Auslegung und Bibliographie zur Bibel


Galaterbrief

Der Brief des Paulus an die Galater

Gal 5,1-6

Studieren Sie die Bibel! Hier finden Sie einen Einstieg in die wissenschaftliche Auslegung von Bibeltexten mit Literaturangaben.

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Jede Seite enthält eine Übersetzung des jeweiligen Bibeltextes, sowie Beobachtungen (Vorbereitung der Auslegung), Hinweise zu weiterführender Literatur und eine abschließende Literaturübersicht.

Gal 5,1-6



Übersetzung


Gal 5,1-6:1 Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht also fest und lasst euch nicht wieder mit einem sklavischen Joch belasten! 2 Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, wird Christus euch nichts nützen. 3 Ich bezeuge nochmals jedem Menschen, der sich beschneiden lässt, dass er verpflichtet ist, das ganze Gesetz zu tun. 4 Ihr seid von Christus abgekommen, die ihr im Gesetz gerecht werden wollt, ihr seid aus der Gnade herausgefallen. 5 Denn wir erwarten im Geist aus Glauben [das] Hoffnungsgut der Gerechtigkeit. 6 Denn in Christus Jesus vermag weder Beschneidung noch Vorhaut etwas, sondern [nur] Glaube, der sich durch Liebe wirksam erweist.



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V. 1


Beobachtungen: V. 1 setzt die Rede von der „Freiheit“ fort, wobei die Freiheit von der Pflicht zum sorgfältigen Halten der jüdischen Satzungen und Gebote, wie sie sich in der Tora der hebräischen Bibel (= AT) finden, gemeint ist. Zu dieser Freiheit hat Christus die Gläubigen befreit.


Das Gegenteil von dieser Freiheit ist das Dasein unter dem sklavischen Joch (wörtlich: Joch der Sklaverei). Das Joch (zygos) ist ein Teil des Geschirrs, mit dem Zugtiere, insbesondere Ochsen, vor den Pflug oder Wagen gespannt werden. Das Joch liegt auf der Stirn oder dem Nacken auf und wird an der Deichsel mittels eines Bandes oder Seiles und eines Vorsteckers befestigt. Der Druck und die Belastung, die vom Joch ausgehen, haben zur übertragenen Bedeutung des Begriffs geführt: Sklaverei.


Die Adressaten sollen sich nicht wieder mit dem sklavischen Joch belasten lassen. Diese Formulierung klingt so, als seien sie vor ihrer Bekehrung Juden gewesen, die die jüdischen Satzungen und Gebote zu befolgen hatten. Aus Gal 4,8; 5,2-3; 6,12-13 geht jedoch hervor, dass die Adressaten früher mehrheitlich Heiden waren. Also können sie früher nicht mit dem Befolgen des jüdischen Religionsgesetzes belastet gewesen sein, sondern müssen einem anderen sklavischen Joch unterworfen gewesen sein. So ist in Gal 4,8-9 davon die Rede, dass die Adressaten Göttern gedient haben, die es in Wirklichkeit nicht sind. Außerdem haben sie „schwachen und armseligen Elementen“ gedient. Diese sind zum einen mit den heidnischen Göttern in Verbindung zu bringen, zum anderen aber auch mit dem jüdischen Religionsgesetz samt dem Festkalender. Sowohl die heidnische Religiosität als auch die jüdische Gesetzlichkeit scheint Paulus also als „sklavisches Joch“ anzusehen.


V. 1 knüpft nicht nur an 4,21-31 (insbesondere 4,30-31) an, sondern leitet auch mittels des Verbes „fest stehen“ zu 5,2-6 über, wo es um die Standhaftigkeit geht: Die Adressaten sollen in Christus und in der mit ihm verbundenen Freiheit fest stehen, haben sich tatsächlich jedoch nicht als standhaft gezeigt. Unter dem Gesichtspunkt der Standhaftigkeit kann 5,1 als Beginn des Abschnitts 5,1-6 betrachtet werden.


Weiterführende Literatur: Der erste Teil der Arbeit S. Schewe 2005 will exemplarisch aufweisen, dass in der Forschung Gal 5,13-6,10 durchgängig als Fremdkörper erscheine. Der zweite Teil der Arbeit führt eine textpragmatische Einzelanalyse der umstrittenen Kapitel 5-6 durch, indem Vers für Vers die pragmatische Gestaltung des Textes 5,1-6,10 erhoben wird (5,1-6: S. 66-73). Der dritte Teil fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen und beantwortet die Frage nach der Funktion von Gal 5-6 im Rahmen des Gesamtbriefes. Laut S. Schewe sei 5,13-6,10 keineswegs ein Fremdkörper innerhalb des Galaterbriefes, sondern stehe ganz im Dienste der Absicht, die Galater von ihrem Verhalten abzubringen, Gesetz und Beschneidung zu akzeptieren.


Erst der chiastische Rahmen 5,1-12; 6,11-17 bringe laut F. J. Matera 1988, 79-91 den Höhepunkt des Briefziels, die direkte Warnung vor der Beschneidung. Auch das dazwischengeschaltete paränetische Material (5,13-6,10) konstituiere nicht einen eigenen, ethischen Briefteil, sondern sei auf das Argumentationsziel hingeordnet.


Eine sozialgeschichtliche Auslegung von 5,1-6 bietet C. Janssen 2000, 500-503.


Laut J. M. Bassler 2003, 24-33, sei die Gnadentheologie des Heidenapostels nicht als „sola scriptura“ im strengen Sinne zu verstehen, sondern als Gnade und Gericht den Werken entsprechend. Darin unterscheide er sich nicht von seinen jüdischen Zeitgenossen. Damit stellten sich folgende Fragen: In welcher Hinsicht sind Paulus‘ Sichtweisen der Gnade eigentümlich? Und gegen welche Sichtweisen ist seine höchst polemische Rede von der Gnade gerichtet? Ergebnis: Paulus habe die Gnade nicht als ein statisches Konzept verstanden. Von der Annahme ausgehend, dass er vor seiner Begegnung mit Christus die Sichtweisen des Judentums des 1. Jh.s. teilte, sei anzunehmen, dass er schon eine lebendige Vorstellung von Gnade hatte. Seine Christuserfahrung habe ihm das Kreuz als neuen Gnadenort offenbart, was sein Verständnis von der Verbindung zwischen Gnade und menschlichem Leiden verändert habe. Seine Vorstellung von der menschlichen Verwundbarkeit der Sünde gegenüber sei vertieft worden und damit auch sein Verständnis von der Macht der vergebenden Gnade. Der durch seine Heidenmission entstandene Konflikt habe seine Augen für die radikale Eingeschlossenheit der Gnade geöffnet. Gnade sei eindeutig am wachsenden Rand der paulinischen Theologie gewesen.


I.-G. Hong 1991, 1-16 befasst sich mit für die Argumentation des Briefes zentralen Versen, darunter auf S. 10 auch mit Gal 5,1. Paulus sei der Ansicht, dass ein Heide, der mittels der Beschneidung ein Jude wird, auch wie die Juden unter dem Gesetz stehe.


Laut J. Lambrecht 1999, 525-536 werde nach der Abraham-Passage 3,6-12 Christus in 3,13 ebenso unerwartet erwähnt wie nach der Allegorie 4,21-31. Zwischen Gal 3,13 und 5,1 gebe es – bei unterschiedlicher Wortfolge - Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten bezüglich Vokabular und Inhalt. Abrahams Glaube sei schon – im Sinne der Vorwegnahme – christlicher Glaube gewesen. „Die aus Glauben“ (vgl. V. 7.9) seien implizit Christusgläubige.


L. De Lorenzi 1991, 199-224 versteht die Freiheit als Gabe des Geistes und Statut jedes Gläubigen für seine vollständige und wirksame Verfügbarkeit für das Werk Gottes auf Erden, indem er gemäß dem Gesetz des Geistes, der Leben in Christus Jesus gibt, lebt und das Gesetz Christi, die Liebe, erfüllt.


Laut G. M. H. Loubser 2006, 614-640 unterscheide Paulus nicht zwischen soteriologischer und ethischer Freiheit. „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“ beziehe sich auf Christi gesamtes Heilswerk. „Freiheit“ sei ein umfassender Begriff, der auf den neuen Status der Gläubigen und auf die göttliche Berufung seit dem Niedergang des gegenwärtigen bösen Zeitalters der Versklavung hinweise. Der Gläubige sei nicht nur dem Status nach frei, sondern solle seine Freiheit auch in Gänze praktizieren.


Gemäß H. Weder 1998, 129-145 werfe 5,1.13-25 folgende Fragen auf: Spricht die Freiheit von sich aus ein Gebot aus, gebietet die Freiheit also als solche etwas, das nicht ihrer Einschränkung, sondern ihrer Verwirklichung, ihrer Pflege, ihrer Kultur dient? Welches ist die Norm, die aus der Freiheit selbst kommt? Was wäre in diesem Sinne als Gesetz der Freiheit zu denken? H. Weder legt dar, dass der Freiraum des Menschen durch Christus geschaffen sei und durch Geistkraft tagtäglich verwirklicht werde. Dieser Freiraum sei die Lebensgrundlage von Freiheit, von Lebendigkeit. Und dieser Freiraum stelle einen Anspruch an den Menschen: er stelle den Anspruch, dass des Menschen Dasein im Einklang sei mit diesem Raum. Aber er stelle den Anspruch nicht als Forderung, sondern in der Gestalt einer bewegenden Wirklichkeit, einer bewegenden Kraft.


F. T. Gench 1992, 290-295 liest 5,1.13-25 im Licht des Festes Pfingsten: Freiheit sei ein zentrales Merkmal des christlichen Lebens. Liebe sei der angemessene Gebrauch der christlichen Freiheit. Das christliche Leben der Freiheit und Liebe werde durch Gottes eigenen Geist geleitet und ermöglicht. Christliches Dasein erfolge in der Glaubensgemeinschaft; in ihr sei er einverleibt. Die Erfordernisse der Freiheit würden nicht weiter ausgeführt und die Grenzen der Liebe nicht vorgeschrieben. Es sei also die Vorstellungskraft der Gläubigen gefordert, im Rahmen der sich ändernden kulturellen Kontexte und persönlichen Lebensläufe diese Lücken zu füllen. Weil Gott uns frei gemacht habe, vertraue Paulus darauf, dass Gottes Geist uns leitet, indem er unsere Vorstellungskraft anregt und uns zu neuen Wagnissen des Glaubens und Gehorsams ermutigt.


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V. 2


Beobachtungen: Paulus scheint in Galatien noch in solchem Maße Autorität zu besitzen, dass er seinen eigenen Namen in die Waagschale werfen kann. Wenn er spricht, so scheint dies auch für die galatischen Christen Gewicht zu besitzen.


Die Beschneidung steht nach den Worten des Apostels zur Teilhabe am Heil aufgrund des Kreuzesgeschehens und der Auferstehung Christi im Widerspruch. Bei der Beschneidung handelt es sich um die operative Entfernung der Vorhaut des männlichen Gliedes.


Weiterführende Literatur: Ein Anliegen der Untersuchung H. Fugmann 2004 ist die Auslegung der beiden Texte Mt 17,14-21 und Gal 5,2-6. Insgesamt folge sie einer grundsätzlich hermeneutischen Ausrichtung. Die erste Leitfrage der Untersuchung frage nach den Textauslegungen neuguineischer Pastoren. Die zweite Leitfrage interessiere sich für die ihr Textverstehen konstituierenden hermeneutischen Faktoren, für die in der Auslegung stattfindenden hermeneutischen Prozesse und für die weiteren hermeneutischen Implikationen der jeweiligen Textauslegungen. Die dritte Leitfrage ziele auf die hermeneutische Bedeutung dieser neuguineischen Textauslegungen für die wissenschaftlich-exegetische Auslegung der beiden Texte ab.


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V. 3


Beobachtungen: In V. 3 begründet Paulus die vorhergehende Aussage. Er sieht die Beschneidung als „pars pro toto“ an. Die Beschneidung ist nicht nur eine isolierte Handlung, sondern mit ihr ist - gleich ob bei Juden oder bei Proselyten (zum Judentum konvertierte Andersgläubige) - die Verpflichtung verbunden, sämtliche jüdischen Satzungen und Gebote, das „ganze Gesetz“ zu befolgen. Nun ist jedoch nicht die Befolgung an sich das Problem, sondern die Hoffnung, mittels solcher Gesetzlichkeit das Heil zu erlangen. Das ist jedoch unmöglich, denn es wäre erforderlich, dass der Mensch ausnahmslos alle Satzungen und Gebote hält, was nicht machbar ist (vgl. 3,10-12). Da es unweigerlich zu Verstößen kommt, führt das jüdische Religionsgesetz nicht zum Heil, sondern deckt nur die Sünde auf und macht die Sündigkeit des Menschen bewusst. Deutlich wird, dass die Sünde einzig und allein durch Christi sühnenden Kreuzestod und die Auferstehung von den Toten getilgt werden kann (vgl. 3,21-25).


Paulus bezeugt, unterstreicht also die Richtigkeit eines Sachverhaltes. Er kann deshalb bezeugen, weil ihm als ehemals gesetzestreuer Jude der Sachverhalt bekannt ist. Fraglich ist, inwieweit die ehemals heidnischen Adressaten über die Folgen der Beschneidung informiert sind und welche Meinung die judaistischen Prediger, die die Notwendigkeit der Beschneidung behaupten, vertreten.

Wenn Paulus nochmals bezeugt, so bedeutet dies, dass er es zuvor schonmal getan hat. Er kann dies bei seinem Aufenthalt oder bei seinen Aufenthalten in Galatien getan haben, aber auch im Galaterbrief oder einem anderen (evtl. nicht erhaltenen) Brief an die Galater. Im Galaterbrief kommt am ehesten als erstes Zeugnis 3,10, wo ebenfalls die Notwendigkeit des Haltens des ganzen Gesetzes unterstrichen wird, in Frage. Man kann auch annehmen, dass Paulus bekräftigt, was er schon in V. 2 gesagt hat, doch spricht gegen eine solche Annahme, dass V. 3 nicht einfach nur eine Wiederholung der Kernaussage von V. 2 darstellt, sondern eine Fortführung des Gedankengangs.


Weiterführende Literatur: M. Cranford 1994, 242-258 befasst sich mit der Frage, ob Paulus das Halten des gesamten Gesetzes für möglich hält oder nicht. Ergebnis: Eine eindeutige Antwort sei nicht möglich. Einerseits sei der menschliche Zustand von Sünde geprägt und nur der Christusglaube sei eine Lösung im Hinblick auf die Notlage. Andererseits sage Paulus nirgends ausdrücklich, dass wegen dieser Notlage eine vollständige Befolgung des Gesetzes unmöglich sei.


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V. 4


Beobachtungen: Für Paulus gibt es kein „sowohl ... als auch“, sondern nur ein „entweder ... oder“ (vgl. 2,16): Entweder bleiben die Adressaten bei Christus, setzen ihre Hoffnung auf seinen sühnenden Kreuzestod und haben Anteil an der Gnade der unverdienten Sündenvergebung, oder sie nehmen den Versuch auf sich, durch das sorgsame Halten des Gesetzes gerecht zu werden, dann fallen sie wegen der Unmöglichkeit aus der Gnade heraus. Wer von Christus getrennt ist, hat keinen Anteil an dessen Gnade.


Der Dativ „en nomô“ kann das Mittel oder den Ort bezeichnen. In ersterem Fall wäre die Übersetzung „durch [das] Gesetz“, in letzterem Fall „im Gesetz“, wobei das Reich des Gesetzes im Blick wäre.


Weiterführende Literatur:


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V. 5


Beobachtungen: Paulus macht deutlich, was für Christen - im Gegensatz zu den Juden und zu den die Notwendigkeit der Beschneidung verkündigenden Predigern - charakteristisch ist. Das Personalpronomen „wir“ dürfte alle wahren Christen umfassen, wozu Paulus sicherlich auch sich selbst und diejenigen galatischen Gemeindeglieder, die ihre Hoffnung weiterhin allein auf Christus setzen, zählt.


Erhofft wird die „Gerechtigkeit“, also die Rechtfertigung vor Gott. Gerechtfertigt ist, wem die Sünden nicht angerechnet werden.


Das Leben des wahren Christen erfolgt „im Geist“ und „aus Glauben“. Es ist also vom Wirken des Geistes (vgl. 3,3; 5,16.18.25) und vom Glauben an das mit Christus verbundene Heilsgeschehen (vgl. 2,16; 3,8-9.11-12.22.24) geprägt.


Weiterführende Literatur: H. Riesenfeld 1991, 183-188 unterzieht einige Stellen des Galaterbriefes in der Einheitsübersetzung von 1979 der Nachprüfung, wobei die Frage „Geist Gottes oder Geist der Christen?“ leitend ist. 5,5 übersetze die EÜ „Wir aber erwarten die erhoffte Gerechtigkeit kraft des Geistes und aufgrund des Glaubens.“ Besser wäre die Übersetzung „Wir erwarten im Geiste“, d. h. in unserem Geiste.


H.-S. Choi 2005, 467-490 wundert sich darüber, dass zwar für Gal 3,23-26 festgestellt worden sei, dass „ek pisteôs“ nicht „aus Glauben“ bedeutet, sondern „durch die Treue (Christi)“, aber trotz der gleichen Formulierung und des gleichen Kontextes der Rechtfertigung Gal 5,5 übersehen werde. Auch hier liege die Bedeutung „durch die Treue (Christi)“ vor.


T. Söding 1992, 155-158 meint, dass die Verbindung von Glaube und Gerechtigkeit, die für die paulinische Rechtfertigungstheologie typisch sei, durch die futurisch-eschatologische Perspektive von Gal 5,5 eine besondere Färbung gewinne. Der Glaube werde als jene Größe bestimmt, die allein die Erwartung zu begründen vermag, zukünftig vollends gerechtfertigt zu sein. Weshalb es der Glaube ist, der die Hoffnung der Rechtfertigung erwarten lässt, begründe Paulus noch einmal in V. 6. Der rechtfertigende Glaube werde durch die Liebe wirksam.


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V. 6


Beobachtungen: V. 6 macht deutlich, was „in Christus Jesus“, also in dessen Machtbereich zählt: Es kommt nicht darauf an, ob ein Christ beschnitten ist oder nicht, sondern dass er an den sühnenden Kreuzestod und an die Auferstehung glaubt (vgl. 3,26-28).


Das Partizip Präsens „energoumenê“ kann als Passiv oder als Medium verstanden werden. Als Passiv würde es aussagen, dass durch die Liebe der Glaube gewirkt wird. Diese Deutung ist jedoch unwahrscheinlicher als die mediale, die Folgendes besagt: Die Wirksamkeit des Glaubens zeigt sich in der Liebe. Die Bedeutung der Liebe dürfte darin begründet liegen, dass es Jesus Christus selbst war, der die Menschen zuerst geliebt hat, indem er sich für sie am Kreuz hingegeben hat (vgl. 2,20). Nun soll auch der Christ, der Christus „angezogen“ hat (vgl. 3,27), also sein Leben in dessen Nachfolge führt, Liebe üben. Erst dann wird der Glaube an das Liebesgeschehen im zwischenmenschlichen Bereich wirksam.

Was Paulus unter der Liebe im Hinblick auf den zwischenmenschlichen Bereich versteht, bleibt hier offen. Erst später (ab 5,14) kommt sie wieder zur Sprache.


Weiterführende Literatur:



Literaturübersicht


Bassler, Jouette M.; Grace: Probing the Limits, Interp. 57/1 (2003), 24-33

Choi, Hung-Sik; Pistis in Galatians 5:5-6: Neglected Evidence for the Faithfulness of Christ, JBL 124/3 (2005), 467-490

Cranford, Michael; The Possibilità of Perfect Obedience: Paul and an Implied Premise in Galatians 3:10 and 5:3, NT 36/3 (1994), 242-258

De Lorenzi, Lorenzo, “Liberati per restare liberi” (Gal 5,1), PSV 23 (1991), 199-224

Fugmann, Haringke; Berge versetzen: Interkulturelle Hermeneutik von Mt 17,14-21 und Gal 5,2-6 in Papua-Neuguinea (Beiträge zum Verstehen der Bibel; 6), Münster 2004

Gench, Francis Taylor; Galatians 5:1,13-25, Interpr 46/3 (1992), 290-295

Hong, In-Gyu; The Perspective of Paul in Galatians, Scriptura 36 (1991), 1-16

Janssen, Claudia; Zur Freiheit befreit: Galater 5,1-6, JK 61/9 (2000), 500-503

Lambrecht, Jan; Abraham and His Offspring. A Comparison of Galatians 5,1 with 3,13, Bib. 80/4 (1999), 525-536

Loubser, G. M. H.; The ethic of the free: A walk according to the Spirit! A perspective from Galatians, VE 27/2 (2006), 614-640

Matera, Frank J.; The Culmination of Paul’s Argument to the Galatians: Gal 5.1-6.17, JSNT 32 (1988), 79-91

Riesenfeld, Harald; Geist Gottes oder Geist des Christen? Zu Gal 5-6, in: J. J. Degenhardt [Hrsg.], Die Freude an Gott – unsere Kraft, FS O. B. Knoch, Stuttgart 1991, 183-188

Schewe, Susanne; Die Galater zurückgewinnen. Paulinische Strategien in Galater 5 und 6 (FRLANT 208), Göttingen 2005

Söding, Thomas; Die Trias Glaube, Hoffnung, Liebe bei Paulus. Eine exegetische Studie (SBS 150), Stuttgart 1992

Weder, Hans; Die Normativität der Freiheit. Eine Überlegung zu Gal 5,1.13-25, in: M. Trowitzsch [Hrsg.], Paulus, Apostel Jesu Christi, FS G. Klein, Tübingen 1998, 129- 145

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