfasser des 2 Thess ist und Silvanus und Timotheus in 1,1 nur deswegen als Mitverfasser genannt werden, damit der Brief nicht als reiner Privatbrief des Paulus (oder: "Paulus") erscheint? Oder benutzt er die Ich-Form, um deutlich zu machen, dass nur er selbst bei seinem damaligen Aufenthalt in Thessalonich den Adressaten die Information bezüglich des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und des "Sohnes des Verderbens" gegeben hat, nicht aber Silvanus und Timotheus? Selbst wenn letztere Möglichkeit der Fall sein sollte, wäre die Nennung des Namens „Paulus“ zu erwarten, die verdeutlichen würde, dass an dieser Stelle Paulus die Feder führt. Dass eine solche Verdeutlichung fehlt, lässt annehmen, dass der gesamte 2 Thess in erster Linie von Paulus (oder: „Paulus“) verfasst wurde. Und der Verfasser scheint davon auszugehen, dass den Adressaten dies klar ist.


Es ist fraglich, ob 2 Thess tatsächlich von Paulus stammt. Sollte das der Fall sein, dann weist Paulus wohl deshalb auf seinen früheren Aufenthalt in Thessalonich hin, um zu verdeutlichen, dass er in V. 3-4 nichts Neues sagt, sondern nur längst bekanntes Wissen in Erinnerung bringt. Der energische Ton wäre darauf zurückzuführen, dass Paulus die Adressaten allzu sehr der Naherwartung der Wiederkunft Christi verhaftet sieht (vgl. V. 1-2). Allerdings, so kann man hier Paulus entgegenhalten, hat er mit dem 1 Thess (v. a. 4,13-17) die Naherwartung selbst befördert. Es wäre von Paulus zu erwarten, dass er seine Aussagen, die er in 1 Thess 4,13-17 gemacht hat, zurücknimmt oder zumindest relativiert. Dies würde voraussetzen, dass er sich dazu bekennt, dass er den 1 Thess selbst verfasst hat. All dies geschieht jedoch nicht. Stattdessen tut Paulus so, als wäre er selbst nie von der unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Christi ausgegangen und hätte die Aussagen in 1 Thess 4,13-17 nicht selbst getätigt (vgl. 2 Thess 2,2). Mehr noch: Mit solch einer Geringschätzung von 1 Thess 4,13-17 ist auch eine Geringschätzung des gesamten 1 Thess verbunden, denn Paulus differenziert ja nicht zwischen den darin enthaltenen Aussagen zur Wiederkunft Christi und den anderen theologischen Aussagen. Sollte Paulus tatsächlich seinen eigenen Brief samt allen theologischen Aussagen für ungültig erklären? Das ist unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass nicht Paulus den 2 Thess verfasst hat, sondern ein anderer Verfasser ("Paulus"; oder: andere Verfasser). 2 Thess wäre also als Kritik an der Naherwartung des frühen Paulus, wie sie im 1 Thess zum Ausdruck kommt, zu verstehen. Und 2 Thess 2,5 würde sich nur vorgeblich auf einen Aufenthalt des Paulus in Thessalonich beziehen, um zu verdeutlichen, dass er in V. 3-4 nichts Neues sagt, sondern nur längst bekanntes Wissen in Erinnerung bringt. Tatsächlich hätte der Bezug auf den früheren Aufenthalt des Paulus in Thessalonich aber die Funktion, den 2 Thess noch authentischer erscheinen und keinen Zweifel an der Verfasserschaft des Paulus aufkommen zu lassen. Allerdings wäre dann die Frage zu stellen, wie sich die Adressaten erinnern sollen, wenn Paulus bei dem früheren Aufenthalt in Thessalonich gar nicht im Sinne des Verfassers (oder: der Verfasser) des 2 Thess gedacht und geredet hat, sondern von der unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Christi ausgegangen ist. Entweder hat Paulus bei dem früheren Aufenthalt in Thessalonich anders gedacht und geredet als er dies in 1 Thess tut oder - und das ist wahrscheinlicher - der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess ist davon ausgegangen, dass der 2 Thess über Thessalonich hinaus Verbreitung finden würde. Der 2 Thess wäre dann nur dem Schein nach direkt an die Thessalonicher gerichtet (vgl. 1,1); in Wirklichkeit aber ein Schreiben, das an andere christliche Gemeinden gleichermaßen gerichtet ist. "Thessalonich" als Verfasserangabe wäre mit Blick auf den kritisierten 1 Thess gewählt, womit dieser sozusagen ersetzt wird. Die Christen in Thessalonich mögen angesichts der widersprüchlichen Aussagen zur Wiederkunft Christi in 1 Thess und 2 Thess diskutiert haben, was denn Paulus bei seinem Aufenthalt in Thessalonich tatsächlich gesagt hatte, in anderen Gemeinden konnte der Verfasser (oder: die Verfasser) dagegen hoffen, dass seine Worte ohne größere Diskussion auf fruchtbaren Boden fallen würden. Weil aber natürlich auch ein Verharren bei der Naherwartung nicht auszuschließen war, hat er mit einem energischen Tonfall seinen Worten Nachdruck verliehen.


Weiterführende Literatur:


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V. 6


Beobachtungen: Wie ist die Formulierung "kai nun" zu verstehen? "Nun" bezeichnet gewöhnlich eine Folgerung. "Kai nun" ist demnach mit "und nun" oder "und jetzt" zu übersetzen, womit V. 6 aussagt, dass die Adressaten aufgrund der vorhergehenden Information bezüglich des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und des "Sohnes des Verderbens" wissen, was zurückhält. Aber warum betont Paulus (oder: "Paulus") das "nun/jetzt", wo er die Adressaten doch unmittelbar zuvor daran erinnert hat, dass er sie darüber schon informiert hat, als er noch bei ihnen in Thessalonich war? Eigentlich müsste die Folgerung aus V. 5 lauten: "Seit damals müsstet ihr eigentlich wissen, dass...". Diese Ungereimtheit legt nahe, dass "kai nun" keine Folgerung aus V. 5 darstellt. Es kann sich höchstens um eine Folgerung aus V. 3-4 handeln, wobei dann die Erinnerung an die schon damals in Thessalonich erfolgte Information deplatziert wäre. Diese Beobachtungen legen nahe, dass "kai nun" nicht in erster Linie als Folgerung aus der Information bezüglich des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und des "Sohnes des Verderbens" zu verstehen ist. Vielmehr dürfte "kai nun" zeitlich gemeint sein, "kai nun" ("und nun/jetzt") Gegenwärtigkeit aussagen. Aber in welchem Sinne? Das Wissen ist zwar gegenwärtig, aber den Thessalonichern schon beim Aufenthalt des Paulus (oder: "Paulus") in Thessalonich vermittelt worden. Insofern müsste es unmittelbar nach V. 5 eigentlich heißen: "Schon damals kanntet ihr das Aufhaltende...". Folglich kann nicht unterstrichen sein, dass die Adressaten in der Gegenwart Wissen erlangt haben. Wird vielleicht unterstrichen, dass "das Aufhaltende" in der Gegenwart wirkt? Zu lesen wäre dann "das jetzt / in der Gegenwart Aufhaltende" (oder: was jetzt / in der Gegenwart aufhält). Bei einem solchen Bezug wäre allerdings die Wortstellung "kai to nun katechon oidate" (wörtlich: "und das jetzt / in der Gegenwart Aufhaltende kennt ihr") statt "kai nun to katechon oidate" (wörtlich: "und jetzt kennt ihr das Aufhaltende") zu erwarten. Insofern wird wohl nicht unterstrichen, dass das "Aufhaltende" in der Gegenwart wirkt. Als letzte Möglichkeit kommt ein Bezug auf die Anwendung des Wissens infrage. Das Wissen haben die Adressaten schon seit dem Aufenthalt des Paulus (oder: "Paulus") in Thessalonich. In der Gegenwart bringt Paulus (oder: "Paulus") ihnen das Wissen wieder in Erinnerung. Und in der Gegenwart gilt es, das Wissen anzuwenden. Doch welches Wissen ist gemeint? Liest man V. 6 nicht im Sinne einer Folgerung aus V. 3-4, dann kann auch nicht die Kenntnis des "Aufhaltenden" ohne Weiteres auf das Wissen über den "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" bezogen werden. Die Kenntnis des "Aufhaltenden" kann eine eigenständige Kenntnis sein. Dass mit V. 6 ein Neuansatz erfolgt, der nun die Anwendung des Wissens fordert und möglicherweise eine neue Kenntnis anspricht, bringt die Übersetzung "Und nun - ihr kennt das Aufhaltende" zum Ausdruck. Diese Übersetzung lässt auch anklingen, dass das "Aufhaltende" gegenwärtig wirksam ist, betont dies jedoch nicht.


V. 6 spricht vom "Aufhaltenden" (oder: "Niederhaltenden"). Doch worum handelt es sich dabei? Es heißt, dass die Adressaten "das Aufhaltende" kennen. Insofern ist bei der Beantwortung der Frage zunächst zu überlegen, woher sie es kennen. Es ist an zwei Möglichkeiten zu denken: Entweder hat Paulus (oder: "Paulus") die Adressaten im 2 Thess in Kenntnis gesetzt oder die Adressaten haben von anderswo her ihr Wissen. Aus V. 5 geht hervor, dass Paulus (oder: "Paulus") den Adressaten bei einem früheren Aufenthalt in Thessalonich wichtige Informationen hat zuteil werden lassen. Insofern legt sich nahe, dass die Adressaten ihre Kenntnis bei diesem früheren Aufenthalt erhalten haben. Sofern tatsächlich Paulus den 2 Thess verfasst hat, hätten wir davon auszugehen, dass Paulus die Thessalonicher Christen bei seinem Aufenthalt über "das Aufhaltende" informiert hat, wir aber heute über diese Informationen nichts wissen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass nicht Paulus selbst der Verfasser des 2 Thess ist, sondern eine andere Person, die sich als "Paulus" bezeichnet. Dann würde sich die Frage stellen, ob sie selbst bei einem Aufenthalt in Thessalonich die Adressaten informiert hat, oder ob sie den Aufenthalt des Paulus in Thessalonich im Blick hat. Falls Letzteres der Fall ist: Woher weiß diese Person, was Paulus den Adressaten in Thessalonich mitgeteilt hat? Und angesichts der Tatsache, dass der 2 Thess vermutlich nur vorgeblich an die Thessalonicher Christen gerichtet ist, in Wirklichkeit aber ein eher allgemeines Schreiben auch an andere Gemeinden ist: Woher sollen die Christen dieser anderen Gemeinden wissen, was Paulus oder "Paulus" den Christen in Thessalonich bei seinem Aufenthalt über den "Aufhaltenden" an Informationen gegeben hat? Angesichts der Tatsache, dass V. 5 wohl die Aufgabe hat, einen nicht von Paulus stammenden Brief als einen von Paulus stammenden Brief erscheinen zu lassen und ihm so entsprechendes Gewicht zu geben, haben wir auch bei der angeblichen Kenntnis der Adressaten im Hinblick auf "das Aufhaltende" davon auszugehen, dass die Echtheit des 2 Thess beglaubigt werden soll. Es wird seitens des Verfassers (oder: der Verfasser) des 2 Thess der Eindruck vermittelt, Paulus selbst habe die Adressaten über "das Aufhaltende" in Kenntnis gesetzt. Tatsächlich wird das aber nicht der Fall gewesen sein. Das spielt aber letztendlich keine Rolle, weil die Christen der anderen Gemeinden, die den 2 Thess zu Gesicht bzw. zu Gehör bekommen, das schwerlich nachprüfen können und sich wohl auf die Aussage verlassen. Nun ist aber kaum anzunehmen, dass der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess diejenigen Christen, die nicht in Thessalonich leben, aber dennoch die Inhalte des 2 Thess verinnerlichen sollen, bezüglich "des Aufhaltenden" im Unklaren lässt. Das würde völlig der Verfahrensweise in den V. 3-5 widersprechen, wo der Verfasser (oder: die Verfasser) über den "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" informiert, obwohl er bzw. Paulus dies ja (angeblich) schon bei seinem früheren Aufenthalt in Thessalonich getan hat. Die Vorgehensweise der V. 3-5 legt für den V. 6 nahe, dass auch über "den Aufhaltenden" informiert wird, obwohl dies (angeblich) zuvor schon bei dem Aufenthalt in Thessalonich - oder zu einem anderen Zeitpunkt - geschehen ist. Die Information hätten wir im 2 Thess zu suchen. Und da in V. 1-2 betont wird, dass der Tag des "Herrn" - entgegen irreführenden Verlautbarungen, die nicht von Paulus bzw. "Paulus" kommen - noch nicht da ist, und in V. 3-4 geschildert wird, was noch vor dem "Tag des Herrn" geschieht, müsste "das Aufhaltende" in V. 3-4 gesucht werden. Dann wäre entweder der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" oder das geschilderte Geschehen "das Aufhaltende". Nun ist aber gar nicht sicher, dass der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess meint, dass die Adressaten ihre Kenntnis von einem früheren Besuch des Paulus bzw. "Paulus" haben. Versteht man "und nun" im Sinne einer Zäsur, dann ist V. 6 nicht im engen Zusammenhang mit V. 5 zu lesen. Dann haben die Adressaten ihre Kenntnis anderswoher. Da vorausgesetzt ist, dass alle Adressaten "das Aufhaltende" kennen, muss es sich um jemanden oder etwas handeln, der bzw. das allen bekannt ist. Und da vermutlich der 2 Thess nur vorgeblich an die Thessalonicher gerichtet ist, tatsächlich jedoch auch an andere Gemeinden, ist die Kenntnis wohl nicht nur auf die Thessalonicher Christen bezogen, sondern auch auf die Christen anderer Städte. Aber wer oder was ist dermaßen bekannt, dass ihn oder es alle Thessalonicher Christen und darüber hinaus auch Christen anderer Gemeinden kennen? Allseits bekannt ist auf jeden Fall Paulus bzw. "Paulus", denn der ist ja laut 1,1 Verfasser des Briefes und Paulus ist zudem auch ein bekannter Missionar. Er ist also mindestens dem Namen nach bekannt, darüber hinaus wohl auch als Persönlichkeit, sei es aus direkten zwischenmenschlichen Begegnungen oder vom Hörensagen. In 1,1 werden auch Silvanus und Timotheus als Mitverfasser des 2 Thess genannt. Auch sie sind somit mindestens namentlich allen, die den 2 Thess lesen oder zu Gehör bekommen, bekannt. Da wir davon auszugehen haben, dass sie in der Mission keine ganz so große Rolle wie Paulus spielen, ist allerdings unklar, wie bekannt sie als Persönlichkeiten sind. Allgemein bekannt ist ganz sicher auch der Römische Kaiser, ebenso das Römische Reich. Auch der Statthalter der Provinz Makedonien (Macedonia) dürfte mindestens den Christen in Thessalonich bekannt sein, zumindest dem Namen nach. Die Christen anderer Städte dürften ebenfalls den Statthalter ihrer Provinz kennen, ebenfalls mindestens dem Namen nach. Allgemein bekannt ist auf jeden Fall auch Gott, nämlich der Gott Israels, außerdem Jesus Christus. Jesus Christus dürfte aber nicht "das Aufhaltende" sein, denn er selbst - konkret: sein Kommen - wird ja aufgehalten.

Bei der Klärung der Frage, um wen oder was es sich bei "dem Aufhaltenden" handelt, ist nicht nur zu überlegen, woher die Adressaten ihre Kenntnis bezüglich "des Aufhaltenden" haben, sondern auch, worauf sich "das Aufhaltende" beziehen kann. "To katechon" ist ein Neutrum. In den V. 3-4 wird von einem Geschehen gesprochen, das sich abspielen muss, bevor der "Herr" wiederkehrt. Akteur dieses Geschehens ist der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens". Ist dieser "das Aufhaltende"? Dagegen spricht, dass die Substantive "anthrôpos" ("Mensch") und "hyios" ("Sohn") maskulin sind. Der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" könnte "der Aufhaltende" sein, aber nicht "das Aufhaltende". "Das Aufhaltende" weist eher auf eine Macht oder auf Geschehnisse hin, wie sie in V. 3-4 geschildert werden. Da der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess diese ja (angeblich) schon in Thessalonich geschildert hat, kann er bei den Adressaten auch Kenntnis bezüglich "des Aufhaltenden" voraussetzen. Wenn vorausgesetzt ist, dass "das Aufhaltende" allgemein bekannt ist, auch ohne vorherige Informationen seitens des Paulus bzw. "Paulus", sei es bei einem Aufenthalt in Thessalonich, im 2 Thess oder auf andere Weise, dann wäre in erster Linie an einen Bezug auf Paulus, vielleicht auch Silvanus und Timotheus, dann an einen Bezug auf den Römischen Kaiser oder das Römische Reich, vielleicht auch auf den Statthalter der Provinz Makedonien (Macedonia) oder auch einer anderen Provinz, und schließlich auch an einen Bezug auf Gott zu denken. Da sich das Neutrum "to katechon" wohl nicht auf Menschen bezieht, fallen Paulus, Silvanus, Timotheus, der Römische Kaiser und Statthalter als mögliche Bezüge weg. Auch "ho theos" ("der Gott") ist maskulin, weshalb auch ein Bezug auf Gott, den Gott Israels, nicht infrage kommt. Bleibt nur das Römische Reich. Diese Beobachtungen bezüglich des Geschlechtes schließen aber nicht grundsätzlich einen Bezug auf einen oder mehrere Menschen oder auf Gott aus. Allerdings ist nur dann ein Bezug möglich, wenn ein Mensch oder Gott - zwar kein Mensch, aber maskulin - entpersonifiziert als Macht gedacht ist, die wirkt. Es wäre eine Sprache, die das Gemeinte nicht konkret benennt, sondern vage ausdrückt und so verdeutlicht, dass die Weltgeschehnisse auf ein von Menschen nicht voll und ganz zu erfassendes Wirken von Mächten zurückgehen. Dabei kann Paulus gleichermaßen als Wirkkraft erscheinen wie Silvanus oder Timotheus, der Römische Kaiser, ein Statthalter oder auch Gott.


Auf wen oder was bezieht sich das Personalpronomen "auton" ("er")? Das nächstmögliche Bezugswort ist "to katechon" ("das Aufhaltende"), allerdings ist das Personalpronomen "auton" ein Maskulinum, "to katechon" dagegen ein Neutrum. Diese Verschiedenheit bezüglich des Geschlechtes lässt an ein anderes Bezugswort denken. Maskulin sind die beiden Substantive "anthrôpos" ("Mensch") und "hyios" ("Sohn"), weshalb ein Bezug auf den "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" vorliegen kann. Es wäre der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens", der offenbart wird. Zur Übereinstimmung des Geschlechtes zwischen Personalpronomen und Bezugswort bzw. Bezugswörtern kommt als Übereinstimmung die Rede vom Offenbartwerden hinzu, was ebenfalls für diesen Bezug spricht. Allerdings kommt als dritte Möglichkeit auch ein Bezug auf den "Herrn" Jesus Christus infrage, denn der Titel "kyrios" ("Herr") ist maskulin. Der "Herr" wurde allerdings das letzte Mal in 2,2 erwähnt, also im Abstand von vier Versen zum Personalpronomen "auton". Dieser vergleichsweise große Abstand mag dadurch ausgeglichen werden, dass es ja die Wiederkunft des "Herrn" ist, der das Hauptaugenmerk im 2 Thess zukommt, aber ist diese tatsächlich als "Offenbartwerden" des "Herrn" gedacht?


Die Verwirrung in V. 6 wird dadurch vervollständigt, dass das Reflexivpronomen "eautou" ("seine" im Sinne von "seine eigene") sowohl ein Maskulinum als auch ein Neutrum sein kann. Daher kommt ein Bezug nicht nur auf "anthrôpos tês anomias" ("Mensch der Gesetzlosigkeit") und "hyios tês apôleias" ("Sohn des Verderbens") sowie auf "kyrios" ("Herr") infrage, sondern auch auf "to katechon" ("das Aufhaltende"). "Zu seiner Zeit" kann also "zur Zeit des Menschen der Gesetzlosigkeit", "zur Zeit des Sohnes des Verderbens", "zur Zeit des Aufhaltenden" und "zur Zeit des Herrn Jesus Christus" meinen. Da sich das Reflexivpronomen "eautou" auch auf das Personalpronomen "auton" bezieht, das sich wiederum entweder auf "anthrôpos tês anomias" ("Mensch der Gesetzlosigkeit") und "hyios tês apôleias" ("Sohn des Verderbens") oder auf "kyrios" ("Herr"), aber wohl nicht auf "to katechon" ("das Aufhaltende") bezieht, fällt wohl "to katechon" als Bezugswort weg. Es ist also wohl nicht "zur Zeit des Aufhaltenden" gemeint.

Eine Textvariante bietet "autou" ("seine") statt "eautou" ("seine" im Sinne von "seine eigene"), womit nicht mehr unbedingt ein Bezug auf "auton" ("er") vorliegt. Somit kommt bei der Textvariante auch ein Bezug auf "to katechon" ("das Aufhaltende") infrage und es kann folglich auch "zur Zeit des Aufhaltenden" gemeint sein. Dieser Unterschied ist jedoch nicht überzubewerten, weil im Koine-Griechischen "autou" oftmals im Sinne von "eautou" gebraucht wird und somit auch in der Textvariante von 2 Thess 2,6 die Bedeutung "seine" im Sinne von "seine eigene" vorliegen kann.


Der Satz "damit er [erst] zu seiner Zeit offenbart wird" benennt den Zweck. Es ist jedoch nicht der Zweck des Kennens, sondern der Zweck des "Aufhaltenden" - will sagen: Es ist nicht gemeint, dass die Adressaten das "Aufhaltende" kennen, damit "er" erst zu seiner Zeit offenbart wird, sondern es ist gemeint, dass das "Aufhaltende" den Zweck hat, dass "er" nicht verfrüht, sondern zu seiner Zeit offenbart wird.

Dabei lässt das Passiv "offenbart wird" offen, wer handelt. Möglicherweise haben wir es mit einem passivum divinum zu tun, das ausdrückt, das Gott der Handelnde ist.


"Kairos" ist ein Begriff für die "Zeit". Dabei ist jedoch nicht ein beliebiger Zeitpunkt oder ein Zeitverlauf im Blick, sondern die "rechte Zeit". Es ist also ein Zeitpunkt oder eine Zeitspanne gemeint, der bzw. die für ein Geschehen oder eine Handlung geeignet ist. Der Zeitpunkt oder die Zeitspanne kann auch derjenige bzw. diejenige sein, in dem bzw. in der sich ein von Gott vorgesehenes Ereignis abspielt.


Weiterführende Literatur: Die leitende Frage von F. W. Röcker 2009 ist: Wo liegen die traditionsgeschichtlichen Wurzeln der eschatologischen Vorstellungen der beiden Abschnitte 1 Thess 4,13-5,11 und 2 Thess 2,1-12? Mindestens ein Zweifaches kann als Ergebnis gezeigt werden: Zum einen sei es überaus wahrscheinlich, dass die synoptische Apokalypse in ihrer matthäischen Überlieferung und die in 2 Thess 2,1-12 vorliegenden eschatologischen Ausführungen auf eine gemeinsame Tradition/Quelle zurückgeführt werden können. Zum andern habe sich aufgrund der untersuchten jüdischen Belege v. a. aus Qumran und dem Rabbinat wahrscheinlich machen lassen, dass mit dem maskulinen Partizip „der Aufhaltende“ in 2 Thess 2,6-7 Gott und gleichzeitig der Verkündiger des Evangeliums gemeint sein dürfte. Das neutrische Partizip habe sich über die ebenfalls aus dem jüdisch-rabbinischen Schriftencorpus bekannte Verbindung von der fehlenden Buße als Faktor für die Verzögerung des Endes auf die Verkündigung des Evangeliums als Ruf zur Umkehr zu Gott beziehen lassen. Gleichzeitig habe sich jedoch nahegelegt, auch die von Gott festgesetzte Zeit des Endes für die Interpretation des Neutrums „das Aufhaltende“ heranzuziehen.

Auch C. Kenfack 2004, 57-69 geht davon aus, dass gemeint sei, dass erst noch weltweit die Verkündigung des Evangeliums erfolgen müsse, bevor der „Mensch der Gesetzlosigkeit“ offenbart wird. Sie sei also „das Aufhaltende“. „Der Aufhaltende“ könne Gott sein oder - was wahrscheinlicher sei - jemand, durch den Gott im Sinne eines Werkzeuges handelt. Zu denken sei an einen Engel, und zwar an den in Offb 20,1 erwähnten.


P. Metzger 2005 geht davon aus, dass sich „katechon“ („Aufhaltendes“) und „katechôn“ („Aufhaltender“) zueinander verhalten wie Macht und Repräsentant der Macht. Das „katechon“ sei ein gegenwärtiger Faktor der Weltgeschichte. Es sei menschlich und dämonisch zugleich. Es sei eine negative Macht, die letztlich die Wiederkunft des Messias aufhält und die Gemeinde in der Gegenwart nicht beschützt. Es sei ein Faktor in Gottes Heilsplan, dem von Gott seine Frist gesetzt wird. All dies treffe auf das Römische Reich zu, das somit vermutlich das „katechon“ sei. Der Repräsentant des Römischen Reiches sei der Kaiser, der somit vermutlich der „katechôn“ sei.

Laut P. S. Dixon 1990, 445-449 sei „das Aufhaltende“ unter moralischen Gesichtspunkten entweder als gut oder als böse zu bewerten. Meist werde angenommen, dass „das Aufhaltende“ moralisch gut sei, womit man es entweder mit dem heiligen Geist, der Kirche, mit Paulus, mit der Verkündigung des Evangeliums, mit Elija, einem Engel, dem Römischen Reich, dem jüdischen Staat oder der Vorsehung Gottes identifiziere. In den letzten Jahren sei diese Grundannahme jedoch ernsthaft infrage gestellt worden. So kommt auch P. S. Dixon zu dem Ergebnis, dass „das Aufhaltende“ moralisch böse sei. Vier exegetische Erwägungen führen ihn zu diesem Ergebnis: Erstens lege sich dieser Schluss nahe, wenn man V. 6-7 von V. 4 her liest, womit „das Aufhaltende“ ebenso dem moralisch Bösen angehöre wie „der Sohn des Verderbens, der sich widersetzt“. Zweitens werde eingeschärft, dass der Tag des Herrn noch nicht gekommen ist, weil erst der Abfall erfolgen und der „Mensch der Gesetzlosigkeit“ offenbart werden müsse. Drittens sei im NT in mindestens zwölf Fällen das Öbjekt des Verbs „katechein“, das „aufhalten“ oder „unterdrücken“ bedeute, positiv (das Wort Gottes, die Überlieferungen des Paulus, das Bekenntnis des Glaubens, die Lehre, die Wahrheit usw.). Viertens könne „das Aufhaltende“ mit Blick auf V. 7-8 als das bereits wirksame Geheimnis der Gesetzlosigkeit gedeutet werden.

G. Wenz 2014, 319-354 erwägt, dass die Rede vom „katechon/katechôn“ nicht nur in bestimmter Weise auf Unbestimmtheit, sondern eindeutig auf Uneindeutigkeit und Zweideutigkeit ausgelegt sei. Die sogenannte Parusieverzögerung entspreche dem Willen Gottes und die hemmende Macht sei keine widergöttliche, sondern eine relativ positive Größe, deren befristete Wirksamkeit ihren eigentümlichen Vorzug darstelle.


G. Fornari 2010, 53-85 vertritt die These, dass es sich bei dem Aufhaltenden um die Gemeinschaft der Christen handele, um die Kirche, in ihren weltumspannenden Handlungen. Es sei nicht die triumphierende Kirche im Blick, sondern der „Rest“, der Zeugnis ablegt und geistlich kämpft. Dies sei unter den beiden totalitären Regimes unter Stalin und Hitler geschehen und geschehe weiterhin unter totalitären Regimes.


G. Krodel 1990, 440-446 erwägt, dass der Verfasser des 2 Thess das Verb „katechein“ deshalb verwende, weil lokale Amtsträger im Römischen Reich es in Verbindung mit ihrem Vorgehen gegen Christen in ihrer Stadt gebraucht hätten. Aus Sicht der örtlichen städtischen Autoritäten, gleich ob religiös oder politisch, habe die Notwendigkeit bestanden, Christen zurückzuhalten oder gar zu unterdrücken. Diese beiden Tätigkeiten seien mit dem Verb „katechein“ ausgedrückt worden.


C. H. Giblin 1990, 459-469 greift seine frühere These auf, dass es sich bei dem „Aufhaltenden“ (katechon/katechôn) in 2 Thess 2,5-7 um eine Anspielung auf einen pseudo-charismatischen Geist (von ekstatischem Charakter) handele, der die Thessalonicher ergriffen hat oder besitzt. C. H. Giblin setzt sich mit Kritik auseinander und legt dar, dass er zu der Erkenntnis gekommen sei, dass der 2 Thess nicht von Paulus selbst diktiert worden ist, sondern es sich um ein pseudepigraphisches Schreiben handelt. Von dieser Erkenntnis aus liest er 2 Thess 2 neu.


J. Coppens 1980, 345-347 vertritt die These, dass sich die in V. 6 erwähnte Offenbarung auf den „Menschen der Gesetzlosigkeit“ beziehe und nicht auf den „Herrn“ Jesus. Daraus sei zu schlussfolgern, dass „das Aufhaltende“ unmittelbar das Kommen des Gesetzlosen betrifft. Der Abfall habe bereits begonnen, aber er müsse noch seinen Höhepunkt erreichen, damit daraus diejenige Person hervorgeht und sich manifestiert, deren Ankunft die Erscheinung des „Herrn“ einläutet.


E. Verhoef 1999, 36-44 vertritt die These, dass 2 Thess 2,6-7 auf dem Hintergrund des Gedankens zu deuten sei, dass Gott den rechten Zeitpunkt aller Geschehnisse festlege und er auch derjenige sei, der über die Verzögerung der Wiederkunft des „Herrn“ entscheidet.


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V. 7


Beobachtungen: Um V. 7 angemessen übersetzen und deuten zu können, muss an dieser Stelle zusammengefasst werden, was sich aus den V. 1-6 sicher sagen lässt: Der Tag des "Herrn" wird kommen, aber er ist noch nicht da. Bevor er kommt, kommt zunächst der Abfall und der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" wird offenbart. Allerdings wird er noch nicht sofort offenbart, sondern das "Aufhaltende" sorgt dafür, dass er erst zu seiner Zeit offenbart wird. (Letztere Aussage ist nicht sicher, aber wahrscheinlich, denn die Offenbarung bezieht sich vermutlich nicht auf den "Herrn", sondern auf den "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens".)


Die Formulierung "Geheimnis der Gesetzlosigkeit" macht deutlich, dass der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess nicht von sich behauptet, dass er das voraussichtliche Geschehen voll und ganz erfasst hat, oder dass es ihm oder einem anderen Menschen möglich ist, das voraussichtliche Geschehen voll und ganz zu erfassen. Es handelt sich um ein "Geheimnis", das sich nur vage und oberflächlich, nicht aber präzise und in der Tiefe erfassen und beschreiben lässt. Die vom Verfasser (oder: den Verfassern) in den V. 3-6 gewählte unklare Begrifflichkeit spiegelt das "Geheimnis" wieder.

Die "Gesetzlosigkeit" weist auf den "Menschen der Gesetzlosigkeit" hin, wobei der "Mensch der Gesetzlosigkeit" nicht als ein irdisches, voll und ganz zu erfassendes Wesen dargestellt wird, sondern als ein "Geheimnis". Ebenfalls ist das mit diesem "Menschen der Gesetzlosigkeit" verbundene Geschehen nicht voll und ganz zu erfassen, sondern ein "Geheimnis". Das Neutrum "to mystêrion" ("das Geheimnis") erinnert darüber hinaus an das Neutrum "to katechon" ("das Aufhaltende") in V. 6, das somit ebenfalls in einem geheimnisvollen Licht erscheint, zumal es in V. 7 ja erneut um das Aufhalten - konkret: "den Aufhaltenden" - geht.


"Der Aufhaltende" kann eine Personifizierung "des Aufhaltenden" und mit diesem identisch sein. Wahrscheinlicher ist aber, dass "der Aufhaltende" und "das Aufhaltende" zu unterscheiden sind, allerdings eng zusammenhängen. "Das Aufhaltende" sorgt dafür, dass der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" noch nicht sofort offenbart wird, sondern erst zu seiner Zeit. "Das Aufhaltende" ist eine Wirkmacht, die nicht mit dem "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" identisch ist. Der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" ist ein "Mensch" und damit eine Person, wobei unklar ist, ob wir uns darunter einen irdischen, leiblichen Menschen oder ein in irgendeiner Form mit dem Menschsein in Verbindung gebrachtes anderes (jenseitiges?) Wesen vorzustellen haben. "Der Aufhaltende" ist ebenfalls eine Person und wiederum ist unklar, ob wir uns darunter einen irdischen, leiblichen Menschen oder ein in irgendeiner Form mit dem Menschsein in Verbindung gebrachtes anderes (jenseitiges?) Wesen vorzustellen haben. "Der Aufhaltende" hält ebenso wie "das Aufhaltende" die Offenbarung des "Menschen der Ungerechtigkeit" und "Sohnes des Verderbens" auf.

Die "Mitte", aus der "der Aufhaltende" entfernt werden muss, kann eine himmlische oder sonstige jenseitige Versammlung oder die Gesamtheit der jenseitigen Wesen sein, oder auch die Erde mit all ihren Wesen und all ihrem Geschehen. Über die Art und Weise, wie "der Aufhaltende" entfernt wird, wird nichts gesagt. Die Formulierung "ek mesou genêtai", die wörtlich mit "aus der Mitte [genommen] wird/ist" zu übersetzen ist, sagt nur die Entfernung an sich aus. Details zur Entfernung werden nicht genannt. Unklar ist auch, ob "der Aufhaltende" selbst seine Entfernung bewirkt, oder ob an ihm gehandelt wird. "Der Aufhaltende" kann sich aus der Mitte zurückziehen oder aus der Mitte genommen werden.

Wenn wir zunächst schauen, wer oder was "der Aufhaltende" oder "das Aufhaltende" sein könnte und dann schauen, welche Möglichkeiten der Entfernung infrage kommen, ergibt sich ein etwas konkreteres Bild, was der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess im Blick haben könnte. Gehen wir davon aus, dass die V. 6-7 vom Aufhalten des Offenbartwerden des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohnes des Verderbens" sprechen. dann kann der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens", der ja offenbart wird, nicht mit "dem Aufhaltenden" identisch sein, weil dieser bzw. dieses ja das Offenbartwerden des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohnes des Verderbens" aufhält. "Das Aufhaltende" ist sowohl dem Verfasser (oder: den Verfassern) als auch den Adressaten des 2 Thess bekannt. Das Neutrum "to katechon" ("das Aufhaltende") kann sich auf das Römische Reich oder eine entpersonifizierte Macht beziehen. Eine solche entpersonifizierte Macht kann Paulus, Silvanus, Timotheus, der Römische Kaiser, ein Statthalter - insbesondere der Statthalter der Provinz Makedonien (Macedonia) - oder Gott sein. "Ho katechôn" ("der Aufhaltende") dagegen ist ein Maskulinum, das sich auf eine männliche Person wie Paulus, Silvanus, Timotheus, den Römischen Kaiser, einen Statthalter - insbesondere den Statthalter der Provinz Makedonien (Macedonia) - oder auf Gott beziehen kann. Da "das Aufhaltende" nicht entfernt wird, kann "das Aufhaltende" eine Wirkmacht sein, die so lange wirkt, bis "der Aufhaltende" - vielleicht von der aufhaltenden Wirkmacht selbst - entfernt ist. Es wäre also denkbar, dass Gott oder das Römische Reich "das Aufhaltende" ist und Paulus (oder Silvanus oder Timotheus), der Römische Kaiser, der Statthalter - insbesondere den Statthalter der Provinz Makedonien (Macedonia) - "der Aufhaltende". Auch ein jenseitiges Wesen, das als männliche Person gedacht ist, kann gemeint sein. Gott kann nicht "der Aufhaltende" sein, denn es ist ganz sicher nicht daran gedacht, dass Gott aus der Mitte entfernt wird. Jeder genannte Mensch kann durch den Tod "aus der Mitte" entfernt werden. Eine jenseitiges Wesen kann - sofern unsterblich gedacht - durch Verbannung oder Vertreibung "aus der Mitte", nämlich aus dem Kreis der jenseitigen Wesen, entfernt werden. Die größte Wahrscheinlichkeit kommt der Deutung zu, dass Gott "das Aufhaltende", nämlich die Wirkmacht, ist, und Paulus oder der Römische Kaiser "der Aufhaltende". Berücksichtigen wir darüber hinaus, dass Paulus zur Zeit der Abfassung des 2 Thess möglicherweise bereits verstorben ist, dann verbleibt nur noch der Römische Kaiser.


Die Rede vom "Geheimnis" und "wirken" weist darauf hin, dass das Geschehen und Wirken wie ein Marionettentheater gedacht ist, bei dem Kinder einem Marionettenspiel zugucken. Die Menschen, die zur Zeit der Abfassung des 2 Thess auf der Erde leben, speziell die Adressaten des 2 Thess, entsprechen den Kindern. Sie schauen dem Marionettenspiel zu, haben aber keine Ahnung, was sich hinter der Kulisse abspielt, wer die Marionetten bewegt. Die Marionetten (möglicher eigener Wille und mögliche eigenständige Handlungsmöglichkeiten sollen hier ausgeblendet werden) sind die irdischen Akteure wie Paulus, Silvanus, Timotheus, der Römische Kaiser und die Statthalter der römischen Provinzen. Neben diesen Akteuren besonderer Bedeutung gibt es auch die anderen Menschen und sonstigen irdischen Wesen, denen eher eine randständige Rolle zufällt. Das Römische Reich samt seinen Provinzen ist der politische Rahmen des Wirkens der irdischen Akteure. Der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess ist ebenso wie die Adressaten des 2 Thess zugleich Betrachter und Marionette des Marionettenspiels - Marionette im Hinblick auf das eigene Leben in dieser Welt und Betrachter im Hinblick auf die (theologische) Deutung. Dabei nimmt der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess für sich in Anspruch, mehr als die Adressaten über das Marionettentheater zu wissen oder zumindest sein Wissen richtig anzuwenden. Und so fordert er die Adressaten auf, ihr (von ihm erlangtes) Wissen ebenfalls richtig anzuwenden. Er hat also eher den Blick eines Erwachsenen inne als den eines Kindes. Der Erwachsene hat im Blick, dass sich die Marionetten nicht von selbst bewegen und aus eigener Kraft handeln, sondern von Marionettenspielern hinter der Kulisse bewegt werden. Aber für einen Erwachsenen, der nicht hinter die Kulissen geschaut hat oder vollständige Informationen über die Marionettenspieler besitzt oder die Marionettenspieler vor der Aufführung gesehen hat, bleibt auch ein Geheimnis: das Geheimnis, wer genau die Marionettenspieler sind. Dieses Geheimnis wird erst offenbart, wenn die Marionettenspieler hinter der Bühne hervortreten, um sich und dem Stück applaudieren zu lassen. Diese während des Marionettenstücks hinter der Kulisse verborgenen und niemandem der Anwesenden zugänglichen Marionettenspieler sind die Wirkmächte, die die Fäden ziehen und die Marionetten bewegen und handeln lassen. Dabei dürfte die entscheidende Wirkmacht Gott sein. Und das Marionettenstück ist der Plan der Wirkmächte, speziell Gottes. Das Marionettenstück ist ebenfalls ein Geheimnis, wenn das Stück - wie der Ablauf des eigenen Lebens und irdischen Geschehens - unbekannt ist. Dabei stellt sich das Geheimnis den Kindern und Erwachsenen verschieden dar: Während Kinder sich unvoreingenommen auf ein unbekanntes Stück einlassen, haben Erwachsene möglicherweise schon eine vage Ahnung, was kommt. Diese vage Ahnung lässt auch der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess erkennen. Eine vollständige Ahnung kann er selbst bei einem bekannten Marionettenstück nicht haben, weil die Marionettenspieler nach Belieben eigene Ideen einbauen können.


V. 7 macht Aussagen zur Wirksamkeit des "Geheimnisses der Gesetzlosigkeit". Aber wie schließt V. 7 an V. 6 an? Der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess benutzt die Partikel "gar", um V. 7 an V. 6 anzuschließen. Diese Partikel kann eine Ursache, eine Erklärung oder eine Bestätigung einleiten. Gehen wir die Bedeutungen der Reihe nach durch: Falls "gar" eine Ursache einleitet, dann ist V. 7 eine Begründung für V. 6. Der Sinn wäre: Weil das Geheimnis der Gesetzlosigkeit bereits wirksam ist und nur noch der Aufhaltende aus der Mitte entfernt werden muss, hat das Aufhaltende den Zweck, dass der Mensch der Ungerechtigkeit und Sohn des Verderbens erst zu seiner Zeit offenbart wird. Das ist ein sehr verquerer Sinn, weshalb wir in V. 7 nicht davon auszugehen haben, dass die Partikel "gar" eine Ursache einleitet und mit "denn" zu übersetzen ist. Kommen wir zur nächsten Bedeutung. Falls "gar" eine Erklärung einleitet, dann erklärt V. 7 den V. 6. Der Sinn wäre: Das Aufhaltende hat den Zweck, dass der Mensch der Ungerechtigkeit und Sohn des Verderbens erst zu seiner Zeit offenbart wird. Das bedeutet, dass das Geheimnis der Gesetzlosigkeit bereits wirksam ist und nur noch der Aufhaltende aus der Mitte entfernt werden muss. Auch dieser Sinn ist verquer, weshalb wir in V. 7 auch nicht davon auszugehen haben, dass die Partikel "gar" eine Erklärung einleitet und mit "nämlich" zu übersetzen ist. Bleibt noch die dritte Möglichkeit, dass "gar" eine Bestätigung einleitet. Demnach wird bestätigt, dass das Geheimnis der Gesetzlosigkeit bereits wirksam ist. Warum wird das bestätigt? Aus der Aussage, dass der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" erst zu seiner Zeit offenbart wird, könnte man schließen, dass es erst mit der Offenbarung des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohnes des Verderbens" zu "Gesetzlosigkeit" kommt und sich diese in der Gegenwart noch nicht zeigt. Tatsächlich - und dies wird bestätigt - ist es aber so, dass sie bereits jetzt wirksam ist, allerdings nicht voll und ganz ergründbar, sondern als "Geheimnis". Wenn "der Aufhaltende" aus der Mitte entfernt wird, fängt nicht erst die "Gesetzlosigkeit" an, sondern dann kommt es zur Offenbarung des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohnes des Verderbens". Damit dürfte dann das "Geheimnis der Ungesetzlichkeit" vollständiger Erkenntnis weichen. Diese Deutung ergibt Sinn, weshalb "gar" mit "freilich" (oder: "allerdings/sicherlich") zu übersetzen ist.


Das Adverb "arti" kann "jetzt" oder "erst" bedeuten. Allerdings besagt es in V. 7 nicht, dass etwas in der Gegenwart geschehen muss, sondern dass erst etwas Bestimmtes geschehen muss, damit ein anderes Geschehen eintreten kann. Wann genau das bestimmte Geschehen als Voraussetzung des folgenden Geschehens eintritt, ist unklar. Es ist nicht sicher, dass es in der Gegenwart stattfindet, sondern es kann auch in der Zukunft eintreten. Es lässt sich nur sicher sagen, dass dieses bestimmte Geschehen, die Entfernung des Aufhaltenden aus der Mitte, vor dem folgenden Geschehen, der Offenbarung des "Menschen der Gesetzlosigkeit" und "Sohnes des Verderbens", eintritt. Die Offenbarung geschieht "zu seiner Zeit", die auch dem Verfasser (oder: den Verfassern) des 2 Thess verborgen ist.


Weiterführende Literatur: M. Bockmuehl 1990, 195-198 befasst sich mit dem „Geheimnis der Gesetzlosigkeit“. Es sei gegenwärtig schon tätig, allerdings den Menschen noch verborgen. Paulus sei es allerdings bekannt, und zwar wegen der ihm von Gott verliehenen Einsicht in die endzeitlichen Geheimnisse. So wie in der fortwährenden Verkündigung des Evangeliums das Geheimnis Christi kundgetan werde, so gebe sich auch das böse Geheimnis immer stärker zu erkennen, bis es schließlich in der Offenbarung des – schließlich vernichteten - Antichristen personifiziert werde.


C. R. Nicholl 2000, 27-53 geht der Frage nach, wer „der/das Aufhaltende“ sein könnte. Folgende Thesen seien vorgebracht worden: a) der römische Kaiser / das römische Reich oder ein bestimmter Herrscher / das Prinzip von Recht und Ordnung; b) Paulus / die Verkündigung des Evangeliums; c) der Satan / der Aufruhr; d) Gott / Gottes Wille oder Gottes Plan; e) Gottes Geist. C. R. Nicholl hält keine dieser Annahmen für überzeugend. Er geht davon aus, dass ein Engel gemeint sei, wobei die größte Wahrscheinlichkeit dem Erzengel Michael zukomme, der in der jüdischen und christlichen Vorstellungswelt eine herausragende Rolle spiele.

In seinem Aufsatz zu 2 Thess 2,3-12 kommt J. T. Townsend 1980, 233-250 zu dem Ergebnis, dass sich die geschilderte Apokalypse Bilder vom heiligen Krieg zu eigen mache, und dass das bzw. der Aufhaltende wahrscheinlich keine ansonsten unbekannte aufhaltende Person sei. Das maskuline „katechôn“ („Aufhaltender“) sei vermutlich entweder der Mensch der Gerechtigkeit oder Gott, und zwar deshalb, weil dies die einzigen beiden Personen seien, die vor der Einführung des Aufhaltenden erwähnt werden.

D. D. Hannah 2000, 28-45 kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei „dem Aufhaltenden“ um einen Mittler Gottes, um einen Engel handele. Angesichts der besonderen Bedeutung, die das Buch Daniel für den Autor des Eph habe, könne der Engel als der Erzengel Michael identifiziert werden. Die aufhaltende Kraft, „das Aufhaltende“ sei der göttliche Plan, der seine Erfüllung im Tun „des Aufhaltenden“ finde.

C. E. Powell 1997, 320-332 vertritt die Meinung, dass das Evangelium „das Aufhaltende“ sei und der Geist Gottes „der Aufhaltende“. Der Geist Gottes wirke durch die Kirche, deren Gläubige der Aufgabe der Verkündigung des Evangeliums nachgehen. Wenn ihre Aufgabe erfüllt sei, würden sie bei Christus versammelt werden und mit ihm allezeit leben. Nach der Entrückung werde der Mensch der Gesetzlosigkeit in der Zeit der Bedrängnis offenbart werden und herrschen. Der Geist Gottes werde durch die zwei Zeugen (vgl. Offb 11,3-13), durch die 144000 (vgl. Offb 7,1-8) und weitere Menschen, die während der Zeit der Bedrängnis zum Glauben kommen, im Predigtgeschehen agieren.

Von der Beobachtung ausgehend, dass die Begriffe „katechon“ und „katechôn“ ganz vage bleiben, kommt L. J. Lietaert Peerbolte 1997, 138-150 zu dem Schluss, dass die Unbestimmtheit absichtlich sei und der Verfasser des 2 Thess auch nichts Bestimmtes bzw. niemanden Bestimmten im Blick habe. Er sage nichts über die Identität des „katechon“ und „katechôn“ aus, sondern nur über deren Funktion, nämlich das Aufhalten. Er lasse aber den Grund für das Aufhalten im Dunkeln. Dabei mache er glauben, dass er eine Antwort auf die Frage nach dem Grund hat und die Thessalonicher diesen kannten. Tatsächlich habe er jedoch keine Antwort auf die Frage.

Laut C. Badilita 2012, 38-48 greift die Beobachtung von L. J. Lietaert Peerbolte auf, dass es „Paulus“ wohl nicht darum gehe, „das Aufhaltende“ bzw. „den Aufhaltenden“ genau zu bestimmen, denn sonst hätte er sicherlich genauere Informationen geliefert. Vielmehr gehe es darum, was uns „Paulus“ sagen will. „Paulus“ wolle nicht etwas offenbaren, sondern er mache das „Geheimnis“ zum Thema. Er verbinde verschiedene, nicht genauer definierte Bezeichnungen und außerdem mit „dem Aufhaltenden“ einen Begriff seiner eigenen Glaubenswelt. Der fließende Wechsel zwischen Maskulinum und Neutrum lasse ebenso wie die nicht weiter definierten vorhergehenden Bezeichnungen Unklarheit erkennen. „Das Aufhaltende“ bzw. „der Aufhaltende“ sei in 2 Thess 2 ein Abstraktum, das der Überzeugung diene, ohne etwas genauer aufzuzeigen. Es bleibe ein Geheimnis. Die Verschiedenheit der Deutungen der Kirchenväter (ebenso wie der modernen Exegeten) lasse die Tiefe des Geheimnisses erkennen. Frühe Kirchenväter hätten „das Aufhaltende“ auf die „Gnade des Geistes“ oder auf das Römische Reich bezogen. Theodoret von Kyrrhos habe beide Deutungen gekannt, aber als unwahrscheinlich verworfen. In seinem Danielkommentar beziehe er den Begriff „katechon“ auf die allgegenwärtige Kraft der Häresie. In seinem Kommentar zum 2 Thess vertrete er dagegen eine andere Ansicht: Die Häresien repräsentierten das „Geheimnis der Gesetzlosigkeit“, „der Aufhaltende“ sei Gott. Vor den (in V. 8 geschilderten) Ereignissen am Weltende müssten erst noch das Evangelium in der ganzen Welt verkündigt und die Häresien beseitigt werden.


S. G. Brown 1993, 254-277 vertritt die These, dass Paulus bei der Abfassung von 2 Thess (insbesondere 2 Thess 1 und 2) Jes 66 im Blick und die dortige chiastische Satzstruktur zugrunde gelegt habe. Die Bedeutung des Schlüsselwortes von V. 7, „mesos“, erschließe sich anhand von Jes 66,17 („einer, der in der Mitte ist“). Paulus habe Jes 66 als seinen Hauptbezugstext für den Trost der Thessalonicher gewählt, weil er ihr intensives Leiden mit den Wehen des Messias in Verbindung gebracht habe.


M. Berger 1996, 33-58 geht der Frage nach, welche Katechon-Vorstellung Dietrich Bonhoeffer hat, und ordnet diesen in die Rezeptionsgeschichte von 2 Thess 2 ein. Der Katechon komme bei Bonhoeffer nur einmal vor. Dennoch spiele das mit ihm Gemeinte eine wichtige Rolle. Wenn Bonhoeffer im Katechon den Staat sehen wolle – letztlich offensichtlich an eine Monarchie denke! - und Kirche wie Staat in Christus begründet sehen wolle, so werde die Bedeutung dieses Begriffs umrisshaft schon deutlich.


D. Farrow 1989, 23-26 deutet V. 7 im Rahmen seiner Auslegung von 2 Thess 2,1-12 wie folgt: Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit werde von Gott aufgehalten, bis der Mensch der Gesetzlosigkeit aus der Mitte emporkommt. Eine Parallele sei das Aufsteigen des die Gesetzlosigkeit verkörpernden Tieres aus dem Meer, wie es in Offb 13,1-10 beschrieben werde.


M. Barnouin 1994, 471 zur Formulierung „ek mesou genêtai“: Nach gnostischer Vorstellung befänden sich die mythischen Geistwesen in verschiedenen Ebenen, von denen eine „mesotês“ („Mitte“) genannt werde. Es handele sich dabei um einen Übergangsort. Ein dort verortetes Geistwesen verlasse diesen, um zum Besseren oder zum absoluten Guten aufzusteigen oder in die materielle Welt hinabzusteigen. Das geheimnisvolle Wesen der Gesetzlosigkeit sei schon tätig, werde nur so lange bewacht, bis es von dem Übergangsort her kommt („ek mesou genêtai“).


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V. 8


Beobachtungen: Die Konjunktion "kai" ("und"), die V. 8 und auch V. 6 und V. 11 einleitet, markiert den Übergang zu einer neuen Zeitebene mit einem neuen Geschehen. In V. 8 geht es - anders als in V. 6 - nicht mehr um die Gegenwart, in der es Wissen anzuwenden gilt, sondern um die Zukunft. Es geht darum, was passieren wird, wenn der "Mensch der Gesetzlosigkeit" (= der "Gesetzlose") offenbart werden wird.


Es ist fraglich, ob die Textfassung "der Herr" ursprünglich ist oder die Textfassung "der Herr Jesus". Beide Textfassungen sind ähnlich gut bezeugt. Für die Ursprünglichkeit der Textfassung "der Herr" spricht, dass "Jesus" von Schreibern als Ausdruck der Frömmigkeit hinzugefügt worden sein kann. Ebenso kann es sich um eine nachträgliche Verdeutlichung handeln, dass mit dem "Herrn" Jesus und nicht Gott gemeint ist. Für die Ursprünglichkeit der Textfassung "der Herr Jesus" spricht, dass "Jesus" versehentlich ausgelassen worden sein kann, wobei allerdings in diesem Fall eine absichtliche Zufügung wahrscheinlicher als eine versehentliche Auslassung ist. Auch kann eine Anpassung an Jes 11,4LXX vorgenommen sein, wo sich Formulierungen finden, die 2 Thess 2,8 ähneln. In Jes 11,4LXX ist der verheißene messianische Friedensherrscher aus dem Stamm Isais Handelnder, Jesus wird nicht genannt. Die Christen haben jedoch Jahrhunderte nach der Abfassung des Jesajatextes Jesus mit diesem verheißenen messianischen Friedensherrscher aus dem Stamm Isais identifiziert.


Der "Herr" Jesus tötet mit dem Hauch seines Mundes. Dieses Bild dürfte aus dem AT übernommen sein, wo der Atem aus dem Mund Gottes bzw. das Schnauben Gottes als machtvolle Waffe erscheint (vgl. Ex 15,8; 2 Sam 22,16; Jes 30,27-28; Ijob 4,9; Ps 33,6). In Jes 11,4 wird das Bild auf den verheißenen messianischen Herrscher übertragen. So heißt es von diesem, dass er das - als gewalttätig verstandene - Land mit dem Stock seines Mundes schlagen und mit dem Hauch seiner Lippen den Gottlosen töten werde. In Jes 11,4LXX findet sich ebenso wie in 2 Thess 2,8 das Verb "anaireô" für "töten/vernichten".

V. 8 enthält Gewaltvorstellungen: Dem Wirken des "Gesetzlosen" wird mittels Gewaltanwendung seitens Jesus ein Ende bereitet. Die Schilderung der gewalttätigen Vernichtung des "Gesetzlosen" lässt Anspannung erkennen. Hintergrund der Anspannung dürften die Verfolgungen und Bedrängnisse sein, denen sich die Christen zur Zeit der Abfassung des 2 Thess ausgesetzt sahen (vgl. 1,4). Die Worte des 2 Thess beabsichtigen vermutlich, die Verfolgten und Bedrängten in ihrem Schicksal zu trösten. Es soll deutlich werden, dass Verfolgungen und Bedrängnisse sowie die "Gesetzlosigkeit" nicht das letzte Wort haben. Berücksichtigt man, dass Bild und Sprache Jes 11,4LXX ähneln, wo es um das messianische Friedensreich geht, dann wird deutlich, dass das Schwergewicht der Aussage nicht auf der Gewalt liegt, sondern auf dem Frieden. Dieser setzt aber die konsequente Vernichtung von Gottlosigkeit, Frevel, Bedrängnis und Verfolgung voraus.


Zur am besten bezeugten Verbform "anelei" ("er wird töten") kommen drei Varianten hinzu: Die erste Variante bietet statt des Futurs Indikativ einen Aorist Optativ, nämlich "aneloi" ("er möge töten"), der einen Wunsch ausdrückt. Die zweite Variante liest "analoi". Bei dieser Verbform handelt es sich um ein Präsens Indikativ (von "analoô" = "töten/verschlingen"), das "er tötet" bedeutet. Stärker als bei dem Verb "anelei" (von "anaireô" = "töten/vernichten") wird jedoch ein Bezug zum Mund hergestellt, denn statt der Übersetzung "er tötet" ist auch die Übersetzung "er verschlingt" möglich. Das Verschlingen ist etwas, was der Mund (bzw. ein Maul oder ein Rachen) macht. Die dritte Variante ist "analôsei" ("er wird töten/verschlingen"), ein Futur Indikativ ebenfalls des Verbs "analoô". Auch die am besten bezeugte Verbform "anelei" ist ein Futur Indikativ, allerdings des Verbs "anaireô". Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem folgenden Verb "katargêsei" ("er wird vernichten") ebenfalls um ein Futur Indikativ handelt, mag es sich bei der dritten Variante um eine Anpassung der zweiten Variante an die Verbform des folgenden Verbs handeln. Die Verbform der ersten Variante erscheint dagegen wie eine Mischung aus der am besten bezeugten Verbform und der zweiten Variante. Sie mag eine absichtliche Änderung zur Betonung des Wunsches sein, auf einen Hör- oder Schreibfehler zurückgehen oder einen Kompromiss zwischen der am besten bezeugten Verbform und der zweiten Variante darstellen. Grammatisch korrekt ist sie nicht, weil in einem Relativsatz (wörtlich: "... den der Herr Jesus ... töten ... wird.") eigentlich kein Optativ verwendet wird. Hinzu kommt die fehlende Übereinstimmung mit der Zeitform des folgenden Verbs.

Nachdem die V. 3-4 "Sohn des Verderbens" so verstanden haben, dass dieser Verderben bringt, kommt nun in V. 7-8 der Aspekt in den Blick, dass ihm Verderben widerfahren wird.


Die Formulierung "tê epiphaneia tês parousias autou" ("durch die Erscheinung seiner Wiederkunft") verwundert, bezeichnen doch die beiden Begriffe "epiphaneia" und "parousia" gleichermaßen die "Erscheinung" des "Herrn" im Sinne der "Wiederkunft". Soll mit dieser Doppelung die Herrlichkeit der Wiederkunft Christi betont werden? Oder hat sie einen drohenden Charakter? Oder ist der Begriff "epiphaneia" anders gefärbt als der Begriff "parousia"? Macht er vielleicht deutlich, dass es die Wiederkunft eines verborgenen Gottes(sohnes) ist? Oder macht er deutlich, dass die Wiederkunft zu einem unerwarteten Zeitpunkt erfolgt? Oder soll er zu erkennen geben, dass es sich um ein hilfreiches Eingreifen handelt? Alle diese Aspekte kommen mit Blick auf die Verwendung des Begriffs bei den Griechen im Hinblick auf das Erscheinen eines heidnischen Gottes in den Sinn.


Weiterführende Literatur: Laut M. Crüsemann 2010, 254-279 bestreite der 2 Thess, dass das Urteil über „die Juden“ bereits gefällt sei und lege Widerspruch ein: Der „Tag des ‚Herrn‘ sei zukünftig und habe die besondere Eigenschaft des gleichzeitigen, allgemeinen Gerichts für alle Menschengruppen in unverkennbarer kosmischer Qualität, bei dem ein für jüdische, jüdisch- und pagan-christliche Menschen gemeinsamer Feind vernichtet werde. Mit am interessantesten seien die unterschiedlichen Vorstellungen von der Rolle, die nichtjüdische Christen gegenüber Gesamtisrael spielen sollen. Der 1 Thess drücke eine zumindest intendierte weitestgehende Entfernung der Christen aus den Völkern vom jüdischen Volk aus, das man heilsgeschichtlich nicht mehr für relevant halte. Diese Distanzierung gehe mit einer sozialen Absetzbewegung bis zur Denunziation einher. Der 2 Thess ziele darauf, dass die Christusgemeinde in Thessalonich sich eher werbend gegenüber Israel verhalten und für die Wahrheit des jüdischen Messias Jesus einstehen solle.


J. Kucicki 2014 analysiert die eschatologischen und die apokalyptischen Motive in 1 Thess 4,13-5,11 und 2 Thess 2,1-12 im biblischen und intertestamentarischen Kontext. Er arbeitet Ähnlichkeiten und Unterschiede heraus und befasst sich mit der Entwicklung der Motive in den verschiedenen Traditionen. Von den Ergebnissen der Analyse ausgehend, bespricht er der jüdischen Hintergrund des Paulus und dessen Beitrag zur ntl. Eschatologie.

Vgl. J. Kucicki 2009, 47-67, wonach 2 Thess 2,1-12 eine Art Ergänzung zu 1 Thess 4,13-5,11 sei. Der „Tag des Herrn“ sei als ein Tag des Gerichts über alle diejenigen gedacht, die meinen, durch das Halten der jüdischen Satzungen und Gebote das Heil erlangen zu können. Tatsächlich gründe das Heil auf dem Glauben an Jesus Christus.


S. K. Tonstad 2007, 133-151 vermutet, dass es sich bei „dem Aufhaltenden“ um Gott handele und bei dem „Gesetzlosen“ um den Satan oder um einen seiner Repräsentanten. Dies lege sich nahe, wenn man die Begriffe im Zusammenhang der atl. Prophetie (insbesondere Jes 14,12-20 und Hab 2,3) liest. Den Texten liege eine komplexe apokalyptische Erzählung zugrunde.


Gemäß T. Stewart 2012, 229-245 sei 2,1-17 der am stärksten anti-imperialistisch gefärbte Text in den paulinischen Briefen. Er sei jedoch nicht auf eine politische Revolte aus, sondern nur insoweit anti-imperialistisch, als die kaiserliche Herrschaft als Werkzeug des Satans angesehen werde, das gegen die Christen gerichtet ist. Den bedrängten und verwirrten Gläubigen werde pastoral Trost gespendet, indem der Sieg Gottes über das Böse beschrieben wird.


J.-M. Sordet 1987, 35-57 vergleicht 1 Thess 4,13-18 und 2 Thess 2,1-12 miteinander. Der Gedankengang des Verfassers des 2 Thess sei nicht so fließend und klar wie derjenige des Paulus im 1 Thess. Das in 1 Thess 4,13-18 aufgeworfene Problem sei von praktischer und existenzieller Art: Es gehe um das Schicksal der Verstorbenen. 2 Thess 2,1-12 habe ausdrücklich die Wiederkunft Christi als Thema. Beide Textabschnitte sprächen von der Hoffnung. Sie seien jedoch weniger als Spekulationen im Hinblick auf zukünftige, phantasievoll ausgeschmückte Heilsgeschehnisse in mehr oder weniger naher Zukunft zu verstehen, sondern vielmehr als Aufforderung zur Hoffnung. Diese sei mit der Verkündigung der Auferstehung und der unvergleichlichen Souveränität Gottes über Hoffnungslosigkeit, Leid und Tod verbunden. Es gehe letztendlich um eine von Gottesliebe und Hoffnung erfüllte Existenz der Christen in unserer von tödlichen und unchristlichen Realitäten erfüllten Welt.


Gemäß H. Roose 2009, 343-364 wolle der 2 Thess den 1 Thess nicht ersetzen, sondern eine Leseanweisung für 1 Thess geben. Sie arbeitet zunächst die Diskontinuität zwischen den beiden Briefen heraus. Während die Bedrängnisse im 1 Thess keine eschatologische Bedeutung hätten und zwischen der Parusie, zu der Jesus Christus als Retter komme, und dem „Tag des Herrn“ als (Straf-)Gericht an Gerechten und Ungerechten unterschieden werde, bringe 2 Thess diese drei Größen in einen engen Zusammenhang. Dann fragt H. Roose: Wie liest sich 1 Thess durch die Brille des pseudepigraphischen 2 Thess? Die Bedrängnisse würden nun auch im 1 Thess im theologischen Kontext von Endgericht und ius talionis („Auge um Auge, Zahn um Zahn“) gedeutet. 1 Thess 4,13-17; 5,1-11 werde gleichsam von 2 Thess 1,3-12 und 2,1-12 gerahmt.


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V. 9


Beobachtungen: Nachdem der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess deutlich gemacht hat, dass dem "Sohn des Verderbens" mit der "Erscheinung der Wiederkunft des Herrn Jesus" selbst Verderben widerfährt, geht er in den V. 9-12 nochmal genauer auf das Wirken des "Sohnes des Verderbens", des "Gesetzlosen", ein.


Der Begriff "parousia" bezeichnet nicht nur die Ankunft des "Herrn", und zwar im Sinne seiner Wiederkunft, sondern auch die Ankunft des "Gesetzlosen". Die Ankunft des "Gesetzlosen" muss vor der Ankunft des "Herrn" Jesus erfolgen, weil der "Herr"Jesus ihn sonst nicht vernichten könnte.


Die Ankunft des "Gesetzlosen" geschieht nicht aufgrund dessen eigenständigen Handelns, sondern aufgrund des Wirkens einer Kraft, nämlich der Wirkkraft des Satans. Wie "Gesetzloser" und Satan zueinander stehen, lässt sich am Bild des Marionettenspiels verdeutlichen: Der "Gesetzlose" ist eine Figur des Marionettenspiels, wogegen der Satan - ebenso wie "das Aufhaltende" - ein Marionettenspieler ist, der im Verborgenen hinter der Kulisse agiert.


Dem Satan ist eine ganz spezifische "Wirkkraft" eigen. Er bewirkt ganz bestimmte Ereignisse und er wirkt mit einer ganz bestimmten Kraft. Das entscheidende Ereignis ist die Ankunft des "Gesetzlosen". Diese Ankunft wird von weiteren Ereignissen begleitet, nämlich von trügerischen Zeichen und Wundern (wörtlich: Zeichen und Wundern der Lüge / des Trugs). Diese trügerischen Zeichen und Wunder tut der "Gesetzlose". Letztendlich werden aber auch sie von dem Satan bewirkt, weil er derjenige ist, der den "Gesetzlosen" mit der Kraft ausstattet, die trügerischen Zeichen und Wunder zu tun.


"Pasê" ("aller") ist ein Singular und ist ein Femininum, weshalb sicher ein Bezug auf "dynamei" ("Kraft"), ebenfalls ein Singular und Femininum, vorliegt. Nicht sicher, aber durchaus möglich, ist aufgrund des engen Zusammenhanges auch ein Bezug auf "kai sêmeiois kai terasin pseudous" ("und ... Zeichen und Wundern"), trotz fehlender Übereinstimmung hinsichtlich Zahl und Geschlecht. "Aller" dürfte einen die Gesamtheit der Kraft und vielleicht auch Zeichen und Wunder betonenden Charakter haben.


Zeichen und Wunder erregen Erstaunen und Verwunderung und weisen auf das Wirken einer übernatürlichen Wirkkraft hin. Trügerische Zeichen und Wunder täuschen. Sie werden von jemandem getan, der die Menschen täuscht. Die Täuschung dürfte darin bestehen, dass die Zeichen und Wunder zu einer falschen Deutung verführen. Da der gesamte Abschnitt V. 3-12 eine Begründung der Aussage, dass der "Tag des Herrn" noch nicht da ist, darstellt, dürften die Zeichen und Wunder zu der irrigen Annahme verleiten, dass der "Tag des Herrn" schon da sei. Diese irrige Annahme bewirkt der Satan nicht versehentlich, sondern mit voller Absicht. Der Satan ist also ein Betrüger oder Lügner. Und weil die trügerischen Zeichen und Wunder letztendlich vom "Gesetzlosen" getan werden, ist auch dieser ein Betrüger oder Lügner. Auch wenn der "Tag des Herrn" schon da wäre, könnten Zeichen und Wunder geschehen. Diese würden jedoch nicht täuschen, sondern Wahres vor Augen führen. Diese "Wahrheit" ist Gott und Jesus Christus zugeordnet. Es wäre also Gott (vgl. insbesondere Hebr 2,4) oder (auch) Jesus Christus (vgl. insbesondere Apg 2,22), der die Zeichen und Wunder tut bzw. einem Menschen - insbesondere einem Christen - die Kraft verleiht, Zeichen und Wunder zu tun (vgl. in den paulinischen Briefen 2 Kor 12,12 und Röm 15,19). Und diese Zeichen und Wunder wären im Rahmen der Heilsgeschichte zu verstehen.

Nicht nur die Zeichen und Wunder haben trügerischen Charakter und verleiten zu der irrigen Annahme,dass der "Tag des Herrn" schon da sei, sondern auch die Ankunft des "Gesetzlosen". Die Verwendung des Begriffs "parousia" sowohl für die Ankunft des "Gesetzlosen" als auch für die Ankunft/Wiederkunft des "Herrn" Jesus weist auf die Gefahr der Täuschung hin.


Unklar ist, ob die Ankunft des "Gottlosen" bereits in der Gegenwart erfolgt (ist) und sich die Zeichen und Wunder bereits ereignen, oder all dies noch aussteht. Die Ankunft "geschieht" ("estin"), was auf Gegenwärtigkeit hinweist. Außerdem ist gemäß V. 7 das "Geheimnis der Gesetzlosigkeit" bereits wirksam. Andererseits wird der "Gesetzlose" gemäß V. 8 erst in der Zukunft offenbart. Ist die Ankunft mit der Offenbarung verbunden? Falls das der Fall ist, kann die Verwendung des Präsens "estin" erfolgt sein, um das Kommen des "Gesetzlosen" besonders lebendig erscheinen zu lassen, als würde es sich gegenwärtig ereignen.


Weiterführende Literatur:


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V. 10


Beobachtungen: Rätselhaft ist die Formulierung "en pasê apatê adikias", die wörtlich mit "in aller Täuschung der Ungerechtigkeit" zu übersetzen ist. Nun ist es sicherlich nicht die Ungerechtigkeit, die getäuscht wird, sondern es sind die Menschen. Wie ist nun die Genitivkonstruktion zu verstehen? Es kann gemeint sein, dass die Täuschung durch Ungerechtigkeit charakterisiert ist. Ebenfalls kann gemeint sein, dass die Täuschung von der Ungerechtigkeit ihren Ausgang nimmt. Und schließlich ist auch möglich - und mit Blick auf V. 12 am wahrscheinlichsten -, dass die Menschen zur Ungerechtigkeit hin getäuscht werden. In gängigem Deutsch würde das bedeuten, dass die Menschen zur Ungerechtigkeit verführt werden. Die Übersetzung wäre "in aller Verführung zur Ungerechtigkeit".

Auch die "Verführung zur Ungerechtigkeit" erfolgt durch den "Gesetzlosen", wiederum durch die vom Satan verliehene Kraft bewirkt. Das Substantiv "apatê" ("Täuschung") erinnert an die Formulierung "Mê tis hymas exapatêsê" ("Dass keiner euch ... täusche"; V. 3). Es dürfte also Täuschung seitens des "Gesetzlosen" aufgrund der Wirkkraft des Satans gemeint sein. Im Lichte von V. 1-2 gelesen ist die Täuschung auf das Kommen des "Herrn" Jesus bezogen: Die Adressaten sollen sich nicht einreden lassen, der "Herr" Jesus sei schon da. V. 10 bringt aber nun im Hinblick auf die Täuschung die "Ungerechtigkeit" ins Spiel, wobei sich die Frage stellt, was mit "Ungerechtigkeit" gemeint ist. Das Substantiv "adikia" findet sich im 2 Thess nur an zwei Stellen, nämlich in 2,10 und 2,12. Es erscheint die "Ungerechtigkeit" als Gegenteil der "Wahrheit". Die "Ungerechtigkeit" ist mit der Täuschung/Lüge verbunden, die "Wahrheit" mit dem Glauben. Auch das Substantiv "alêtheia" ("Wahrheit") taucht in 2,10.12 auf, darüber hinaus in 2,13. Aus diesen Versen muss seine Bedeutung erschlossen werden.

Das umfassende "aller" dürfte wieder betonende Funktion haben. Die "Verführung zur Ungerechtigkeit" ist nicht punktuell, sondern umfassend und ist von existenzieller Reichweite.


Das substantivierte Partizip "tois apollymenois" ("den Verlorenen / für die Verlorenen") erinnert an das Substantiv "apôleia" ("Verderben"), das in V. 3 in der Formulierung "hyios tês apôleias" ("Sohn des Verderbens") vorkam. Die "Verlorenen" sind also eng mit dem "Sohn des Verderbens", dem "Gesetzlosen", verbunden, und zwar weil sie sich zur Ungerechtigkeit verführen lassen. Die existenzielle Bedeutung der Verführung zur Ungerechtigkeit liegt also darin, dass sie zum Verderben des Menschen in seiner ganzen Existenz führt.


Es stellt sich die Frage, ob es in V. 10 überhaupt noch um die Naherwartung des Tages des "Herrn" geht (vgl. 2,1-2), oder nicht vielmehr wieder die Bestrafung der Heiden, die die Christen bedrängen (vgl. 1,6-10), Thema ist. Die Formulierungen erinnern an 1,6-10 und lassen Letzteres annehmen, zumal die verwendeten Begriffe in grundsätzlicher Art mit Heil und Unheil verbunden sind: Die "Wahrheit" ist ein Begriff, mit dem Paulus grundsätzlich die Wahrheit des Evangeliums meint. Dem Evangelium gilt es Glauben zu schenken. Dann gilt es, sein Leben nach Christus, dem wesentlichen Inhalt des Evangeliums, auszurichten. "Liebe der Wahrheit" dürfte wohl im Sinne des Glaubens an das Evangeliums und zugleich im Sinne der Nachfolge Christi zu verstehen sein, wobei die "Liebe" auch die Aspekte der Freiwilligkeit, Begeisterung und Innerlichkeit enthält. Wer das Evangelium gläubig annimmt, wird gerettet, wer sich dem Evangelium verweigert, gehört zu den Verlorenen.


Gemäß V. 10 betrifft die Verführung/Täuschung zur Ungerechtigkeit die Verlorenen. In V. 3 ist dagegen die mögliche Täuschung der Adressaten im Blick, und zwar eine mögliche Täuschung im Hinblick auf den Tag des "Herrn" (vgl. V. 1-2) oder eine grundsätzliche Täuschung im Glauben, die vom Glauben an Christus wegführt (vgl. V. 10). Dass die Adressaten grundsätzlich getäuscht werden und vom Christentum abfallen könnten, scheint der Verfasser (oder: die Verfasser) des 2 Thess allerdings nicht anzunehmen. Indem er in V. 10-12 die Verführung/Täuschung zur Ungerechtigkeit nur auf die Verlorenen (= Nichtchristen, insbesondere Heiden) bezieht und außerdem in V. 13-14 für die Adressaten dankt (vgl. 1,3-4), zieht er eine klare Trennlinie zwischen den Verlorenen und denen, die gerettet werden. Die Sorge, dass die Adressaten bis zum Ende standhaft im christlichen Glauben bleiben mögen (vgl. 1,11-12; 2,15), ist also im Sinne der Bewahrung der klaren Trennlinie auch in Zukunft zu verstehen.


Die Verlorenen erscheinen nicht als Menschen, die völlig passiv und unverschuldet durch den Satan bzw. den "Gesetzlosen" ihrem Schicksal ausgeliefert wurden. Sie hätten durchaus die Möglichkeit gehabt, dem Verderben zu entrinnen und gerettet zu werden, wenn sie nur die "Liebe der Wahrheit" angenommen hätten. Sie haben dies aber nicht getan und tragen somit zumindest eine Mitschuld an ihrem Schicksal. Insofern kann man die Verlorenen nicht uneingeschränkt als Marionetten eines Marionettenspiels ansehen, die nur über Fäden seitens der Marionettenspieler (speziell des Satans) bewegt werden. Im Gegensatz zu Marionetten scheinen die Verlorenen mit einem Mindestmaß an eigenem Willen und eigener Handlungsfähigkeit begabt zu sein. Trotzdem ist das Bild vom Marionettenspiel mit den Marionetten und Marionettenspielern nicht falsch, weil dem Satan eine Wirkkraft eigen ist, die die Ankunft des "Gesetzlosen" und wohl auch die Begleiterscheinungen wie die Verführung zur Ungesetzlichkeit bewirkt.


Weiterführende Literatur:


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V. 11/12


Beobachtungen: Weil die Verlorenen die Liebe der Wahrheit nicht angenommen haben, sendet ihnen Gott eine Wirkkraft des Irrtums. Gottes Wirkkraft verursacht also nicht, dass sich die Verlorenen der "Liebe der Wahrheit" verweigern, sondern sie folgt aus der Verweigerung. Es handelt sich also um eine Verstärkung der Verweigerung und des Glaubens an die Lüge.


Es stellt sich die Frage, ob das Verb "pempei" ("er sendet") präsentisch oder futurisch zu verstehen ist, ob Gott also in der Gegenwart sendet oder in der Zukunft senden wird. Die Verbform selbst ist präsentisch, was also zunächst nahe legt, dass Gott in der Gegenwart sendet. Allerdings kann es sich auch um ein Präsens handeln, das im Sinne einer Vorhersage zu verstehen ist: Gott wird in der Zukunft senden. Eine Variante ersetzt die Verbform "pempei" ("er sendet") durch die Verbform "pempsei" ("er wird senden") und gibt deutlich zu erkennen, dass sie hier eine Vorhersage vorliegen sieht. Eine Entscheidung ist schwierig, weil zum einen der Irrtum schon gegenwärtig ist, wie die Tatsache zeigt, dass sich die Heiden dem Evangelium verweigern und die Christen bedrängen. Andererseits stehen der Abfall und der Höhepunkt der Verirrung noch aus, denn der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" wird ja noch aufgehalten und wird erst zu seiner Zeit in der Zukunft offenbart. Vermutlich haben wir eine präsentische Bedeutung vorliegen, die allerdings eine Steigerung in der Zukunft vorsieht.

Dass Gott selbst als Irrtum verstärkende Wirkkraft erscheint, erstaunt, denn eine solche Wirkkraft wäre eher vom Satan zu erwarten. Dieser wird ja in V. 9 erwähnt und als mit einer Wirkkraft ausgestattet dargestellt. Wenn Gott nun eine Irrtum verstärkende Wirkkraft zugeschrieben wird, so haben wir davon auszugehen, dass Gott an einer starken Trennlinie zwischen den Verlorenen und den Geretteten gelegen ist. Es gibt demnach nur Schwarz und Weiß, Grautöne kommen nicht in den Blick und sie sollen auch nicht in den Blick kommen. Die Heiden haben nichts mit den Christen zu tun und die Christen sollen nichts mit dem Heidentum zu tun haben, auch in Zukunft nicht. Die Betonung der Trennlinie im Angesicht des Jüngsten Gerichtes dürfte endzeitlichem Denken zuzuschreiben sein.


Die Formulierung "eis to" kann final oder konsekutiv gemeint sein und folglich "damit" oder "sodass" bedeuten. Die Wirkkraft des Irrtums bezweckt also zum einen, dass die Verlorenen der Lüge glauben, und zum anderen bewirkt sie, dass die Verlorenen der Lüge glauben.


Doch um welche Lüge handelt es sich? Der bestimmte Artikel "der" lässt annehmen, dass eine ganz bestimmte Lüge gemeint ist und nicht die Lüge allgemein. Doch welche ganz konkrete Lüge mag gemeint sein? Die erste Möglichkeit ist, dass die Lüge gemeint ist, dass der "Mensch der Gesetzlosigkeit" und "Sohn des Verderbens" von sich behaupten wird, Gott zu sein. Die zweite Möglichkeit ist, dass es sich bei der Lüge um die "Kraft und lügnerischen Zeichen und Wunder" handelt, die die Ankunft des "Gesetzlosen" (= "Menschen der Gesetzlosigkeit") begleiten. Gegen diese beiden Möglichkeiten spricht, dass sie sich ausschließlich auf die Zukunft beziehen. Gegenwärtig ist die Zurückweisung des christlichen Glaubens. Damit ist ein Verharren bei dem heidnischen Glauben verbunden. Weil das Evangelium die "Wahrheit" ist, können die Inhalte des heidnischen Glaubens als "Lüge" verstanden werden.


Weiterführende Literatur: Laut E. Lubahn 1984, 114-123 sei das größte eschatologische Ereignis in der Auferstehung Jesu Christi ein für allemal geschehen. Dies einzigartige, unüberbietbare Ereignis werde sich in der Zukunft in konkreten, eschatologischen Ereignissen in Gericht und Heil zur Verherrlichung Gottes auswirken. Die Spannung müsse durchgehalten werden: Schon-jetzt und Noch-nicht. Von dieser Feststellung ausgehend erklärt E. Lubahn 2 Thess 2. 2 Thess 2 sei die notwendige Ergänzung zu 1 Thess 4,13-5,11.


P. Metzger 2005 befasst sich mit 2 Thess 2,1-12 im Horizont apokalyptischen Denkens. Der 2 Thess sei nicht von Paulus verfasst worden, sondern ein Zeugnis der nächsten christlichen Generation. Er spiegele somit die Erfahrung der Parusieverzögerung und nehme an dem Gespräch teil, warum das Gericht Gottes noch auf sich warten lässt. In dieser Perspektive stelle sich die Frage, wer oder was die Parusie aufhält. Während in 1 Thess 1 die Perspektive nach außen gerichtet sei, kehre sich der Blick in 2 Thess 2 nach innen. Hier werde eine innergemeindliche Opposition angegangen: diejenigen, die die Parole verkünden, die 2 Thess 2,2 wiedergibt, und vor allem diejenigen, die ihr Glauben schenken. Der Abschnitt diene also dazu, Identität zu stiften und Einheit wiederherzustellen. Gerade in der Situation des Drucks von außen müsse die Gemeinde in sich homogen sein.


Laut L. R. Thornton 1987, 26-49 hätten viele Dispensationalisten (Dispensationalismus: Lehre, wonach die Heilsgeschichte als Abfolge verschiedener göttlich verwalteter Zeitalter – als „Dispensationen“ bezeichnet – verstanden werden müsse) aus 2 Thess 2,1-12 geschlossen, dass diejenigen, die zwar das Evangelium hören, aber in der Zeit vor der Wiederkunft Christi den Glauben daran verweigern, in den sieben Jahren der Bedrängnis keine Möglichkeit mehr zu einer Konversion haben würden. Eine Untersuchung der Rettung im Lichte von Gottes „Wirkkraft des Irrtums“ zeige jedoch, dass diese Annahme unbegründet ist.



Literaturübersicht


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