Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Zweiter Korintherbrief

Der zweite Brief des Paulus an die Korinther

2 Kor 5,11-6,2

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

2 Kor 5,11-6,2

 

 

Übersetzung

 

2 Kor 5,11-6,2:11 Weil wir also die Furcht des Herrn kennen, [versuchen] wir Menschen zu überzeugen; Gott aber sind wir offenbar geworden. Ich hoffe aber, auch in eurem Gewissen offenbar geworden zu sein. 12 Wir wollen uns nicht wieder selbst bei euch empfehlen, sondern euch einen Anlass des Rühmens um unsertwillen geben, damit ihr [etwas zur Erwiderung] habt gegen die, die sich ihres Äußeren, aber nicht ihres Herzens rühmen. 13 Denn wenn wir von Sinnen waren, [so geschah es] für Gott; sind wir aber bei Verstand, [so geschieht es] für euch. 14 Denn die Liebe Christi beherrscht uns, da wir zu der Überzeugung gekommen sind: Einer starb für alle, folglich starben sie alle. 15 Und für alle starb er, damit die Lebenden nicht mehr für sich selbst leben, sondern für denjenigen, der für sie starb und auferweckt wurde. 16 Daher kennen wir von jetzt an niemanden mehr auf fleischliche Weise. Wenn wir auch Christus auf fleischliche Weise gekannt haben, so kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr [so]. 17 Wenn daher jemand in Christus ist, so ist er ein neues Geschöpf; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. 18 Aber das alles kommt von Gott, der uns mit sich selbst durch Christus versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat. 19 Wie [es ja feststeht,] dass Gott in Christus war und [die] Welt mit sich selbst versöhnte, indem er ihnen ihre Verfehlungen nicht anrechnete; und er hat unter uns das Wort der Versöhnung aufgerichtet. 20 So sind wir nun Gesandte an Christi Statt, wobei (der) Gott durch uns ermahnt; wir bitten an Christi Statt: Lasst euch mit (dem) Gott versöhnen! 21 Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit in ihm würden. 1 Als Mitarbeiter ermahnen wir euch aber auch, dass ihr die Gnade (des) Gottes nicht vergeblich empfangen habt. 2 Denn er sagt: "Zu willkommener Zeit habe ich dich erhört und am Tage der Rettung habe ich dir geholfen.“ Siehe, jetzt ist die hochwillkommene Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!

 

 

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V. 11

 

Beobachtungen: In 5,11-13 verwahrt sich Paulus gegen den Vorwurf der Unaufrichtigkeit.

 

Der Abschnitt ist weit gehend im Wir-Stil geschrieben. Laut 1,1 hat Paulus den Brief nicht alleine verfasst, sondern mit seinem engen Mitarbeiter Timotheus zusammen. Der unvermittelte, vorübergehende Übergang zum Ich-Stil in V. 11 lässt allerdings annehmen, dass Paulus in erster Linie von sich selbst spricht und Timotheus’ Nennung als Mitverfasser wohl dem Zweck dient, den Brief nicht als reinen Privatbrief aus seiner Feder erscheinen zu lassen, sondern ihm einen offizielleren Charakter zu geben. Auch die Tatsache, dass sich Paulus selbst rechtfertigt, und zwar vermutlich gegenüber Vorwürfen, dass sein äußeres Erscheinungsbild erbärmlich schwächlich sei und er die wahren Motive seines Handelns nicht offenbare, lässt annehmen, dass er vor allem von sich selbst spricht.

 

Paulus sieht sein ganzes Aposteldasein von der "Furcht des Herrn“ geprägt. Gemeint ist sicherlich nicht, dass sich der "Herr“, also Jesus Christus oder Gott, fürchtet, sondern dass der Apostel sich bewusst ist, dass er am Ende der Tage vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden muss und er seinen Lohn seinen Taten entsprechend empfangen wird (vgl. 5,10). Da sich Paulus dieses Jüngsten Gerichtes bewusst ist, behält er das Evangelium nicht für sich, sondern verkündigt es, damit es Breitenwirkung entfalten und auch anderen Menschen ermöglichen kann, im Jüngsten Gericht zu bestehen.

Paulus sucht also die anderen Menschen zu überzeugen. Dass das griechische Verb "peithô“ hier besser mit "überzeugen“ als "überreden“ zu übersetzen ist, geht daraus hervor, dass sich Paulus grundsätzlich an die Einsicht der Adressaten wendet und er auf die Kraft des Geistes Gottes setzt, nicht jedoch auf Überredung (vgl. 1 Kor 2,4; 11,13).

 

Paulus ist sich sicher, dass Gott die wahren Motive seines Handelns erkannt hat; bei den Adressaten ist er sich dieser Erkenntnis jedoch nicht sicher, denn sonst würde er nicht schreiben, dass er auf sie hofft.

 

Das "Gewissen“ ("syneidêsis“) dürfte die kritisch urteilende innere Instanz jedes Gemeindegliedes meinen.

 

Weiterführende Literatur: H. Boers 2002, 527-547 untersucht die syntaktische und semantische Struktur des Abschnitts 5,14-6,2, fragt nach dessen Aussagegehalt und nach der Funktion der christologischen Aussagen.

 

Eine sakramentale Interpretation von 5,11-21 bietet K. Romaniuk 1982, 169-176.

 

Laut J. Lambrecht 1987, 161-191 sei "Versöhnung“ eines der Hauptthemen von 2,14-7,4. Es sei auch in 5,11-21 enthalten. J. Lambrecht bietet zunächst kurze einführende Anmerkungen zur Struktur und zum Inhalt von 5,11-21 und danach Erläuterungen zu den drei Abschnitten 5,11-13.14-17.18-21, wobei er sich mit jeweils einem bestimmten Problem oder Aspekt ausführlich befasst.

 

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V. 12

 

Beobachtungen: Wenn Paulus schreibt, dass er sich nicht wieder selbst empfiehlt bzw. selbst empfehlen will, so bedeutet dies, dass er sich schonmal ihnen gegenüber selbst empfohlen hat. Es ist anzunehmen (zur Begründung siehe die Beobachtungen zu 2 Kor 3,1), dass sich der Apostel nicht auf eine vorangegangene briefliche Selbstempfehlung bezieht, sondern auf eine Selbstempfehlung anderer Art. Dabei ist an den ersten Kontakt zu Beginn des ersten Aufenthaltes in Korinth zwecks Mission zu denken. In der völlig fremden und ihm gegenüber weit gehend feindlich oder zumindest misstrauisch eingestellten heidnischen Welt kam es für Paulus darauf an, Vertrauen aufzubauen. Dies war schon deswegen notwendig, weil er Gastgeber finden musste, bei denen er Unterkunft finden konnte. Möglicherweise hatte er keinen Empfehlungsbrief einer anderen Gemeinde bei sich oder ein solcher war bei dem ersten Kontakt mit einer heidnisch oder jüdisch geprägten Stadt wertlos, weil er nicht von Heiden oder Juden, sondern von Christen - und damit Andersgläubigen - stammte. Im Zweiten Korintherbrief möchte sich Paulus nicht erneut selbst empfehlen, weil die Korinther eigentlich längst von seiner Rechtschaffenheit überzeugt sein sollten, denn ihm verdanken sie schließlich ihre christliche Existenz (vgl. 2 Kor 3,1-3).

Statt sich selbst zu rühmen, gibt Paulus lieber den Anlass, dass die Adressaten ihn rühmen. Dass er solchen Ruhm nötig hat, mag in der Tatsache begründet liegen, dass Paulus’ Ruf gefährdet ist. Es sind nämlich in der korinthischen Gemeinde oder in ihrem Umfeld noch weitere Prediger aktiv; diese präsentieren sich anscheinend besser als Paulus und geben folglich ein überzeugenderes Erscheinungsbild ab. Paulus kritisiert, dass sich diese Missionare zwar des Äußeren rühmen, nicht jedoch ihres Herzens. Das Akzeptanzproblem von Paulus resultiert daraus, dass die Menschen im Gegensatz zu Gott auf das Äußere schauen, nicht jedoch auf das Herz (vgl. 1 Sam 16,7). Die Menschen haben also Probleme, das wahre Sein eines Missionars zu erkennen, und lassen sich vom Schein blenden.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 13

 

Beobachtungen: Paulus präzisiert, was zu einem besonders überzeugenden Schein beiträgt: es ist das Außersichsein. Aus 1 Kor 14 geht hervor, dass bei den Korinthern in der nahen Vergangenheit die Zungenrede besonders hoch im Kurs stand. Paulus hat das unverhältnismäßig hohe Ansehen der Zungenrede kritisiert und versucht, der prophetischen Rede mehr Gewicht zu geben. Paulus hat nichts gegen die Zungenrede an sich, zumal auch er selbst in Zungen geredet hat (vgl. 1 Kor 14,18), doch haftet ihr im Hinblick auf die Unterweisung der Gemeinde der Nachteil an, dass sie nicht verständlich ist und daher übersetzt werden muss. Erfolgt keine Übersetzung, so bleibt der Gemeinde der Inhalt der Zungenrede verborgen und sie erfährt keine Unterweisung. Unübersetzte Zungenrede sollte daher nach Paulus Meinung daheim geäußert und an Gott gerichtet werden, wogegen die prophetische Rede verständlich ist, also der Unterweisung dient und für den Gottesdienst geeignet ist (vgl. 1 Kor 14,2-5; 14,28). Paulus sieht die Gefahr, dass ekstatische Äußerungen im Gottesdienst in erster Linie der Selbstdarstellung dienen.

 

Paulus wechselt bezüglich der Verben die Zeitstufe. Demnach war er nur in der Vergangenheit von Sinnen, in der Gegenwart ist er dagegen nur noch bei Verstand. Das würde bedeuten, dass die ekstatischen Zustände der Vergangenheit angehören. Die ekstatischen Reden waren an Gott gerichtet, eben weil die Menschen sie nicht verstehen konnten. Diejenigen Reden, die bei Verstand erfolgten und weiterhin erfolgen, sind jedoch an die Menschen gerichtet, eben weil sie verständlich sind und der Unterweisung dienen. Dass Paulus’ ekstatische Äußerungen der Vergangenheit angehören, ist jedoch nicht unzweifelhaft. So ist durchaus möglich, dass Paulus bezüglich der ekstatischen Äußerungen eine Aorist-Verbform benutzt, um auszudrücken, dass es sich dabei nur um einen vorübergehenden, außergewöhnlichen Zustand handelt. Den normalen und auch gegenwärtigen Zustand stellt das bei Verstand Sein dar, was den Gebrauch des Verbs im Präsens erklären würde.

Paulus’ Reserviertheit gegenüber ekstatischen Zuständen im Gottesdienst mag dazu geführt haben, dass ihm vorgeworfen wird, sein Erscheinungsbild sei schwach und eines Apostels nict würdig. Da andere Missionare gegenüber ekstatischen Zuständen weniger Vorbehalte haben, erscheinen sie vergleichsweise überzeugend und stark.

 

Diese Deutung ist nahe liegend, jedoch nicht sicher, denn V. 13 nennt die Zungenrede nicht explizit. So kann man auch daran denken, dass das in diesem Vers erwähnte von Sinnen Sein den vorausgehenden "Tränenbrief“ (2 Kor 2,4) oder ein anderes Schreiben oder eine andere Äußerung meint.

 

Weiterführende Literatur: M. V. Hubbard 1998, 39-64 gibt zunächst einen Überblick über herkömmliche Auslegungen des V. 13 und bietet dann eine eigene. Es habe bisher zwei Hauptlinien der Auslegung gegeben. Die einen Exegeten hätten vermutet, dass Paulus auf einen Vorwurf entgegne, er verhalte sich unnormal und exzentrisch, die anderen, Paulus spiele auf eigene ekstatische Erfahrungen an. M. V. Hubbard dagegen vertritt die These, dass V. 13 im Lichte des Vorwurfs zu lesen sei, Paulus’ rhetorische Fähigkeiten seien mangelhaft.

 

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V. 14

 

Beobachtungen: In 2 Kor 5,14-21 stellt Paulus sein apostolisches Wirken in den Zusammenhang des gesamten Heilsgeschehens.

 

Paulus stellt sein Leben als von der "Liebe Christi“ beherrscht (oder: gedrängt). Was unter der "Liebe Christi“ zu verstehen ist, konkretisiert er sogleich: "Einer starb für alle, folglich starben sie alle.“ "Einer“ meint sicherlich Jesus Christus, "sie“ die Menschen oder konkret die Christen. Weil Jesus Christus gestorben ist, sind demnach alle Menschen oder die Christen gestorben. Diese Aussage scheint zunächst befremdlich zu sein, denn durch Jesu Tod wurde weder die gesamte Menschheit noch die gesamte Christenheit dahingerafft. Von einem durch den Tod Jesu Christi ausgelösten Massensterben weiß das NT nichts. Auch geht der Tod, dem jeder Mensch früher oder später verfällt, nicht auf Jesu Christi Kreuzestod zurück; vielmehr ist es gemäß Gen 3,22 eine Folge des Sündenfalls Adams und Evas im Paradies, dass der Mensch nicht ewig lebt. Wie mag nun die Aussage "Einer starb für alle, folglich starben sie alle.“ zu verstehen sein? Am ehesten ist wohl an den Stellvertretungsaspekt zu denken: Die Menschen sind durch Adams (und Evas) Sündenfall dem Tode verfallen. Gemäß 1 Kor 15,20-22 ist durch den einen Menschen Adam der Tod gekommen. Durch Jesus Christus, das Gegenstück zu Adam und daher in 1 Kor 15,45 "letzter Adam“ genannt, kommt jedoch das ewige Leben; denn wie Jesus Christus auferweckt worden ist, so werden auch alle Menschen, die an ihn glauben, auferweckt werden. Von dem Gedanken, dass aufgrund Christi Auferweckung alle Gläubigen auferweckt werden (eigentlich: auferweckt worden sind), ist es zu dem Gedanken, dass mit Christi Tod am Kreuz auch alle Menschen gestorben sind, nicht weit. Der Kreuzestod Christi begründet jedoch gemäß 2 Kor 5,14 nicht den Tod der Menschen/Gläubigen, sondern stellt einen stellvertretenden oder - genauer noch - die Menschen korporativ einschließenden Tod dar.

 

Weiterführende Literatur: Eine exegetisch-theologische und rezeptionsgeschichtliche Studie zu den Versöhnungsaussagen des NT bietet H.-J. Findeis 1983, der sich im die S. 61-251 umfassenden Abschnitt "Der Apostolat des Paulus als "Dienst der Versöhnung'. Die Versöhnungsaussage im 2. Korintherbrief“ mit 2 Kor 5,14-6,2 befasst.

 

Eine umfassende Exegese von 2 Kor 5,14-21 bietet R. Bieringer 1986.

 

R. Särkiö 1998, 29-42 hat sich zum Ziel gesetzt, den Einsatz des historischen Hintergrunds in den Versen 2 Kor 5,14-21 zu analysieren. Wie wirkt sich der konkrete historische Hintergrund auf die christliche Terminologie aus? Wie macht sich Paulus Christologie und Theologie für seine eigenen Zwecke zunutze?

 

Laut M. Gaukesbrink 1999, 155-168 führe Paulus in 2 Kor 5,14-15 die in bestimmter Form vorgegebene Überlieferung vom stellvertretenden Sühnetod Jesu in den apostolatstheologischen Zusammenhang ein. Damit suche er den zentralen Beweggrund seines apostolischen Dienstes darzustellen. Implizit ermahne er damit die Gemeinde, ihn in diesem Licht zu beurteilen. Auf S. 275-278 legt M. Gaukesbrink dar, dass sich an 2 Kor 5,14-15 zusammenfassend zwei Grundzüge der paulinischen Rede von Sühne im ethischen Zusammenhang aufzeigen ließen: a) Der Sühnetod Christi sei Begründung und Ermöglichung einer neuen Lebensausrichtung. b) Der Sühnetod Christi als Ausdruck der Liebe Christi sei die bleibende Motivation zu einem Handeln gemäß dieser neuen Lebensausrichtung.

 

R. H. Gloer 1989, 397-405 schließt nicht aus, dass mit der "Liebe Christi“ Paulus Liebe Gott gegenüber gemeint ist, doch sei wahrscheinlicher, dass von der Liebe Christi Paulus gegenüber die Rede ist. R. H. Gloer legt dar, was diese Liebe für Paulus und auch für alle Menschen für Konsequenzen hat: Weil einer für alle gestorben ist, sind alle mit Gott versöhnt und können an der neuen Schöpfung teilhaben, indem sie sterben und mit Christus auferweckt werden. Daraus resultiere ein neuartiges Leben.

 

J. Lambrecht 1994, 161-173 vermutet, dass Paulus die Versöhnung mit Gott als die Grundlage für die dringend erforderliche Versöhnung der Korinther mit ihrem Apostel ansieht.

 

Mit der Bedeutungsverschiebung der Präposition "hyper“ im Verlauf von 2 Kor 5,14-15 befasst sich R. Bieringer 2009, 311-328. In V. 14c enthalte "hyper“ die Bedeutungen "anstelle von“ und "stellvertretend für“; in V. 15a bedeute "hyper“ "zugunsten von“ und in V. 15b "stellvertretend für“. "Folglich starben sie alle“ sei metaphorisch zu verstehen: die Menschen sind der Sünde gestorben, d. h. nicht mehr der Sünde unterworfen. Paulus folge nicht einfach nur griechisch-hellenistischem Sprachgebrauch oder wiederhole eine frühchristliche Sterbensformel, sondern fülle eine Glaubensaussage unter den besonderen historischen Bedingungen der korinthischen Gemeinde mit neuem Leben

M. Goulder 1998, 141-148 befasst sich mit der Problematik der Auslegung der Formulierung "Einer starb für alle, folglich starben sie alle.“ ("hoti heis hypêr pantôn apethanen ara hoi pantes apethanon“). Keine der beiden gewöhnlich vorgeschlagenen Interpretationen sei überzeugend. Erstere gehe davon aus, dass gemeint sei: "Christ died for all mankind: so all mankind [potentially] died [metaphorically, to themselves, to sin, to the law, etc.].“ Eine solche Deutung setze laut M. Goulder jedoch eine Vielzahl erläuternder Anmerkungen voraus, wie sie sich woanders in den paulinischen Briefen fänden. Auch die zweite Deutung überzeuge nicht. Sie lege wie folgt aus: "Christ died for all [Christians]: so all [Christians] died [metaphorically].“ Gegen diese Deutung sei jedoch einzuwenden, dass sie den literarischen Sinn des "died“ ("starb“) zu einem metaphorischen umwandelt, obwohl eine erklärende Anmerkung des Apostels, wie sie sich andernorts finde, fehlt. Auch wäre die Begrenzung von "all“ ("alle“) auf "all Christians“ ("alle Christen“) ungewöhnlich. M. Goulder kommt zu folgender Auslegung: Ein Mensch, Adam, sei − als "agent“ ("Urheber/Mittler“) für die gesamte Menschheit gestorben, wie Gott in Gen 3,19 verfügt habe; und er sei deshalb für sie gestorben, damit − nach Gottes Vorsehung − die Lebenden, die Zeitgenossen des Apostels, nicht länger für sich selbst leben, wie sie es bisher getan haben, sondern für Christus, der für sie gestorben und auferstanden ist.

 

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V. 15

 

Beobachtungen: Folglich besagt V. 15, dass er (= Jesus Christus) für alle starb. Ausgesagt ist jedoch nicht nur ein stellvertretender Tod, sondern es klingt auch an, dass der Tod nicht das letzte Wort hat; andernfalls könnte nicht die Existenz von "Lebenden“ das Resultat des stellvertretenden Todes am Kreuz sein.

Der Begriff "Lebende“ bezieht sich wohl nicht in erster Linie auf das leibliche Leben, denn dieses ist nicht von Jesu stellvertretendem Tod am Kreuz abhängig. Er bezieht sich vielmehr auf eine gänzlich neue, durch den stellvertretenden Tod Jesu bewirkte Existenzweise. Diese ist durch ein Leben für Jesus Christus, nicht für sich selbst, geprägt. Die Gläubigen sind also nicht ihre eigenen "Herren“, sondern sie haben nur einen einzigen "Herrn“, nämlich Jesus Christus. Denn nur Jesus Christus haben sie zu verdanken, dass sie vor der letztendlichen Vernichtung durch Gottes Zorn gerettet werden und somit nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben.

 

Weiterführende Literatur: E. J. Jezierska 1997, 105-110 interpretiert V. 15 dahingehend, dass das Leben eines Christen dem "Herrn“ geweiht, aber gleichzeitig dem Mitmenschen gewidmet sein solle, so wie es der "Herr“ uns vorgelebt habe.

 

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V. 16

 

Beobachtungen: Paulus versteht sich selbst als "Lebenden“, und zwar als einen, der für den lebt, der für ihn gestorben und auferweckt worden ist. Seine christliche Existenzweise hat auch Auswirkungen auf seine Erkenntnis. Unklar ist jedoch, wie sie nun beschaffen ist. Man kann nämlich die Formel "kata sarka“ ("dem Fleische nach“, "auf fleischliche Weise“) auf Christus oder auf das Verb "(er)kennen“ beziehen. In ersterem Falle wäre gemeint, dass Paulus den gesamten fleischlichen Aspekten der Existenz Jesu, also der gesamten irdischen Existenz, keine Bedeutung mehr beimisst. Nur der auferweckte und erhöhte Christus wäre demnach von Interesse. In letzterem Falle wäre gemeint, dass Paulus nicht mehr "auf fleischliche Weise“ erkennt. Die Wendung "auf fleischliche Weise“ bezeichnet dabei eine typisch menschliche Sichtweise, die sich im Wesentlichen an dem Äußerlichen und damit Sichtbaren orientiert. Demnach würde Paulus nun über das Sichtbare hinaus erkennen. Im Hinblick auf die Menschen würde dies bedeuten, dass Paulus nicht mehr nur das Äußere anschaut und sich folglich nicht mehr vom Schein blenden lässt; im Hinblick auf Jesus Christus wäre ausgesagt, dass Paulus nicht in erster Linie dessen irdischer Existenz Bedeutung beimisst, sondern das gesamte Heilsgeschehen im Blick hat.

Da sich die Wendung "dem Fleische nach“ bzw. "auf fleischliche Weise“ vor (nicht: nach) dem Objekt "Christus“ findet und außerdem in den vorausgehenden Versen das Erkennen - und nicht das irdische Leben Jesu - Thema ist, ist wahrscheinlicher, dass ein Bezug auf das Verb "(er)kennen“ vorliegt. Paulus will also sagen, dass sein Erkennen nicht mehr "auf fleischliche Weise“ erfolgt. Welche Bedeutung er dem irdischen Leben Jesu beimisst, bleibt offen.

 

Paulus macht deutlich, dass seine Art und Weise des Erkennens einen Wandel durchgemacht hat: Früher hat er auf fleischliche Weise erkannt, jetzt nicht mehr. Es ist anzunehmen, dass der Wandel mit der Bekehrung erfolgt ist. Früher hat er bei den Menschen auf das Äußere geschaut und sich vom Schein blenden lassen. Auch hat er nicht erkannt, dass Jesus der Christus/Messias ist, und ihn für einen am Kreuz Hingerichteten und damit Verfluchten (vgl. Dtn 21,23) gehalten, dessen Anhänger es zu verfolgen galt. Mit der Bekehrung ist ihm jedoch die wahre Bedeutung Jesu offenbar geworden und er hat das Heilsgeschehen verstanden. So ist er vom Christenverfolger zum Apostel geworden, der sich nicht mehr vom Äußeren beeindrucken und vom Schein täuschen lässt. Diese gewandelte Erkenntnis sollte auch für die Adressaten bestimmend sein.

 

Weiterführende Literatur: Mit der Erkenntnis in Angesicht der Zeitenwende befasst sich T. E. Boomershine 1989, 147-167, der auch auf 2 Kor 5,16-17 eingeht.

 

D. Catchpole 2002, 347-366 liest 2 Kor 3,16 als eine Antwort des Apostels auf die ihm gegenüber geäußerte Kritik, dass er dem Judesein Jesu Christi nicht genug Aufmerksamkeit schenke. Tatsächlich sei die paulinische Auslegung grundverschieden von derjenigen seiner Kritiker: Ihm gehe es nicht darum, Jesus in Begriffen des Judeseins zu interpretieren, denn dieses kennzeichne die alte, geteilte Menschheit. Vielmehr sei ihm daran gelegen, Jesus Christus in Begriffen der neuen und vereinten Menschheit zu interpretieren, wie sie durch Tod und Auferstehung des leiblichen Christus entstanden sei.

O. Betz 1983, 167-179 setzt sich kritisch mit der Ansicht früherer Exegeten auseinander, dass Paulus in 5,16 das Fragen nach dem irdischen Jesus, nach seinem Leben und Wirken verurteile. Er knüpft an J. Blank an, der meint, dass sich die Kritik des Apostels nicht gegen den fleischlichen Christus, sondern gegen den fleischlichen Menschen, der sich ein Christusbild schafft, anstatt in Gemeinschaft mit dem gekreuzigten und auferstandenen "Herrn“ zu leben, richte. Das gehe teilweise in die richtige Richtung, bedürfe aber einer näheren Begründung, die von verschiedenen Richtungen her erbracht werden müsse: a) der grammatikalischen Zuordnung der Wendung "kata sarka“ ("dem Fleische nach“); b) dem Zusammenhang, in dem 2 Kor 5,16 steht, insbesondere vom Abschnitt 5,11-21; c) dem atl. Hintergrund, der die Ausführungen des Apostels beherrscht. Ergebnis: Die Wendung "kata sarka“ sei auf das Verb "kennen“, nicht jedoch auf dessen Gegenstand "niemanden“ bzw. "Christus“ zu beziehen. Bezüglich des Zusammenhangs seien nicht nur die vorausgehenden V. 11-15 zu erhellen, sondern auch die folgenden V. 18-21 zu bedenken. Der atl. Hintergrund von 2 Kor 5,14-16 sei Jes 53,3-4. Beides, die Missachtung und die fleischliche Beurteilung des Christus, entspringe nicht einfach subjektiver Willkür, sondern lasse sich theologisch von der Schrift her (vgl. Dtn 21,22-23; Jes 53,3-4) begründen. Die neue soteriologische Erkenntnis des Kreuzes habe das Schriftwort Dtn 21,22-23 nicht etwa aufgehoben, sondern es in ein neues Licht gerückt (> stellvertretende Verfluchung). 2 Kor 5,17 verdeutliche, dass es nicht nur um neues Wissen, sondern um neues Sein gehe.

 

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V. 17

 

Beobachtungen: Die Zeit vor der Bekehrung und Taufe bezeichnet Paulus als das "Alte“, die Zeit danach als das "Neue“. Das "Neue“ ist dadurch geprägt, dass sich der Mensch "in Christus“ befindet, seine ganze Existenz also Christus unterstellt und diesen als seinen "Herrn“ anerkennt. Die Ganzheitlichkeit der Erneuerung des Lebens verdeutlicht Paulus mittels des Ausdrucks "neues Geschöpf“ (oder: "neue Schöpfung“). Der Gläubige ist also ein gänzlich neues Wesen. Das "Neue“ ist im AT (Jes 43,18-19; 65,17) verheißen.

 

Weiterführende Literatur: Ausführlich auf verschiedene Aspekte des V. 17 geht M. V. Hubbard 2002, 133-187 ein.

 

C. B. Cousar 1981, 180-183 untersucht den Kontext von 5,17-21 und geht dann auf verschiedene Schwerpunkte des Textes ein.

 

Zum Fehlen einer "in Christus“-Theologie in 2 Kor 5 siehe J. O’Neill 1987, 99-106.

 

V. P. Branick 1985, 664-675 versucht aufzuzeigen, dass Paulus’ Aussagen nicht nur apokalyptisch zu interpretieren seien, sondern dass der Apostel auch gegenüber späteren Formen präsentischer Eschatologie offen sei. Solche präsentische Eschatologie sei im Keim auch in 2 Kor 5,17 angelegt.

 

Laut F. Wilk 1998, 276-280 rezipiere der Apostel in 2 Kor 5,17c-d und seinem Umfeld Jes 42,6-9; 43,18-19 − 44,2 und 48,3.6-7 − vielleicht könne man auch sagen: 48,3-9; dabei deute er diese Texte auf das eschatologische Heilsgeschehen in Christus, das dem Menschen eine neue Lebenswirklichkeit eröffne.

 

Laut K. Kertelge 1997, 139-144 erhalte der aus der jüdisch-apokalyptischen Überlieferung überkommene Begriff der "neuen Schöpfung“ bei Paulus im Zusammenhang seiner Heilsbotschaft die Bedeutung eines theologischen Signals. Sowohl in Gal 6,15 als auch in 2 Kor 5,17 bezeichne er die im Tod Jesu Christi eröffnete neue Lebenswirklichkeit, die "das Alte“ als Ausdruck einer vergangenen "Werteordnung“ überhole (Phil 3,3-9) und jetzt die eschatologisch-neue Grundordnung darstelle, den "Kanon“, dem es zuzustimmen gelte (Gal 6,16). Christen stünden daher gegenüber der "neuen Schöpfung“ unter "Zustimmungspflicht“. Die vorhergehenden Kapitel des Galaterbriefes böten dazu den Erklärungskontext. Paulus präsentiere die Aussage von der "neuen Schöpfung“ nicht nur als allgemein gültige christliche Einsicht. Vielmehr sehe er sich und die korinthische Gemeinde, auch und gerade in ihrem Verhältnis zueinander, davon betroffen. Der Dienst des Apostels habe die Funktion, dem Versöhnungswerk Gottes auf dem Weg zum Menschen zu helfen.

C. Hoegen-Rohls 2001, 143-153 fragt, wie es klingt, wenn Paulus in 2 Kor 5,17 und Gal 6,15 von "Neuer Schöpfung“ spricht. Sie konzentriert sich dabei auf Stilmittel des Wortschatzes sowie auf den mikrostilistischen Bereich der Satzebene, um hier "kainê ktisis“ ("Neue Schöpfung“) als klangstilistisches Merkmal wahrzunehmen, durch das theologisch relevante Inhalte artikuliert werden. Exemplarisch könne dabei deutlich werden, dass die Klangstruktur eines Textes zu jenen Faktoren gehört, durch die nicht nur seine rhetorische Wirkung und seine pragmatische Absicht verstärkt, sondern auch seine semantische Leistung entscheidend geprägt wird. Antwort: Wenn Paulus von "Neuer Schöpfung“ spreche, dann müssten wir den soteriologisch-eschatologischen Klang der "Neuen Schöpfung“ zur Geltung bringen, der in der paulinischen Christologie begründet sei. Wenn Paulus von "Neuer Schöpfung“ spreche, dann erklinge die Wahrheit seines Evangeliums von der Heilsbedeutung des Todes Jesu, die seine Hörerinnen und Hörer zur "kainotês“, zur eschatologischen Neuheit des Lebens führe.

Welche kommunikativen Impulse von "neuer Schöpfung“ als einem Leitthema einer Anthropologie, die Paulus im innerchristlichen Diskurs gewonnen und für die Außenwirksamkeit des christlichen Glaubens fruchtbar gemacht hat, in die allgemeine Diskussion um das Wesen des Menschen und seiner Würde ausgehen, lasse sich laut U. Mell 2001, 345-364 in drei Schritten zeigen: 1) Die Differenz von "neuer Schöpfung“ zur frühjüdischen Anthropologie; 2) Die christologische Grundlegung der christlichen Anthropologie; 3) Die Perspektive des christlichen Menschenbildes der "neuen Schöpfung“

 

D. L. Bartlett 2000, 229-250 geht der Frage nach, inwiefern gemäß dem NT, v. a. den paulinischen Briefen, Gottes erlösendes Handeln in Jesus Christus universal ist. Dabei nimmt er das Motiv der "neuen Schöpfung“ in den Blick. Zu 2 Kor 5,16-21 merkt D. L. Bartlett an, dass nicht klar sei, ob die "neue Schöpfung“ ein Geschenk für die Glaübigen oder eine Hoffnung für die ganze Menschheit ist. V. 17a (Übersetzung: "For anyone who is in Christ there is a new creation“) könne bedeuten, dass die Christen das Geschenk erhalten, aber auch, dass die Christen das Geschenk oder Versprechen einer Erde, die ganz mit Gott versöhnt ist, erkennen.

 

G. Nebe 2002, 111-137 geht der Frage nach, welche Rolle das Thema der "Schöpfung“ in der Theologie des Paulus spielt. Dabei geht er auch auf 2 Kor 5,17-19 ein. Hier verstehe der Apostel das, was in Christus geschehen ist, und das Sein in Christus als die Grundlage für die Existenz als neue Schöpfung. In dieser Sphäre existierten der einzelne Christ und die Kirche als Ganze. Im Zweiten Korintherbrief und im Galaterbrief (6,13-15) sei "Neue Schöpfung“ ein Begriff, der sowohl kirchlich-kollektiv als auch indivuell zu verstehen ist.

 

Angesichts der globalen Krisensituation, die alle Menschen in gemeinsamer Betroffenheit und Verantwortung auf den Plan rufe, verweise uns laut I. Kitzberger 1989, 163-170 die Frage nach der spezifisch christlichen Begründung und Dimension des Engagements für Friede, Gerechtigkeit und für die Bewahrung der Schöpfung auf die ntl. Texte als Glaubenszeugnisse des Anfangs. Neben den Traditionen der Jesusüberlieferung komme dabei den paulinischen Briefen besondere Bedeutung zu, da sie nicht nur einen Großteil des NT ausmachen, sondern weil die Themen Friede, Gerechtigkeit und Schöpfung eine zentrale Stellung innerhalb der Theologie des Paulus einnehmen. Entlang ihres begrifflichen Vorkommens versucht I. Kitzberger diese Themen in ihrer Bedeutungsdimension im jeweiligen Kontext zu erhellen, um von daher Weg-weisungen für die heute aktuelle Problemstellung und Diskussion zu gewinnen, und nicht umgekehrt solle diese an die Texte herangetragen werden.

 

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V. 18

 

Beobachtungen: All das im Vorhergehenden Geschilderte ist Gott allein zu verdanken. Gott ist es, der versöhnt hat. Versöhnung ist erforderlich, weil ohne sie jedes Vergehen aufgerechnet und schließlich von Gott bestraft würde. Den Juden dienen verschiedene Opferrituale der Versöhnung, wobei insbesondere das Sündenbock-Ritual (vgl. Lev 16) am Versöhnungstag (Jom Kippur, am 10. Tischri) zu nennen ist. Paulus sieht dagegen den stellvertretenden Kreuzestod Jesu Christi als das letztgültige Sühneopfer an, sodass Paulus davon sprechen kann, dass die Versöhnung "durch Christus“ geschehen sei. Der Gedanke des stellvertretenden Opfers ist eng mit der Vorstellung verbunden, dass die Menschen in das mit Christus verbundene Geschehen korporativ eingeschlossen seien.

Die Versöhnung geht von Gott aus und erfolgt mittels seines Sohnes Jesus Christus. Dem Menschen kommt nun die Aufgabe zu, das Versöhnungsgeschehen gläubig anzunehmen. Dazu ist er jedoch nur in der Lage, wenn er die frohe Botschaft von der Versöhnung auch erfährt. Die Verbreitung der frohen Botschaft bedarf also der "Diener“. Diese "Diener“, zu denen sich Paulus zählt, führen den "Dienst der Versöhnung“ aus.

 

Weiterführende Literatur: Laut M. D. Hooker 2009, 643-650 fänden sich in 2 Kor 5,11-21 drei Zusammenfassungen des Evangeliums, das ihn zur Verkündigung zwinge: V. 14-15; V. 18-20; V. 21. Der Wortlaut lege nahe, dass Paulus diese drei Zusammenfassungen benutzt hat, um sein Verständnis vom Dienst zu unterstreichen − einem Dienst, der durch die im Evangelium offenbarte Liebe Gottes erzwungen wird. Da sein Dienst vom Evangelium geformt werde, könne dieses nicht vom paulinischen Verständnis des Evangeliums getrennt werden. Dass sich Paulus selbst empfiehlt (vgl. 2 Kor 6,4), habe seinen Grund darin, dass sein Leben als Diener Gottes, das immer von Christus abhängt, als Vorbild für die Gläubigen in Korinth dient.

 

C. Schluep 2005 befasst sich mit der metaphorischen Redeweise, mittels derer Paulus vom Tod Jesu spreche. Sühne (Röm 3,21-26), Versöhnung (2 Kor 5,18-21), Fluch und Loskauf (Gal 3,10-14) seien solche Metaphern, die das, was am Kreuz geschehen ist, in je eigener Art zur Sprache bringen. Woher stammen sie? In welche Kontexte sind sie eingebettet? Wie sind sie strukturiert, wie interagieren sie untereinander? C. Schluep weist auf, dass es sich nicht um soteriologische Einzelaussagen, sondern um ein Netzwerk mit deutlichem Fokus handele: dem Ort des Christus, der Leben gnädig gewährt. Die metaphorische Sprache beschreibe aber diesen Ort nicht nur, sondern bewege den Menschen dorthin. Neben einer ausführlichen Exegese der drei Haupttexte − 2 Kor 5,18-21 ist auf S. 147-225 Thema − liege der Schwerpunkt der Arbeit denn auch darin, diese Bewegungsrichtung für die Gegenwart fruchtbar zu machen, aufzuzeigen, was diese soteriologischen Metaphern, die auf unterschiedliche Weise das "für mich“ ausdrücken, heute bedeuten können − auch in der kirchlichen Praxis.

S. E. Porter 1994, 125-144 untersucht zunächst die literarische Einheitlichkeit von 2 Kor 5,18-21 im weiteren Rahmen des gesamten Zweiten Korintherbriefes und geht dann auf exegetische Fragen ein, die eine Skizze der Passage sowie die Frage nach dem Gebrauch des Verbs "katallassô“ ("versöhnen“) und des entsprechenden Substantivs umfassen. S. E. Porter sieht den Text als Beleg für seine zentrale These, dass Paulus der erste bekannte Autor sei, der das Verb als Aktiv aussagen lässt, dass die verletzte Seite (in diesem Fall Gott) in einer Beziehung die Initiative zur Versöhnung zwischen sich und der verletzenden Seite ergreift.

Auf verschiedene Fragen rund um die Bedeutung und Herkunft der Versöhnungsvorstellung und −terminologie geht M. E. Thrall 1982, 227-232 ein.

G. K. Beale 1989, 550-581 legt dar, dass meist kein spezifisch atl. Hintergrund der paulinischen Versöhnungsvorstellung angenommen werde, doch lasse sich ein solcher durchaus ausmachen. So sei 2 Kor 5,14-7,7 als literarische Einheit zu verstehen, die im Lichte der atl. prophetischen Verheißungen der Wiederherstellung Israels nach der Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. und der Verbannung in das babylonische Exil zu lesen sei (vgl. v. a. Jes 40-66). Christi Tod und Auferstehung leite nach Paulus’ Vorstellung die Erfüllung der Verheißungen von Israels Wiederherstellung und der neuen Schöpfung ein.

A. J. Chvala-Smith 1991, 210-221 versucht zu zeigen, dass die Versöhnungsterminologie ihren Platz im hellenistischen Judentum hatte, ihr vorrangiger sozialer Kontext jedoch das politische Leben des antiken Stadtstaates war. Paulus’ Hinweise auf seinen Dienst der Versöhnung in 5,18-20 spiegelten den politischen Hintergrund dieser Terminologie wider. Paulus benutze angemessenerweise diesen Sprachgebrauch, weil er im Dienst der Versöhnung aktiv sei. Die theologische Bedeutung von "katallassô“ ("versöhnen“) und "katallagê“ ("Versöhnung“) leite sich von dem her, was Paulus’ Zeitgenossen als politische Aktivität verstanden haben.

 

A. Étienne 1985, 49-75 meint, dass der sehr verdichtete V. 18 gleichzeitig die Grundlage der Versöhnung − alles geht von Gott aus − und den Auftrag, der sich daraus herleitet, ausdrücke. Er fasse die Abfolge des Artikels zusammen: a) alles geht von Gott aus; b) der versöhnte Mensch ist eine neue Kreatur; c) der Dienst der Versöhnung.

 

R. Bieringer 1994, 413-428 befasst sich mit der Bedeutung der Formulierung "Dienst der Versöhnung“ ("diakonia tês katallagês“) in ihrem Zusammenhang. Dabei geht er in drei Schritten vor: Zunächst untersucht er die Bedeutung der diakon-Terminologie im Allgemeinen. Dann nimmt er die Bedeutung der Wortgruppe in den paulinischen Briefen in den Blick. Schließlich analysiert er die Bedeutung des Begriffs "Dienst der Versöhnung“ in 2 Kor 5,18.

 

O. Hofius 1997, 231-234 hält 5,18-21 für die Grundstelle für folgende Sicht des Heilsgeschehens: Das Heilshandeln Gottes in Jesus Christus schließe zwei konstitutive Momente in sich: zum einen den Kreuzestod und die Auferweckung Jesu als die rettende Tat Gottes, zum andern die Kundgabe dieser Tat als das rettende Wort Gottes. Beide Momente − Heilstat und Heilswort − seien dieser Erkenntnis zufolge in ihrem differenzierten Zusammenhang das eine Heilsgeschehen der Zuwendung Gottes zu dem in Sünde verlorenen Menschen.

 

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V. 19

 

Beobachtungen: V. 19 stellt eine Erläuterung von V. 18 dar, die feststellenden Charakter hat.

 

Fraglich ist, worauf sich "en christô“ ("in/durch Christus“) bezieht. Man kann es zu "ên“ ("er war“) ziehen, womit die Gegenwart Gottes in Christus betont wäre. Die Übersetzung lautet dann "..., dass Gott in Christus war“. Gegen diese Möglichkeit spricht, dass eine solche Ausdrucksweise bei Paulus singulär wäre. Bezieht man "en christô“ - das ist die zweite Möglichkeit - auf das Partizip "katalassôn“ ("versöhnend“), dann liegt die Betonung auf Gott. Die Übersetzung lautet dann: "..., dass Gott es war, der in/durch Christus die Welt mit sich selbst versöhnte“. Ein solcher Bezug ließe jedoch einen Artikel vor dem Partizip erwarten.

 

Die Versöhnung geschieht dadurch, dass Gott den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnet. Sie ist universal, denn Gott hat die (ganze) Welt mit sich versöhnt.

Mit der Versöhnung ist untrennbar das "Wort der Versöhnung“, also die Verkündigung der frohen Botschaft von der Versöhnung verbunden. Nur durch die Verkündigung kann nämlich die Versöhnung gläubig angenommen werden.

 

Nachdem Paulus zunächst in V. 19 von der "Welt“ und von "ihnen“, den Menschen, gesprochen hat, kommt er nun konkret auf "uns“ zu sprechen: Gott hat unter "uns“ das Wort der Versöhnung aufgerichtet. "Uns“ meint sicherlich zunächst einmal alle Menschen, dann aber ganz konkret die korinthischen Gemeindeglieder und Paulus. Das Wort der Versöhnung ist also hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den korinthischen Gemeindegliedern und Paulus von besonderem Interesse.

 

Weiterführende Literatur: O. Hofius 1980, 3-20 legt dar, dass 2 Kor 5,18-21 zu denjenigen Texten gehöre, deren Gedankenführung erst dann durchsichtig werde, wenn man ihre chiastische Struktur erkennt.

 

L. Klehn 1994, 66-79 befasst sich mit der Verwendung der Wendung "in Christus“ bei Paulus, wobei er auch Erwägungen zu den Wandlungen in der paulinischen Theologie bietet und auf S. 70-71 konkret auf 2 Kor 5,19a eingeht.

 

2 Kor 5,19a ist das Thema der Untersuchung von R. Bieringer 1987, 295-326. Sie umfasst vier Abschnitte: Im ersten stellt er den weiteren und insbesondere den engeren Kontext von 5,19a dar. Der zweite Abschnitt enthält eine Analyse der grammatischen Schwierigkeiten dieses Halbverses. Im dritten Abschnitt untersucht er die Frage, ob V. 19a der vorpaulinischen Tradition entstammt bzw. einen Traditionskern enthält, bevor er schließlich in einem vierten Abschnitt noch einmal zusammenfassend die eigene Exegese dieses Halbverses vorstellt.

 

Laut M. Lang 1996, 46-50 beschreibe das Partizip als Prädikatsnomen die Verbindung von "ên“ ("er war“) und "katallassôn“ ("versöhnend“) in 2 Kor 5,19a zutreffend; der Verbalbegriff werde dadurch betont, das Gesagte werde unterstrichen, um so einer theologischen Fehlentwicklung zu wehren. Der Zeitaspekt spiele daher in dieser Konstruktion keine Rolle.

 

Laut O. Hofius 2006, 75-86 beschreibe Paulus das Heilshandeln Gottes in Jesus Christus als den differenzierten Zusammenhang von Versöhnungstat und Versöhnungswort. Der Wortaspekt komme dabei außer in V. 20 in den beiden Sätzen V. 18c und V. 19c zur Sprache. Zur Bedeutung und Übersetzung von V. 19c: Die erste Deutung sehe das Verb "titesthai“ in der Bedeutung "legen/niederlegen“ verwendet und beziehe den präpositionalen Ausdruck "en hêmin“ ("in uns“) auf Paulus selbst bzw. auf Paulus und die anderen Apostel. Die wörtliche Übersetzung laute dementsprechend etwa: Gott hat "in uns das Wort der Versöhnung gelegt“, und das werde dann dahingehend interpretiert, dass Gott dem Apostel das "Wort der Versöhnung“ anvertraut bzw. ihn mit diesem "Wort“ betraut hat. Nach der zweiten Deutung heiße "titesthai“ in V. 19c "einsetzen/aufrichten“, und für den präpositionalen Ausdruck "en hêmin“ werde die Bedeutung "unter uns“ postuliert. Als Übersetzung ergebe sich in diesem Fall die bekannte Formulierung der Lutherbibel: Gott hat "unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung“. Der Satz besage dann, dass "unter uns Menschen“ bzw. "unter uns Christen“, d. h. in der Kirche, aufgrund göttlicher Setzung das "Wort der Versöhnung“ vorhanden ist. O. Hofius hält die erstgenannte Deutung aus sprachlich-philologischen Gründen für problematisch und weist zugunsten der zweitgenannten Deutung darauf hin, dass die in 2 Kor 5,19c begegnende Wendung "titesthai ti en tini“ in Ps 77,5LXX eine lehrreiche Parallele habe. Diesem Argument fügt er weitere Argumente an.

 

M. L. Soards 1985, 104-109 legt dar, dass die "Gerechtigkeit Gottes“ in den paulinischen Briefen die rettende Kraft Gottes sei, die in der Welt zur Rettung der Menschen wirke.

 

K. Wengst 2003, 14-20 befasst sich mit ntl. Aussagen zum Frieden. Dabei geht er auch auf 2 Kor 5,19 ein, wobei er die Meinung vertritt, dass hier, ohne dass das Wort "Friede“ gebraucht werde, vom Frieden die Rede sei: Gott schaffe universale Versöhnung und stifte Frieden zwischen Himmel und Erde.

 

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V. 20

 

Beobachtungen: Die "Diener der Versöhnung“ sind im Auftrag des "Herrn“ unterwegs, das heißt sie sind seine Gesandten. Gesandte sind deshalb erforderlich, weil Jesus Christus im Himmel erhöht ist und auf Erden nicht mehr selbst leibhaftig verkündigen kann. Die Gesandten verkündigen also an seiner Statt. Sie sind dazu befähigt, weil sie seine Zeugen sind.

 

Die Verkündigung ist nicht nur die Überbringung der frohen Botschaft, sondern zugleich Ermahnung. Es handelt sich jedoch nicht um eine gewöhnliche Ermahnung von Mensch zu Mensch, sondern um eine, die eigentlich von Gott kommt. Die "Diener der Versöhnung“ äußern sie nur in seinem Auftrag.

Die Ermahnung hat keinen herablassenden Charakter, sondern einen bittenden. Die Bitte lautet: "Lasst euch mit Gott versöhnen!“ Die Hörer des Evangeliums sollen also die frohe Botschaft gläubig annehmen. Ob sie dies tatsächlich tun, hängt von ihnen selbst ab. Dass die "Diener der Versöhnung“ um die Annahme des Evangeliums bitten, macht deutlich, dass mit ihr das Heil verbunden ist. Den "Dienern der Versöhnung“ ist am Heil der Hörer des Evangeliums gelegen; die Verkündigung samt Bitten ist also als Liebesdienst an den Hörern zu verstehen.

 

Weiterführende Literatur: R. K. Moore 2003, 146-155 geht der Frage nach, wie V. 20b angemessen zu übersetzen ist. Dabei geht er auf den Kontext des V. 20, auf die Bedeutung der paulinischen Versöhnungslehre und auf den Autor und seine Adressaten ein. Ergebnis: Die traditionelle Übersetzung, die annehmen lasse, dass Paulus seine Adressaten zur Versöhnung mit Gott dränge, sei irreführend, denn die Versöhnung der Adressaten habe schon stattgefunden, als der Apostel und seine Mitarbeiter die Korinther während der zweiten Missionsreise bekehrte.

 

S. Kim 1997, 360-384 kommt zu dem Ergebnis, dass Paulus die soteriologische Metapher "Versöhnung“ von seinem Bekehrungserlebnis bei Damaskus her entwickelt habe. Dies schließt er aus folgenden Feststellungen: a) Die Versöhnungs-Terminologie findet sich im NT nur bei Paulus. b) Paulus’ Gebrauch der Versöhnungs-Terminologie spiegele sowohl den hellenistischen als auch den hellenistisch-jüdischen Hintergrund wider, doch sei seine stetige Formulierung, dass Gott die Menschen mit sich selbst versöhne, einzigartig. c) 2 Kor 5,11-21 enthalte zahlreiche Anspielungen auf das Damaskuserlebnis. d) Paulus’ Betonung, dass Gott ihn mit sich selbst versöhnt habe, und das Selbstverständnis des Apostels als beauftragter "Diener der Versöhnung“ seien eine Antwort auf den Vorwurf seiner Gegner, Paulus sei in der Vergangenheit ein Feind Christi und der Kirche gewesen − ein Vorwurf, der das Ziel gehabt habe, den auf dem Damaskuserlebnis beruhenden apostolischen Anspruch in Misskredit zu bringen.

 

J. Schröter 2006, 87-107 hat das Verhältnis von Gott, Apostel und Gemeinde innerhalb der durch das Christusereignis begründeten Gemeinschaft zum Thema. Der Blick auf solche Texte, in denen Paulus die Gestaltwerdung des Evangeliums beschreibt, zeige, dass es sich hierbei um einen Prozess handelt, der seine Struktur vom Christusgeschehen selbst erhält. Tod und Auferweckung Jesu Christi hätten für Paulus ein Geschehen in Gang gesetzt, in das er selbst in besonderer Weise hineingenommen ist. In seiner eigenen Existenz bilde sich dabei das Geschehen von Tod und Auferweckung ab, weil Gott an dem Verkünder des Evangeliums in analoger Weise handelt wie an Christus selbst. Die Gemeinschaft mit den Leiden Christi, das Gleichgestaltetwerden mit seinem Tod, das Mitgekreuzigtwerden mit ihm sind für Paulus Ausdruck der Zugehörigkeit zu Christus, er selbst vermittele dieses Geschehen und schaffe dadurch Gemeinden, deren Mitglieder nicht mehr durch ihre vorherige Identität als Jude oder Heide, sondern durch die Gemeinschaft mit Christus geprägt sind. Die Besonderheit seiner eigenen Rolle gründe dabei nicht in einer von Menschen verliehenen Autorität − dies weise Paulus vielmehr im Galaterbrief (1,1.12) energisch zurück -, sondern in der Berufung durch Gott selbst.

 

J. Schröter 1993 charakterisiert das apostolische Wirken des Paulus als Dienst eines Mittlers bzw. als das eines versöhnenden Gesandten. Der paulinische Apostolat sei eine soteriologisch relevante Größe. Der Apostel sei nicht nur berufener Missionar und beauftragter Bote des "Herrn“, sondern er begreife sich als Mittler, dessen Verkündigung selbst Teil des − noch nicht abgeschlossenen − Heilsgeschehens sei. Nur wenn die Gemeinden ihn als den von Gott gesandten Versöhner akzeptierten, hätten sie die Gnade Gottes wirklich angenommen. J. Schröter greift ein Ergebnis von C. Breytenbach 1989 auf, wonach "presbys/presbeuein“ ("Mittler/Gesandter; Mittler/Gesandter sein“) die antike Vorstellung eines Gesandten als Mittler bei Friedensverhandlungen ins Spiel bringe. E. Lohse wendet in seiner Rezension (ThLZ 115 [1990], 741-745) der Studie von J. Schröter ein, dass der Begriff bei Paulus ausschließlich in 2 Kor 5,20 auftauche und Paulus selbst sich nicht "Versöhner“ nenne, wie das die antiken Texte täten, wenn sie diesen besonderen Auftrag des Gesandten charakterisieren. Gott allein sei es, so E. Lohse, von dem die Versöhnung ausgeht und verwirklicht wird. Wenn das stimmt, so J. Hainz 2006, 207-225, brauche es keinen Mittler (wie den Apostel) und keine vermittelnde Instanz (wie die Kirche). J. Hainz denkt, dass J. Schröter und C. Breytenbach Recht haben, wenn sie davon sprechen, dass Paulus, wenn er sich selbst als Gottes Gesandter auslegt, auf antike Vorstellungen von der Rolle solcher Gesandter bei Friedensverhandlungen zurückgreife. Ziel solcher Verhandlungen sei ja immer Versöhnung, und der Gesandte habe das Versöhnungsangebot zu unterbreiten.

 

Gemäß R. Bieringer 2008, 11-38 werde der Aorist Imperativ Passiv "katallagête“ in V. 20 oftmals mit "lasst euch versöhnen“ übersetzt. Die von Paulus verlangte menschliche Aktivität werde also auf die Annahme von Gottes Geschenk der Versöhnung begrenzt. R. Bieringer macht jedoch mit Verweis auf 1 Kor 7,11 deutlich, dass die passive Verbform durchaus auch reflexiv verstanden werden könne: "versöhnt euch selbst mit Gott“. Der Kontext lasse annehmen, dass hier tatsächlich eine reflexive Bedeutung vorliegt.

 

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V. 21

 

Beobachtungen: Gemäß Paulus hat Jesus keine Sünde begangen. Er wurde vielmehr von Gott für die Menschen/Christen zur Sünde gemacht. Zu beachten ist, dass Paulus hier von Jesus als "Sünde“ und nicht als "Sündopfer“ spricht. Warum Paulus hier einen solch abstrakten Begriff gebraucht, ist fraglich. Zu einer möglichen Antwort auf diese Frage führt die Beobachtung, dass "Sünde“ das Gegenteil von "Sündlosigkeit“ ist. Jesus war nicht teilweise sündlos und wurde auch nicht teilweise sündig, sondern er war/wurde beides ganz und gar. Wenn Jesus in seiner Gänze von Gott zur "Sünde“ gemacht wurde, so lässt dies darauf schließen, dass auch die gesamte Sünde der Welt auf ihn geladen wurde. Diese Schlussfolgerung passt zu V. (18-)19, wonach Gott durch Christus die (gesamte) Welt mit sich selbst versöhnt hat. Die Welt ist somit also sündlos geworden, Christus dagegen "Sünde“.

 

Wenn die Welt "in/durch Christus“ sündlos geworden ist, so gibt es keine Sünden mehr, die am Ende der Tage aufgerechnet werden und zur Verdammung führen. Folglich sind die Menschen allesamt gerechtfertigt - und sie sind es in ihrer Gänze, so dass Paulus sie als "Gottes Gerechtigkeit“ bezeichnen kann. Diese Bezeichnung könnte auch dem sündlosen Jesus vor seinem Tod am Kreuz für unsere Sünden zukommen.

 

Weiterführende Literatur: P. Grelot 2006, 94-99 merkt an, dass der griechische Begriff "hamartia“ sowohl "Sünde“ als auch "Sündopfer“ bedeuten könne. Hier liege wohl die Bedeutung "Sündopfer“ vor.

P. Ellingworth 1987, 237-241 geht der Frage nach, wie V. 21 zu übersetzen ist. Am ehesten sei im Sinne einer Identifikation ("for our sake God made him one with human sinfulness“) oder eines Sündopfers ("for our sake God made the sinless one a victim for sin”) zu übersetzen. Erstere Interpretation könne im Rahmen des Bibeltextes ausgedrückt werden, letztere in einer Anmerkung.

 

Mit der Taufe und Gerechtigkeit in den Korintherbriefen (1 Kor 6,1-11; 1,30; 2 Kor 5,21) befasst sich U. Schnelle 1983, 34-53. Ergebnis: Insbesondere die Exegese von 1 Kor 6,11 und 1,30 zeige die feste Verbindung von Gerechtigkeit und Taufe in den vorpaulinischen Tauftraditionen der Korintherbriefe auf. Dabei seien das Substantiv "dikaiosynê“ ("Gerechtigkeit“) und das Verb "dikaioun“ ("rechtfertigen“) weder in den vorpaulinischen Traditionen noch bei Paulus selbst im Sinn der Rechtfertigungslehre des Galaterbriefes und Römerbriefes zu verstehen. Sie meinten Gerechtmachung in der Taufe und seien somit ontologische Aussagen mit einem starken ethischen Akzent. Ein Bezug zum "Gesetz“ oder zum "Glauben (oder: Treue)“ sei nicht erkennbar. Die Korintherbriefe enthielten in zweifacher Hinsicht das Präludium zur Rechtfertigungslehre des Galaterbriefes und Römerbriefes. Zum einen erscheine in 2 Kor 5,21 erstmals der Begriff "dikaosynê theou“ ("Gerechtigkeit Gottes“), zum anderen deute sich ein reflektiertes Gesetzesverständnis im Sinn des Galaterbriefes und des Römerbriefes an (vgl. 1 Kor 15,56).

 

R. K. Moore 1996, 707-715 befasst sich mit sämtlichen Vorkommen der Kombination der Begriffe "dikaiosynê“ ("Gerechtigkeit“) und "theou“ ("Gottes“) in den paulinischen Briefen. Der früheste Gebrauch in den noch existierenden paulinischen Briefen finde sich in 2 Kor 5,21. Diese Stelle sei der Auslegungsschlüssel für alle weiteren Stellen.

J. V. Fesko 2007, 2-22 geht kritisch auf die Ansicht von N. T. Wright 2002, 200-208 ein, dass es sich bei "dikaiosynê theou“ ("Gerechtigkeit Gottes“) um einen genitivus possessivus oder um einen genitivis subiectivus handele, nicht aber um einen genitivus originis. Die Gerechtigkeit komme demnach nicht von Gott, sondern sei Gott eigen. "Dikaiosynê theou“ sei ein terminus technicus für "die Bundestreue des Gottes Israels“. Dass "Gerechtigkeit“ immer Gottes Bundestreue, Rechtfertigung oder Bundesmitgliedschaft bedeute, wie von N. T. Wright behauptet, sei gemäß J. V. Fesko nicht für alle Bibelstellen zutreffend, wie sich an Ps 24,5 und Phil 3,9 zeigen lasse. N. T. Wright folge fälschlicherweise bezüglich 2 Kor 5,21 und Röm 5,17-19 der römisch-katholischen Sichtweise von der Eingießung (Infusion) der Gerechtigkeit als einer dem Menschen eignenden Qualität, nicht der reformierten, wonach die Gerechtigkeit zugesprochen/angerechnet (imputiert > imputative Gerechtigkeit) wird.

Zur evangelikalen Diskussion um die imputative Gerechtigkeit siehe M. F. Bird 2004, 253-275. Er sieht keine ausreichenden Belege für eine imputative Gerechtigkeit und spricht stattdessen von "incorporated righteousness“. Die paulinische Vorstellung von der Gerechtigkeit, die die Christen kleidet, sei christuszentriert, von Christus also nicht zu abstrahieren und auf die Christen zu projizieren. Sie sei ausschließlich in Christus als verherrlichter Fleischwerdung von Gottes Gerechtigkeit zu verorten

M. D. Hooker 2008, 358-375 versteht 2 Kor 5,21 als eine Aussage, die alle Menschen“ in Christus“ und nicht nur Paulus und seine Mitarbeiter betreffe. Die "Gerechtigkeit Gottes“ beziehe sich in erster Linie auf die Aktivität Gottes, der die Dinge in Ordnung bringe. Gottes Gerechtigkeit sei eine heilende Kraft, die Leben und Versöhnung bringe. Diejenigen, die "Gerechtigkeit werden“, seien die Instrumente, mittels derer sich diese Kraft in der Welt manifestiere.

M. D. Hooker 1985, 3-17 sieht 2 Kor 5,21 und 8,9 als die beiden am klarsten einen "Austausch“ verdeutlichenden Bibelstellen an. Dabei bedeute "Austausch“ nicht einfach nur, dass die Christen in dem Sinne wie Christus werden, dass sie seinen Status vor Gott teilen; wenn sie zur "Gerechtigkeit Gottes in ihm“ gemacht werden, impliziere das moralische Gerechtigkeit. Gemäß Paulus habe sich das Verhalten der Christen an dem Beispiel Christi zu orientieren.

 

R. Bieringer 1994, 461-513 untersucht zunächst die Funktion, die 5,21 im Rahmen von 5,18-21 und 6,1-10 zugeschrieben wird. Dann fragt er, wie die Exegeten die Struktur des Verses bestimmen, und wendet sich dem Problem zu, ob Paulus in 5,21 selbstständig formuliert oder ob er eine Tradition benutzt. Darauf folgt ein Forschungsüberblick über die Interpretation von "er hat … zur Sünde gemacht“ und "Gerechtigkeit Gottes“ in 5,21. Schließlich stellt er in einem letzten Abschnitt seinen eigenen Zugang zu diesem Vers vor.

 

R. Schwager 1985, 109-123 legt dar, dass in der neueren Bibelauslegung herkömmliche theologische Interpretationen des Todes Christi hinterfragt würden. Es würden stattdessen zwei ntl. Heils- oder Erlösungslehren unterschieden: Die eschatologische Erlösungslehre besage, dass Jesus seinen Zuhörern die Vergebung der Sünden durch die Botschaft des kommenden Gottesreiches verheißen habe. Die staurologische Erlösungslehre dagegen nehme an, dass die Sünden der Menschen nur durch den sühnenden Kreuzestod Jesu vergeben werden. R. Schwager diskutiert die Erlösungslehren von der Kreuzesinterpretation René Girards ausgehend.

Der Artikel von K. Löning 1994, 138-143 hat das Ziel, die inhaltliche Bedeutung sühnetheologischer Aussagen in Bezug auf den Tod Jesu und ihre Leistung als Kategorien der urchristlichen Soteriologie zu bestimmen.

B. H. McLean 1991, 187-206 untersucht, inwiefern Christus in der paulinischen Heilstheologie als "pharmakos“ (Mensch, durch dessen Opferung/Hinrichtung die Schuld anderer gesühnt wird) erscheint, wobei er insbesondere auf Gal 3,10-14 und 2 Kor 5,21 eingeht. Dabei thematisiert er auch "Pharmakos-Rituale“, fragt nach den zugrunde liegenden Vorstellungen, möglichen Absichten und den Ausübungsmethoden und untersucht schließlich, ob Paulus Pharmakos-Rituale kannte.

B. H. McLean 1992, 531-553 vertritt die Ansicht, dass der atl. Befund und derjenige der paulinischen Briefe eine Interpretation von Christi sühnendem Tod als Opfer verbiete. Er entwickelt seine Argumentation von folgenden Feststellungen aus: a) ein Opfer sühne nicht persönliche Sünde; b) eine Opfergabe werde weder sündig noch verflucht, sondern bleibe heilig; c) es gebe in den paulinischen Briefen keine eindeutigen Hinweise darauf, dass der Apostel Christi Tod als sühnendes Opfer versteht; d) auch Hinweise auf Christi Blut in den paulinischen Briefen seien nicht als Anspielungen auf ein sühnendes Opfer zu verstehen; e) Paulus’ Deutung von Christi Leiden und Sterben sei mit Opfertheologie unvereinbar.

 

B. H. McLean 1996, 108-113 diskutiert bezüglich der Formulierung "für uns zur Sünde / zum Sühnopfer“ gemacht, ob das griechische Wort "hamartia“ hier mit "Sünde“ oder mit "Sühnopfer“ zu übersetzen ist. Ergebnis: Erstere Übersetzung sei die richtige.

 

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V. 1

 

Beobachtungen: Paulus hat in 5,18 sein Tun als Dienst der Versöhnung bezeichnet. Weil er die Versöhnung predigt, deshalb wirkt er an ihr mit und ist ein Mitarbeiter. Weil die Versöhnung von Gott, der in Christus war, ausgeht, ist Paulus ein Mitarbeiter Gottes im Hinblick auf die Versöhnung.

 

Die Korinther haben die Gnade Gottes in der Vergangenheit (Aorist!) empfangen, d. h. gläubig angenommen. Es handelt sich also nicht um einen dauerhaften Vorgang, sondern der Empfang ist an ein bestimmtes Ereignis geknüpft. Es muss sich um ein Ereignis handeln, bei dem das Versöhnungsangebot - dieses dürfte sich hinter der Formulierung "Gnade Gottes“ verbergen - gläubig angenommen wurde. Das Hören der frohen Botschaft von der Versöhnung an sich dürfte nicht im Blick sein, denn die frohe Botschaft kann ja auch abgelehnt werden. Am ehesten ist an die Taufe zu denken, bei der die korinthischen Gemeindeglieder das Versöhnungsangebot Gottes, das sich vermutlich hinter der Formulierung "Gnade Gottes“ verbirgt, nach außen hin sichtbar angenommen haben. Die Tatsache, dass Täuflinge die Gnade Gottes auch vergeblich empfangen können, beweist, dass mit der Annahme des Versöhnungsangebotes noch lange kein Automatismus hin zum Heil gegeben ist. Wer am Ende der Tage bei der Wiederkunft des "Herrn“ vor dessen Prüfung bestehen will, muss sich nach seiner Taufe dem neuartigen Leben gemäß verhalten. Das Versöhnungsangebot Gottes muss angenommen und mittels des Glaubens und eines entsprechenden Lebenswandels beantwortet werden.

 

Weiterführende Literatur:

 

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V. 2

 

Beobachtungen: Paulus zitiert, wobei er nicht sagt, woher und von wem das Zitat stammt. Es handelt sich um ein leicht abgeändertes Zitat aus Jes 49,8LXX. Es ist also ein Zitat aus einem der "Gottesknechtlieder“, wobei es dort JHWH, der Gott Israels, ist, der zu dem "Gottesknecht“ spricht. Auch im Hinblick auf 2 Kor 6,2 lässt sich erschließen, dass es Gott ist, der spricht, denn in V. 1 wurde ja Gott als Urheber der Gnade genannt.

Im Mittelpunkt des Zitates steht die Aussage, dass Erhörung und Hilfe erfolgt sind, und zwar in einer willkommenen Zeit, am Tage der Rettung. "Willkommen“ ist vermutlich in dem Sinne gemeint, dass in dieser Zeit sowohl Gottes Wohlgefallen als auch des Menschen Offenheit für die gläubige Annahme der frohen Botschaft gegeben waren.

 

Paulus bezieht diese Aussage auf seine Gegenwart. Er stellt heraus, dass die willkommene Zeit, der Tag der Rettung, nicht abgeschlossen ist, sondern insbesondere auch den jetzigen Zeitpunkt meint. Mit dieser Aktualisierung verfolgt er den Zweck, die Adressaten dazu aufzurufen, auf den Empfang von Gottes Gnade auch die entsprechende Antwort folgen zu lassen, und zwar in der jetzigen Zeit: Sie sollen sich mit Gott versöhnen lassen. Das ist aber nur dann möglich, wenn sie sich mit demjenigen versöhnen, der ihnen die frohe Botschaft von der Versöhnung verkündigt hat: Paulus. Voraussetzung für die Versöhnung ist jedoch, dass Paulus ein tadelloser Apostel ist, der die rechte Botschaft verkündigt. In 5,12 hat Paulus schon angemerkt, dass er den Adressaten einen Anlass für das Rühmen um seinetwillen geben wolle. In den V. 13-16 hat er einige Aspekte seiner Tadellosigkeit angesprochen, ist jedoch nicht weitergehend auf die Tadellosigkeit seiner apostolischen Existenz eingegangen. Das macht er in dem folgenden Abschnitt 6,3-10.

 

Weiterführende Literatur: J. Lambrecht 1989, 377-391 gibt zunächst einen Überblick über die wesentlichen Auslegungsprobleme 6,1-4a betreffend. Dann liest er diese Verse genau und untersucht abschließend, wie Paulus das Zitat V. 2a in seinen Gedankengang integriert.

 

Gemäß R. Gebauer 1989, 124-130 sei die Gebetserhörung für Paulus darin begründet und damit gegeben, dass mit Gottes Versöhnungshandeln in Christus die eschatologische Heilszeit angebrochen ist, in der die nunmehr aufgehobene Trennung zwischen Gott und Mensch sich gerade in der Erhörung menschlichen Redens durch Gott realisiere.

 

K. Erlemann 1995, 200-201 merkt an, dass die Proklamation der (Heils-)Stunde in Spannung zu anderen Aussagen des Apostels stehe, wonach das Ende und das Heil noch ausstehen (vgl. Röm 8,24; Gal 1,4; Phil 4,4-5). In dieser Spannung werde das paulinische Gegenwartsverständnis greifbar: Die Gegenwart sei Zeit des Übergangs, in der das Neue mit Kruez und Auferstehung Christi schon begonnen hat, in der aber das Alte noch wirksam ist bis zur freilich in Bälde zu erwartenden Wiederkunft.

Kündigt Paulus den eschatologischen Tag als Rettungsgeschehen an, so führe er laut N. Wendebourg 2003, 194-197 zur Begründung − anders als die frühjüdischen Endtagsansagen − häufig Gottes geschichtliches Handeln an der Gemeinde an, durch das diese schon jetzt an der künftigen Rettung teilhabe. N. Wendebourg vergleicht 2 Kor 6,2 mit dem in diesem Vers zitierten Text Jes 49,8LXX. Bei Deuterojesaja stehe die Zusage "Zu willkommener Zeit habe ich dich erhört und am Tage der Rettung habe ich dir geholfen.“ Innerhalb einer Heilsweissagung; sie sei in diesem Rahmen als gleichfalls auf die Zukunft gerichtetes prophetisches Perfekt zu lesen. Im paulinischen Zusammenhang verweise das Zitat mit seinen Aoristen dagegen auf die Bekehrungserfahrung der Korinther. An die poetische Sprache des Zitates anknüpfend lege Paulus den Vers im Folgenden für die Gegenwart der Gemeinde aus: Siehe, jetzt ist die hochwillkommene Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils! Der Ausruf erinnere daran, dass die Gegenwart der Gemeinde von Gottes anfänglichem Handeln an ihr geprägt ist. Zu beachten sei: So nachdrücklich Paulus in 2 Kor 6,2 die eschatologische Dimension der Gegenwart hervorhebe, so deutlich sei doch, dass der Vers von einem Geschehen in der Zeit handelt, das man insofern nur bedingt als "endgültig“ bezeichnen könne. Der gegenwärtige Rettungstag ersetze den zukünftigen nicht.

 

Mit der eschatologischen Lesart von Jes 40-66 in 2 Kor 5,14-6,10 befasst sich M. Gignilliat 2004, 98-124. Dass Paulus die Botschaft Jesajas eschatologisch verstand, gehe aus der Formulierung "jetzt ist die Zeit“ in 2 Kor 6,2 hervor. In Jesaja drehe sich die Botschaft um die Tätigkeit des Gottesknechtes und bewege sich auf das Ergebnis der Tätigkeit des Gottesknechtes zu: rechtschaffene Nachkommen, die in dem jetzigen Zeitalter leiden, wenn sie in Gehorsam handeln und die Botschaft des Gottesknechtes verkündigen. Dies seien die Diener und Paulus' Identität reihe sich in deren Aktivität ein. Ausführlich M. Gignilliat 2007. M. Gignilliat 2005, 147-161 gibt J. Lambrecht 1989, 386 darin Recht, dass 2 Kor 6,2 das eschatologische Jetzt betone. Und G. K. Beale 1989, 550-581 sei zuzustimmen, dass Jes 40-55 den atl. Hintergrund von 2 Kor 5,14-21 bilde. Dass Paulus den Gottesknecht als Teil der Identität Gottes identifiziere (vgl. Phil 2), der sich in der Person und Tätigkeit Jesu erfüllt habe (vgl. 2 Kor 5,14-21), lasse in Verbindung mit dem unmittelbaren typologischen Aufeinandertreffen (2 Kor 5,14-21 und 6,2) jedoch die von G. K. Beale vorgenommene Identifikation des Paulus mit dem Gottesknecht irrig erscheinen. Das typologische Gewicht des Gottesknechtes als gerechter Träger der Sünden und Bestandteil der Identität Gottes sei für Paulus zu schwer.

 

Laut F. Wilk 1998, 96-101 begründe das Schriftzitat in V. 2 den Aufruf zur Anerkennung des paulinischen Versöhnungsdienstes, indem es die Einsetzung des Paulus in diesen Dienst durch Gott umschreibe.

 

 

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