1 Tim 1,18-20
Übersetzung
1 Tim 1,18-20 : 18 Diese Weisung vertraue ich dir an, [mein] Kind Timotheus, gemäß den Weissagungen, die früher über dich ergangen sind, damit du in ihnen den guten Kampf führst, 19 gläubig und mit gutem Gewissen. Das haben einige über Bord geworfen und am Glauben Schiffbruch erlitten. 20 Zu ihnen gehören Hymenäus und Alexander, die ich dem Satan übergeben habe, damit sie gezüchtigt werden und nicht mehr lästern.
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Beobachtungen: Welche Weisung hat „Paulus“ im Blick? Die Formulierung „diese Weisung“ lässt an eine ganz bestimmte Weisung denken. Von wem die Weisung kommt, wird nicht gesagt. Eigentlich wäre zu erwarten, dass die Weisung unmittelbar folgt. In V. 18-20 findet sich aber keine Weisung. Das Substantiv „parangelia“ („Weisung“) taucht neben V. 18 auch in V. 5 auf, und zwar sowohl im Sinne einer „Weisung“ als auch im Sinne einer „Unterweisung“. Dort heißt es: „Das Ziel der Weisung/Unterweisung ist Liebe aus reinem Herzen, (und) gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben.“ Eine Unterweisung hat allgemeineren Charakter als eine Weisung. Sie ist eine Lehre. Dass „Paulus“ erst jetzt dem „Timotheus“ die rechte Lehre anvertraut, ist unwahrscheinlich. Schon längst dürfte „Timotheus“ mit der rechten Lehre vertraut sein, schließlich ist er enger Mitarbeiter des „Paulus“. Also ist anzunehmen, dass das Substantiv „parangelia“ in V. 18 nicht die Bedeutung „Unterweisung“, sondern die Bedeutung „Weisung/Anweisung“ hat. Gemäß der „Weisung/Anweisung“ ist etwas Bestimmtes zu tun. Nur was? In V. 3 findet sich das Verb „parangellô“ („anweisen/gebieten“), und zwar in der verneinten Form: Es wird geboten, etwas nicht zu tun, d. h. es wird verboten, etwas zu tun. Dabei wird nicht dem „Timotheus“ verboten, etwas zu tun, sondern „Timotheus“ soll „einigen“ verbieten, etwas zu tun: Er soll „einigen“ verbieten, andere Lehren zu verbreiten. Diese Aufforderung dürfte nun in V. 18 als „Weisung“ verstanden sein.
In 1 Tim 1,2 hat „Paulus“ den „Timotheus“ als „[mein] echtes Kind im Glauben“ bezeichnet. „[Mein] Kind“ ist deutlich allgemeiner, aber vermutlich im Sinne von „[mein] echtes Kind im Glauben“ zu verstehen. Nachdem „Paulus“ einmal die vollständige Bezeichnung verwendet hat, lässt sich die Bedeutung der kurzen Anrede „[mein] Kind“ erschließen.
Die Anrede „[mein] Kind“ setzt ein geistliches, im Glauben gründendes Verwandtschaftsverhältnis voraus. Paulus hat möglicherweise Timotheus selbst zum christlichen Glauben bekehrt und ihn möglicherweise auch selbst getauft (vgl. 1 Kor 4,17, wogegen Apg 16,1 diesbezüglich unklar ist). Das Verhältnis des Kindes seinem Vater gegenüber ist von Unterordnung und Gehorsam geprägt. Außerdem lernt der Sohn von seinem Vater. Auf die missionarische Arbeit bezogen bedeutet das, dass „Timotheus“ nicht nach eigenem Gutdünken predigt und lehrt, sondern sich nach der Verkündigung und Lehre seines „Vaters“ richtet. „Paulus“ kann „Timotheus“ Weisungen erteilen und ihm so in Mission und Gemeindeleitung hilfreich beiseite stehen. Möglicherweise geht aus dem Begriff „Kind“ auch hervor, dass „Timotheus“ jünger als „Paulus“ ist. Das ist aber höchstens ein Nebenaspekt, da die Zahl der Lebensjahre hinsichtlich des Glaubens keine besondere Rolle spielt.
Es wird nicht gesagt, welche „Weissagungen“ gemeint sind. Außerdem bleibt offen, wer sie geäußert hat und wann sie über „Timotheus“ ergangen sind. Wenn diejenigen, die 1 Tim lesen oder zu hören bekommen, nicht nur rätselnd die Achseln zucken sollen, muss zumindest im Ansatz erschließbar sein, auf welche Begebenheit sich die Worte beziehen. Wenn „Timotheus“ als ein Mann mit einer bestimmten Beauftragung oder gar als Amtsinhaber verstanden wird, dann könnte an ein Geschehen während der Beauftragung oder der Amtseinsetzung gedacht sein. Geht man davon aus, dass „Timotheus“ ein falscher Name (= Pseudonym) ist, dann kann dieser darauf hinweisen, dass der 1 Tim insbesondere an Gemeindeglieder mit besonderer Beauftragung gerichtet ist (gemäß 1,1 ist „Timotheus“ der Adressat des 1 Tim). Wenn man annimmt, dass zur Zeit der Abfassung des 1 Tim bereits erste Gemeindeämter existierten, dann kann der 1 Tim als Brief an kirchliche Amtsinhaber verstanden werden. Die Beauftragten bzw. Amtsinhaber mögen aus dem eigenen Erleben der Beauftragung oder Amtseinsetzung erschlossen haben, wie 1,18 zu verstehen sein mag. Dass wohl tatsächlich eine Beauftragung oder Amtseinsetzung der Hintergrund der „Weissagungen“ ist, lässt sich dann schließlich 4,14 entnehmen.
Der „gute Kampf“ ist nicht als ein Kampf mit materiellen Waffen zu verstehen, sondern als ein geistlicher Kampf mit geistlichen Waffen (vgl. Eph 6,10-20). Die Erfüllung des besonderen geistlichen Auftrags bzw. die Ausübung des Gemeindeamtes ist demnach wohl „der Kampf“. Und „der Kampf“ ist „gut“, also für eine gute Sache. Die gute Sache ist vermutlich der Gemeindeaufbau und der Schutz der Gemeinde vor Irrlehren und sonstigen Gefährdungen. Zu diesen Gefährdungen mag auch die Verfolgung der Gemeinde durch ein feindlich gesinntes heidnisches und/oder jüdisches Umfeld gehören.
Weiterführende Literatur: P. G. Bush 1990, 152-156 widerspricht Äußerungen, wonach 1 Tim keine wirkliche Struktur und keinen roten Faden bezüglich des Gedankenganges habe. Tatsächlich habe 1 Tim eine klare und durchdachte Struktur – eine Struktur, die darauf hinweise, wie die Botschaft des Briefes zu verstehen ist. 1,3-11 bilde den Hintergrund, auf dem das gesamte Briefkorpus zu lesen sei. 1 Tim 1,12-20 und 6,11-16.20.21 seien in hohem Maße Parallelen und bildeten eine inclusio, umschlössen also den Brief. Dabei sei eine Entwicklung des Gedankengangs zu erkennen: Zunächst gehe es darum, wie „Paulus“ von Jesus Christus das Evangelium empfangen hat. „Paulus“ gebe das Evangelium im Sinne eines Mittlers an „Timotheus“ weiter. In 6,11-16.20.21 werde dann deutlich, dass „Timotheus“ in Zukunft nicht mehr „Paulus“ Rechenschaft abzulegen hat, sondern Gott. Dieser Gedankengang entspreche der Funktion des Briefes, die paulinische Tradition einer neuen Führungsperson zu übergeben und das Evangelium mit Blick auf die erste nachpaulinische Generation zu aktualisieren. Zentraler Inhalt des 1 Tim sei, dass eine recht geleitete und geordnete Kirche in der Lage sei, wirksam Irrlehre zu bekämpfen.
Das Interesse von O. Hofius 2010, 261-284 gilt der Frage nach Gestalt und Bedeutung der in den Pastoralbriefen bezeugten Ordination. Diese Frage lasse sich ohne Rekurs auf den rabbinischen Ordinationsritus beantworten. O. Hofius befasst sich mit der Terminologie, dem ordinationsgebundenen Amt, dem Ordinator, der Voraussetzung für den Empfang der Ordination, der Handauflegung und der Verleihung des Amtscharismas, der Übergabe der apostolischen Lehrtradition und dem Bekenntnis der Ordinanden, der apostolischen Sukzession und abschließend mit dem soteriologischen Aspekt. Die „Prophezeiungen“ bezögen sich vermutlich auf eine Berufung zum Amt, die der Ordination (vgl. 1 Tim 4,14) zeitlich vorausgegangen und die – analog zu dem in Apg 13,1-3 berichteten Geschehen – in einer gottesdienstlichen Versammlung durch den Mund prophetisch begabter Gemeindeglieder erfolgt sei. Für dieses Verständnis spreche der Tatbestand, dass das Wort „prophêteia“ („Prophezeiungen“) in den Pastoralbriefen nur in 1 Tim 1,18 und in 4,14 im Plural vorkommt.
Das geringe Maß an Bezügen auf den heiligen Geist in den Pastoralbriefen habe laut M. A. G. Haykin 1985, 291-305 manche Ausleger zur Annahme verleitet, dass wir es in diesen Briefen mit einem rigideren, weniger charismatischen Verständnis christlicher Theologie und Praxis zu tun haben. Diese Annahme sei jedoch irrig. Auch wenn der heilige Geist in den Pastoralbriefen keine prominente Rolle spiele, gebe es keinen Grund dazu, die pneumatologischen Aussagen in die Nähe späterer Autoren wie Ignatius von Antiochien zu rücken. Ignatius von Antiochien habe die Gaben des heiligen Geistes, speziell die Prophetie, als dem Bischof vorbehaltene Domäne betrachtet. Der heilige Geist werde in den Pastoralbriefen weiterhin als Herr über die Kirche angesehen, denn er sei es, der Freiheit von der Sünde und Bevollmächtigung zum Dienst bewirke und sicherstelle, dass die Wahrheit in einer lebendigen und verlässlichen Weise von Generation zu Generation weitergegeben wird. Es gebe also in den Pastoralbriefen hinsichtlich des heiligen Geistes nichts, was Paulus nicht hätte schreiben können.
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Beobachtungen: Das „gute Gewissen“ ist auf den rechten Glauben bezogen, aus dem die rechte Lehre resultiert. Wenn ein Christ das „gute Gewissen“ von sich stößt bzw. über Bord wirft, dann nimmt zunächst einmal der eigene Glaube dieses Christen Schaden. So ist es „einigen“ ergangen. Ob damit nun der Glaube ein „geheuchelter“ Glaube wird, der im Gegensatz zum „ungeheuchelten“ Glauben (vgl. 1,5) steht, ist nicht klar. Man kann dies zwar schlussfolgern, aber ausdrücklich gesagt wird das nicht. Wenn „einige“ am eigenen Glauben Schiffbruch erlitten haben, dann liegt nahe, dass sie nicht mehr die rechte paulinische bzw. „paulinische“ Lehre vertreten. Sie können sich nun ganz von der Lehre zurückziehen oder andere Lehren vertreten. 1 Tim setzt Letzteres voraus, wie 1,3 zeigt. Andere Lehren stellen eine Gefahr dar, weil sie den rechten Glauben anderer Christen gefährden und damit die Verwirklichung des göttlichen Heilsplans. Deshalb wird „Timotheus“ von „Paulus“ angewiesen, „einigen“, die andere Lehren verbreiten, dies zu verbieten (vgl. 1,3.18).
Das Verb „apôtheomai“ bedeutet „von sich stoßen“. Es handelt sich also um einen gewaltsamen Vorgang, der eigene Aktivität voraussetzt. Es ist also nicht so, dass bei „einigen“ der Glaube einfach nur allmählich verschwunden ist oder Gott den Glauben genommen hat. Mit dem gewaltsamen Vorgang, der eigenen Aktivität ist Eigenverantwortlichkeit verbunden. Dass der Glaube Schaden genommen hat, wird mit einem Bild aus der Seefahrt veranschaulicht: der Glaube hat Schiffbruch erlitten. Wenn das „gute Gewissen“ Voraussetzung für den rechten Glauben ist, dann kann auch das gute Gewissen in das Bild vom Schiffbruch einbezogen werden. Demnach wäre das gute Gewissen an Bord gewesen. Wahrscheinlich haben wir es uns als Steuerrad vorzustellen, mit dem das Schiff, der Glaube, auf dem rechten Kurs gehalten wird. Wenn ein Christ das Steuerrad von Bord wirft, dann kommt das Schiff vom rechten Kurs ab. Dann besteht die Gefahr, dass es in eine Untiefe gerät und auf Grund läuft oder an Klippen zerschellt.
Die Formulierung „peri tên pistin“ ist wörtlich mit „im Hinblick auf den Glauben“ zu übersetzen. „Einige“ haben also im Hinblick auf den Glauben Schiffbruch erlitten. Möglich ist auch die Übersetzung „am Glauben“, die dem Sinn nach gleich, aber kürzer ist. Auch die Übersetzung „im Glauben“ kann gewählt werden. Allerdings birgt sie die Gefahr des Missverständnisses, dass der Glaube hier als ein Raum, als eine Sphäre verstanden werde, in dem „einige“ Schiffbruch erlitten haben.
Weiterführende Literatur:
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Beobachtungen: Wer die beiden Männer Hymenäus und Alexander waren, wissen wir nicht. Wir erfahren nur, dass die beiden vom rechten Glauben abgefallen sind und von „Paulus“ dem Satan übergeben wurden. Ein Mann namens Hymenäus taucht auch im Zweiten Timotheusbrief aus. Von ihm heißt es in 2,17-18, dass er von der Wahrheit abgeirrt sei und behaupte, dass die Auferstehung bereits geschehen sei. Auch ein Mann namens Alexander taucht im Zweiten Timotheusbrief auf. Gemäß 4,14 handelt es sich bei ihm um einen Schmied, der „Paulus“ viel Böses getan hat. Wir dürfen jedoch nicht voreilig die namensgleichen Personen miteinander identifizieren, denn es kann sich um verschiedene Menschen handeln, die den gleichen Namen tragen. Dass Vorsicht angebracht ist, wird deutlich, wenn wir einen Blick auf Apg 19,33 werfen. Auch dort ist von einem Alexander die Rede. Nachdem es in Ephesus wegen des missionarischen Wirkens des Paulus zu einem Aufruhr der Silberschmiede gekommen war, trat Alexander vor die aufgebrachte Menge und wollte eine Verteidigungsrede halten. Als die Menge aber merkte, dass Alexander ein Jude war, schrie sie zwei Stunden lang „Groß ist die Artemis der Epheser!“. Wir sehen: Der Name ist der gleiche, ebenso ist jeweils Ephesus der Ort des Geschehens. Auch lässt die Berufsbezeichnung „Schmied“ in 2 Tim 4,14 an die Silberschmiede denken, die in Ephesus den Aufruhr veranstaltet haben. Und dennoch lassen sich die Informationen nicht in Einklang bringen. Der in Apg 19,33 erwähnte Alexander wollte Paulus verteidigen. Das ist das Gegenteil von „Paulus Böses tun“. Folglich war er auch nicht auf der Seite der aufgebrachten Silberschmiede. Dass der in 2 Tim 4,14 erwähnte Alexander ein „Schmied“ war, ist völlig unerheblich. Der in Apg 19,33 erwähnte Alexander gehört nicht zu den (Silber-)Schmieden. Und dass der in 2 Tim 4,14 erwähnte Alexander zu den aufgebrachten Silberschmieden gehörte, ist unwahrscheinlich. 2 Tim 4,14 verwendet nämlich den Begriff „chalkeus“ („Schmied“), wogegen den Aufruhr der Silberschmiede gemäß Apg 19,24 von einem „argyrokopos“ („Silberschmied“) angezettelt worden ist. Außerdem waren unter den Aufrührern „technitai“ („Kunsthandwerker“). Wenn es in 2 Tim 4,14 15 im Hinblick auf Alexander heißt, dass er „Paulus“ viel Böses getan und sich dessen Worten heftig widersetzt hat, kann man das Geschehen von 1 Tim 1,20 natürlich weiterspinnen: Alexander könnte „Paulus“ bei der Übergabe an den Satan Böses getan und sich dessen Worten heftig widersetzt haben. Oder er könnte nach der Übergabe an den Satan zu einem erklärten Gegner des „Paulus“ geworden sein. Aber eine solche Fortsetzung der Geschichte ist spekulativ. Auch stellt sich die Frage, warum Alexander in 2 Tim 4,14 ausdrücklich als „Schmied“ bezeichnet wird, in 1 Tim 1,20 dagegen nicht. Möglich und durchaus auch wahrscheinlich ist, dass die Berufsbezeichnung den Alexander von anderen, namensgleichen Personen unterscheiden soll. Damit wäre aber der Schmied Alexander wohl von dem nicht als Schmied bezeichneten Alexander unterschieden.
Es bleibt offen, wie Hymenäus und Alexander dem Satan übergeben worden sind. Es ist anzunehmen, dass es sich um ein Ritual handelte. Einzelheiten zum Ablauf des Rituals lassen sich 1 Tim 1,20 nicht entnehmen. Auffällig ist, dass „Paulus“ allein die Übergabe an den Satan vollzieht. Damit erscheint (anders als in 1 Kor 5,5) die Übergabe nicht als eine gemeinschaftliche Handlung der ganzen Gemeinde. Hier ist wohl zu erkennen, dass zur Zeit der Abfassung des 1 Tim verstärkt Ämter mit bestimmten Machtbefugnissen entstanden. Das vergleichsweise egalitäre Urchristentum entwickelte sich zu einem verstärkt hierarchischen Christentum.
Der Zweck des Rituals ist die Züchtigung der beiden Männer. Auf welche Weise und durch wen die Züchtigung erfolgt, bleibt offen. Das Verb „paideuomai“ bedeutet „erzogen werden“. Die Erziehung erfolgt mittels einer Strafe, weshalb hier die Übersetzung „gezüchtigt werden“ passt. Die Übergabe an den Satan ist wohl als Ausschluss aus der Gemeinde zu deuten. Auffällig ist, dass der Ausschluss nicht einfach nur nüchtern festgestellt, sondern als eine Übergabe dargestellt wird. Es handelt sich um die Übergabe von einem Machthaber und Machtbereich zum nächsten, vom „Herrn“ Jesus Christus und dessen Heilssphäre zum Satan und dessen Unheilssphäre. Weil mit der Übergabe an den Satan Hymenäus und Alexander in den Machtbereich des Satans eingetreten sind, dürfte es der Satan sein, der züchtigt. Die Züchtigung könnte als Beeinträchtigung der Gesundheit oder als Beeinträchtigung der Lebensqualität der Männer (z. B. durch Schicksalsschläge) gedacht sein.
Erziehung und Züchtigung sind gewöhnlich auf (Ver-)Besserung ausgerichtet. Immerhin geht es darum, dass die beiden Männer nicht mehr lästern. Und was passiert, wenn die beiden nicht mehr lästern? Können sie dann wieder in die Gemeinde aufgenommen werden?
Unklar ist, was wir genau unter „lästern“ zu verstehen haben. Haben Hymenäus und Alexander Jesus Christus und/oder Gott geschmäht, d. h. beleidigt? Oder haben sie gelästert, indem sie Irrlehren verbreitet haben statt der rechten Lehre? Da im Vorhergehenden die Verbreitung von Irrlehren Thema war, scheint Letzteres wahrscheinlicher. Wie auch immer: Durch die Züchtigung sollen sie dazu gebracht werden, das in Zukunft zu unterlassen.
Weiterführende Literatur: D. T. Thornton 2015, 137-151 vertritt die These, dass sowohl 1 Kor 5,5 als auch 1 Tim 1,20 von Hiob 1-2 (speziell 2,6LXX) literarisch abhängig seien. Paulus stelle den Satan als einen Feind Gottes dar, der trotzdem im Rahmen der Kirchendisziplin die Rolle des Verbündeten Gottes einnehmen könne. Paulus lese Hiob 1-2 mit Blick auf die Kirche.
Literaturübersicht
[ Hier geht es zur Übersicht der Zeitschriftenabkürzungen ]
Bush, Peter G.; A Note on the Structure of 1 Timothy, NTS 36/1 (1990), 152-156
Haykin, Michael A. G.; The Fading Vision? The Spirit and Freedom in the Pastoral Epistles, EvQ 57/4 (1985), 291-305
Hofius, Otfried; Die Ordination zum Amt der Kirche und die apostolische Sukzession nach dem Zeugnis der Pastoralbriefe, ZThK 107/3 (2010), 261-284
Thornton, Dillon T.; Satan as Adversary and Ally in the Process of Ecclesial Discipline: The Use of the Prologue to Job in 1 Corinthians 5:5 and 1 Timothy 1:20, TynB 66/1 (2015), 137-151